Die Ruhe vor dem Sturm

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7 Jahre später:

"Mutter!" Ertönte eine kindliche Stimme in der Backstube. Es war schon bald Zeit für Yvettes Feierabend als plötzlich Giuan in der Stube auftauchte.

"Giuan mein Engel, was suchst du hier?" Fragte sie überrascht und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab bevor sie ihrem Jungen einen Kuss auf die Stirn gab.

"Ich hole dich von der Arbeit ab Mutter! Die Sonne geht bald unter und es ist gefährlich alleine zu gehen, das hat mir Pierre gesagt."

"So so, und hat dir Pierre auch gesagt das es für ein Kind noch gefährlicher ist?" Pierre war das Kind von Colette, er war 3 Jahre jünger wie ihr Giuan doch die beiden waren beste Freunde geworden.

"Nein Mutter das sagte er nicht. Aber ich bin doch bald schon ein Mann! Komm, lass uns nach Hause gehen." Drängte er seine Mutter und nahm ihre Hand. Der Bäcker, Andrew, hatte sich an den Türrahmen gelehnt und grinste mit verschrenkten Armen.

"Der junge hat recht, ab nach Hause mit euch." Yvette nickte dankend, nahm ihre Sachen und verabschiedete sich. Auf dem Weg nach Hause hatte Giuan ihr seinen Arm zum einhaken hingehalten, und wie könnte sie da nein sagen? Sie hakte sich bei ihm ein und es erfreute sich ihr Herz als sie ihren Jungen so stolz und zufrieden sah.

"Mutter, Frau Colette ist in Umständen, sie erwartet ein Kind. Wusstest du das?" Yvette nickte.

"Ja, ich habe sie neulich auf dem Markt getroffen, sie hofft dieses mal auf ein kleines Mädchen." Giuans Augen funkelten.

"Das wäre toll! Stell dir nur vor Mutter, Pierre und ich könnten mit ihr Ritter und Prinzessin spielen!"

"Das wird noch eine Weile dauern mein Liebling, sie wird noch sehr klein und zierlich sein, es bedarf Vorsicht und Behutsamkeit, ihr dürft nicht grob mit der kleinen sein." Giuan schüttelte den Kopf.

"Das werde ich nicht Mutter. Frau Colette versprach mir, dass ich das Kind auf dem Arm halten darf wenn es da ist!" Yvette streichelte seinen Kopf und er grinste.

"Das ist sehr nett von Colette, dann musst du dich aber angemessen bei ihr bedanken." Eifrig nickte er, und dann schien ihm etwas einzufallen.

"Mutter, Pierre fragte mich ob ich nicht morgen mit ihm zum Hafen könnte, wir wollten die Schiffe sehen. Darf ich?"

"Natürlich darfst du, aber zuerst machst du deine Lese und Schreibaufgaben, danach darfst du gerne mit Pierre zum Hafen. Nur sei vor Sonnenuntergang wieder zurück."

"Natürlich, immerhin muss ich dich ja von der Arbeit abholen!" Yvette seufzte und gab Giuan einen kleinen Schubser.

"Dann sei auch pünktlich!" Sagte sie lachend und Giuan stimmte mit ein.

Yvette hatte ihre Arbeit getan und die Sonne ging bald schon unter, sie saß auf den Holzkisten und wartete auf ihren Sohn, doch der ließ sich Zeit. Naja, beim Spielen konnte man schon mal schnell die Zeit vergessen, also geduldete sich Yvette, bis plötzlich die Bäcker Frau zusammen mit Pierre in die Stube stürmten. Erschrocken sprang Yvette auf und schaute die beiden fragend an.

"Pierre mein Kind, was hast du? Du bist ja ganz außer Atem!" Sagte sie besorgt und eilte zu dem Jungen doch dieser verlor keine Zeit.

"Fräulein Yvette ihr müsst schnell kommen! Giuan ist in Schwierigkeiten, wir haben auf den herumliegenden Fischerbooten gespielt und einer der Hafenarbeiter schimpfte mit uns. Jetzt hat er Giuan!"  Sie hielt ihr Kleid ein wenig hoch und rannte bereits zur Türe.

"Luisa, bitte bringt Pierre zu seiner Mutter, ich laufe zum Hafen!" Luisa nickte und zog den Jungen eilig in die Wohnräume zurück während Yvette bereits die Straße hinunter zum Hafen rannte. Ihre Hüftlangen Haare wehten umher und ihre Beine wurden immer schneller, ihre Absätze machten laute Geräusche auf den Steinen unter ihr. Es war ihre Schuld, sie hatte Giuan erlaubt zum Hafen zu gehen, und jetzt steckte er im Schwierigkeiten. Sie konnte die Schiffe bereits sehen und rannte noch schneller, Angst davor zu spät zu kommen. Am Hafen angelangt sah sie bereits Giuan...und diesen Mann wie er ihn am Kragen hatte und ihm eine Ohrfeige nach der anderen verpasste. Gepackt von schierer Wut stürmte sie auf den Mann zu, sammelte einen Stein vom Boden auf und warf ihn mit all ihrer Kraft dem Mann entgegen. Zu ihrem Glück traf er ihn genau im Rücken. Gerade als er sich wutentbrannt umdrehen wollte schepperte es eine Ohrfeige für ihn, und noch eine und noch eine bis der Mann in den Knien immer mehr einsackte. Eine Ohrfeige folgte der nächsten, ein Schlag auf den Hinterkopf und auf den Nacken dann wieder eine Ohrfeige, bis er schließlich vollständig im Kies lag, die Hände schützend vor dem Gesicht.

"Was erlaubt ihr euch Hand an meinen Sohn zu legen!?" Brüllte Yvette ihn an, der Mann richtete sich langsam wieder auf.

"Euer Sohn ist das? Dann bringt eurem Bastard bei wo er zu spielen hat und wo nicht!" Wieder stürmte Yvette auf den Mann zu, erneut eine Ohrfeige, doch diesmal packte er beide ihrer Handgelenke.

"Wagt es euch nicht so über mein Kind zu sprechen!" Der Mann grinste schief und festigte seinen Griff um ihre Handgelenke.

"Ihr seid ja völlig wahnsinnig, was wollt ihr tun in eurer jetzigen Lage?" Giuan saß auf dem Boden, weinend und schluchzend. Vielleicht hatte dieser dümmliche, unterbelichtete Mann gedacht Yvette besäße nur ihre Hände, sonst nichts. Doch da irrte er sich. Mit voller Wucht trat sie ihm gegen das Schienbein, kämpfte ihre Hände frei und schlug ihm mit der Flachen Hand ins Gesicht. Mit einem Mal holte der Mann aus und nun war es Yvette die eine Ohrfeige bekam.

"Mutter!" Kreischte Giuan voller Angst und auch wenn Yvette Gewalt verabscheute, dieser Mann hatte sie verdient. Es war nicht ihre Art gewesen sich auf dieser Weise durchzusetzen doch es half nichts. Sie spuckte ihm ins Gesicht und diesmal landete der Tritt nicht nur gegen seinem Schienbein sonder direkt an sein bestes Stück. Er gab ein gequältes Geräusch vor sich als er auf die Knie sackte und schützend die Hände vor seine verletzte Ehre hielt. Yvette war außer Atem, ihr Brustkorb hob und senkte sich rasant.

"Mein Sohn ist kein Bastard! Und ich lasse nicht zu das ihm jemand weh tut, ihr habt Glück das ein Kind anwesend ist sonst hätte ich euch unter diesem Kies verbuddelt! Möge Gott erbarmen mit eurer dreckigen Seele haben! Giuan!" Sofort eilte Giuan zu seiner Mutter und wurde von dieser sofort am Arm davon gezogen. Noch nie hatte er seine Mutter wütend erlebt, nie hatte seine Mutter gegen irgendjemanden die Hand erhoben und niemals hatte seine Mutter einem anderen Menschen Mord angedroht. Es war das erste mal in seinem Leben, in dem ihm bewusst wurde wozu eine Mutter imstande war wenn es um ihr Kind ging. Der Mann war zwar nicht sehr groß,  dafür aber muskulös und natürlich wesentlich stärker gewesen als seine Mutter.

...Und bis zum EndeDonde viven las historias. Descúbrelo ahora