Kapitel 1

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25. März 2032

Ich erwache vom grellen Sonnenlicht, das durch die verdreckten Fenster unseres Bungalows scheint. Ich drehe mich vom Licht weg und stöhne. Gestern ist mir bei der Arbeit ein Holzstück auf den rechten Arm gefallen und hat meinen Arm verletzt. Jetzt ist die Haut aufgeschürft und blutig und ein riesiger blauer Fleck erstreckt sich über meinen gesamten Oberarm. Ich drehe mich erneut auf meiner dünnen Matratze, um meinen zerschundenen Arm nicht unnötig zu belasten und richte mich auf. Mum, Dad und meine kleine Schwester Lissi sind anscheinend schon los, denn außer mir ist niemand im Haus. Ich gähne und stehe auf. Sie wollten mich wahrscheinlich ausschlafen lassen, damit ich mich von meinem kleinem Unfall erholen kann. Gestern hat Mum meine Verletzungen nur provisorisch mit einem Verband versorgt und sie tun immer noch verdammt weh.

Dass ich daran einzig und allein selbst schuld bin, weiß ich natürlich. Ich hätte einfach besser aufpassen müssen. In diesem Moment klopft es an der Tür - obwohl man es eigentlich nicht klopfen nennen kann, denn es hört sich so an, als würde ein Elefant gegen die Tür springen - und ich höre Alex rufen: „Eddie bist du da?"

Bei der Erwähnung meines Spitznamens, den ich absolut nicht leiden kann, hätte ich schon wieder stöhnen können.

„Wenn ja, krieg deinen Arsch hoch und mach mir auf, sonst trete ich die Tür ein!"

Ich rolle mit den Augen und wälze mich aus dem Bett. Alex ist meine beste Freundin seit ich denken kann und sie und Jazz - meine andere beste Freundin - holen mich jeden Tag bei mir zuhause ab. Offensichtlich ist Jazz heute nicht mit dabei, sonst hätte Alex eben „uns" und nicht „mir" gesagt.

„Ich wünsch dir auch einen wunderschönen guten Morgen", rufe ich durch die geschlossene Tür, während ich mir meine Jeans überstreife und meine Jacke anziehe, "Und wie oft soll ich dir bitte noch sagen, dass du mich Eden nennen sollst??"

Sie ignoriert mich natürlich. 

An Alex' schroffe und oft auch abweisende Art bin ich mittlerweile gewöhnt, trotzdem geht sie mir manchmal echt auf die Nerven.

Zum Schluss schnappe ich mir noch meinen Rucksack. Eigentlich brauche ich das Meiste des Inhaltes nur an Tagen, an denen die Flut kommt, aber ich habe ihn trotzdem immer dabei. Irgendwie gibt er mir Sicherheit und ich fühle mich einfach besser, wenn ich ihn bei mir trage. In dem Rucksack befinden sich eine metallene Trinkflasche, ein kleines Messer, eine einklappbare Harpune, ein Seil und ein Babyfoto von mir, dass Mom mir vor einer Ewigkeit geschenkt hat.

„Kommst du langsam mal?", fragt Alex in diesem Moment genervt.

Ich gehe zur Tür und öffne sie: „Bin ja schon da!"

„Wir müssen uns langsam mal ein bisschen beeilen. Gestern sind zwei Türme draufgegangen, weil die Jungs vom Untertagebau zu dumm waren ordentlich zu bauen", fängt Alex an zu erzählen, „Eigentlich sollten die ja gar nicht mithelfen, aber letzten Samstag sind so viele Türme eingestürzt und wir haben so viele Arbeiter verloren, dass der Turmbau gerade wichtiger ist als der Knollenabbau." Ich bin immer noch etwas schläfrig und muss mir Mühe geben, um ihren Erzählungen zu folgen. Mich wundert es, dass sie so viel erzählt. Normalerweise reden wir kaum.

„Weißt du schon, ob du mit deinem verletztem Arm mitarbeiten kannst?", fährt sie fort, als ihr Blick auf meinen Verband fällt, „Dich hat's gestern ja ziemlich erwischt, stimmt's?"

„Naja es geht", antworte ich, „Wo steckt Jazz eigentlich?"

„Ein guter Freund von Ava ist bei der letzten Flut gestorben und weil die Mutter jetzt alleine, ist soll Jazz heute auf die Kinder aufpassen", erklärt sie.

DEATHLY RISING TIDE - STADT DER TAUSEND FLUTENTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang