Kapitel 26: Erkenntnis

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Hershel führte mich zurück durch den Gang in den hinteren zellentrackt. Durch die Schwere Gittertüre konnte ich die anderen sehen, wie sie laut diskutierten und so blieb ich stehen. Carol sah uns als erstes, verstummte dann mitten im Satz und deutete mit einem Kopfnicken in unsere Richtung. Sofort drehten sich die anderen, Glenn, Maggie und Beth zu uns um. Mir wurde unbehaglich zumute bei ihren Blicken und am liebsten hätte ich mich verkrochen. Merle stand im Hintergrund und presste ein Tuch an seine Nase. Soweit ich das von hier erkennen konnte, war sein Gesicht geschwollen und das Tuch voller Blut. Ich hatte ihm seine Nase wohl gebrochen vorhin. Als er uns sah, verfinsterte sich sein Blick was nichts Gutes erahnen lies.
Rick und Daryl gingen zu Ihnen, und während der Anführer mit Carol und dem Rest sprach, ging der Jäger zu seiner Zelle. Merle folgte ihm auf dem Fuß und schon hörten wir laute, aufgebrachte Stimmen aus dem kleinen Raum.

"Komm Lia, hier rauf." Hershel berührte mich an der Schulter und deutete dann auf eine schmale Wendeltreppe, die mir vorhin als ich hier durchkam, überhaupt nicht aufgefallen war. Langsam lief ich dem alten Mann hinterher. Wir kamen oben an eine weitere Türe die zu dem schmalen Gang für die Wärter über dem vergitterten Innenhof führte.
Sie war nicht verschlossen und wenn ich nur diesen Weg gerade genommen hätte...
Aber was half es darüber nach zu grübeln?
Die neue 'Krankenstation' stellte sich als längerer staubiger Gang mit mehreren offenen Türen heraus. Hinter diesen waren lauter Einzelzellen untergebracht. Zumindest sah es für mich so aus.
Die kleinen Räume hatten nur ein schmales Bett, eine Toilette mit Waschbecken und ein kleines vergittertes Fenster ziemlich weit oben in der Mauer. Der Gang ging noch weiter und endete schließlich vor einer großen hölzernen Doppeltüre. Ein Schild an der Wand daneben verkündete, das sich hinter der Türe die Bibliothek und weitere Räume der Gefängnisleitung befanden.
"Home Sweet home." Grummelte Daryl da hinter mir und ich drehte mich um. Der Jäger stapfte mit schlecht gelaunter Miene an mir vorbei und ging dann mit seiner Armbrust in die nächste Zelle, genau neben meiner.
Ich hörte wie er sich geräuschvoll auf das Bett fallen lies, die Sprungfedern des Lattenrostes quietschen unter seinem Gewicht. Unschlüssig stand ich in den kleinen Raum. Das Bett war staubig, wie alles hier. Auf dem Boden lagen einzelne Blätter und die Wand gegenüber des schlafplatzes zierte ein großer eingetrockneter blutfleck.
"Ich weis es ist nicht besonders einladend." Hershel war an der Türe erschienen. "Aber es ist besser als im Hinterhof." Befremdlich sah ich ihn an. "Warum bist du so...nett?" Ich verstand es nicht. Die Reaktion der anderen verstand ich vollkommen, es war die typische Reaktion die jedesmal kam wenn Leute heraus fanden was mit mir los war. Aber Hershel....
"Ich meine die anderen ..." Er winkte ab. "Die sind überfordert gerade. Glaub mir wenn sie sich beruhigt haben, fallen ihnen ihre guten Manieren wieder ein." Der alte Mann hatte sich eindeutig besser im Griff als die anderen, und obwohl auch er blass war lächelte er was mich irritierte. "Warum lächelst du?"
"Weil ich mir von Anfang an sicher war das eine Lösung kommen wird." Ich runzelte die Stirn. Lösung?
"Was meinst du damit?"
"Nun.." Der alte Mann deutete auf das Bett. "Du erlaubst doch? Nach einem ganzen Tag auf den Beinen, schmerzt der Stumpf immer etwas." Ich machte eine auffordernd Geste und er setzte sich seufzend. "Ich kann nicht behaupten das ich gottes Plan immer verstehe." Meinte er und massierte sich sein Bein. "Und ich kann auch nicht begreifen warum das ganze passieren musste. Die Krankheit meine ich, aber ich wusste immer das sich die Natur wieder behelfen wird. Und da stehst du. Ich denke es war Vorsehung das du zu uns gekommen bist."
Ein mürrisches grunzen war von der Tür her zu hören. "Wir wissen noch garnicht ob sie wirklich immun ist."
Belustig sah Hershel den Jäger an. "Du meinst abgesehen von den nicht zu leugnenden Tatsachen?"
Daryl sagte nichts sondern verschwand wieder. Mann,hatte der wieder gute Laune.
Schritte hallten durch den Flur und gleich darauf stand Glenn in dem kleinen Raum. "Hey Leute, ich hab was zu Essen mitgebracht." Es waren ein paar Konserven und ein kleiner Gaskocher. Zusammen gingen wir schließlich zur Bibliothek.
Sie war nicht besonders groß. Ca.50 qm mit großen hölzernen Regalen an den Wänden und einzeln im Raum verteilt. In der Mitte war ein hölzerner Tisch um den sechs Stühle standen. An einer Wand stand noch ein Tisch mit einem verlassenem Computer darauf. Die Häftlinge hatten sich hier hinsetzen und lesen oder sich anderweitig beschäftigen können. Es stand sogar noch ein verlassenes Dame-Spiel auf dem Boden.
Etwas weiter hinten, unter einem vergittertem Fenster konnte ich eine kleine Couch erkennen.
Mehrere Bücher lagen achtlos herum und ich hob sie auf um sie wieder in die Regale zu räumen. Nachdenklich Strich ich über den Buchrücken eines davon. Es war eine Ausgabe von Moby dick.
Früher hatte ich viel gelesen aber nun?
"Lia, komm und setzt dich." Hershel hatte mit Glenn zusammen den Gaskocher eingeschaltet und so saßen wir kurze Zeit später am Tisch und aßen. Glenn hatte nicht nur Essen aus dem zellentrackt mitgebracht. Er hatte sogar einzelne solarlampen aufgetrieben, solche wie sie beim Camping benutzt wurden. Sie gaben aufgeladen für mehrere Stunden Licht ab und da es draußen mittlerweile wieder dunkel wurde, war ich über sie ganz froh. Die Lampen erhellten den Raum aber nicht vollständig sondern verbreiteten eher ein diffuses Dämmerlicht. "Wie geht es deiner Hand?" Ich zuckte mit den Schultern auf die Frage des alten Mannes. "Sie schmerzt nicht mehr." Wie zu erwarten, war der Biss taub geworden und ich spürte keine Schmerzen mehr. Morgen würde er bereits zu heilen beginnen und in zwei Wochen, würde er nur noch eine dumpfe Erinnerung sein.

Apocalypse (The Walking Dead FF Teil 1) Where stories live. Discover now