In der Nacht

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Was hatte er in seinem Leben bloß falsch gemacht um an diesem Punkt zu sterben? Was war ihm bloß in den Sinn gekommen eine Frau zu töten und das Kind seinem Todbringer zu überliefern? War es, weil er damals als Kind ein Brot gestohlen hatte? Oder vielleicht weil er seine Schwester verraten hatte als sie mit ihrem Geliebten heimlich das Haus verließ? Waren es all die kleinen Sünden gewesen die ihm nun den Tod brachten? Denn wenn es so wäre, dann hatte er es sicherlich verdient. Er hatte ja nie behauptet ein guter Mensch gewesen zu sein, aber alles was er jemals getan hatte, tat er in dem Glauben das Richtige zu tun. Dann sollte diese Fra ihn doch töten, es war ihm nun gleich. Er war nur froh, dass es nicht diese adligen Monster waren die ihm das Leben nahmen. Doch wenn er nun gehofft hatte zu sterben, war er bei Yvette falsch gewesen. Mit einem Mal hörte der Schmerz den dieser Stein verursachte auf und alles was er vernahm war ihr schweres Atmen. Dann war das Gewicht auf seinem Körper auch schon weg und er versuchte sie zu sehen, doch das Blut war ihm in die Augen geflossen, nahm ihm die Sicht.

"Ich bin nicht wie ihr mein Herr, ich töte niemanden nur weil mir der Sinn danach steht oder weil man mich dafür reichlich bezahlt. Mein Sohn wird nirgendwohin gehen, das könnt ihr dem Adel ausrichten und meinetwegen, schickt noch andere. Schickt den gesamten königlichen Hof, Steine hat diese Stadt immerhin genug zur Verfügung." waren ihre Worte des Abschieds, schwer mit Verachtung die auf ihn hinein prasselten. Ja, was er nun sagen würde, würde ihm definitiv das Leben kosten, sollte Wort an den Hof kommen. Aber was machte das schon? 

"Es ist mir unbegreiflich wieso jemand nach dem Leben eines Kindes trachten würde. Ihr mögt mich vielleicht für dumm halten, doch weiß Gott das bin ich nicht. Ich weiß wieso Giuan an den Hof soll, das wäre jedem klar, und falls ihr glaubt ich würde zulassen das man meinem Kind etwas antut, dann liegt ihr falsch. Ich kenne die Umstände im Palast und wer auch nur einen Funken Verstand besitzt der kann sich ausmalen welche Rolle dieses Kind spielt. Ich weiß nicht wessens leibliches Kind er ist, doch ist es mir gleich. Ich weiß nicht welche exakte Rolle er dort spielt, doch auch das ist mir gleich." Er musste lächeln. Gute Frau wenn ihr bloß wüsstest, wessens Kind ihr dort groß gezogen habt. 

"Ihr habt ein starkes Herz. Das ist äußerst bewundernswert. Wenn ich bedenke, wie viel man euch zahlen würde, würdet ihr den Jungen an den Hof bringen. Ich habe euch falsch eingeschätzt. Ich war der Annahme, eine ärmliche junge Frau wie ihr würdet ein Kind gegen soviel Geld tauschen, und würdet gänzlich außer Acht lassen das man ihn dort töten wird. Ich werde sterben, ganz gleich was ich noch tue. Vielleicht nicht heute und vielleicht auch nicht morgen, doch irgendwann werde ich sterben und ich würde zu Gott beten mich zu strafen, wenn ich euch nicht eines sage. Nehmt das Kind und flieht. Egal wohin, doch flieht mit ihm. An meinem Gürtel ist ein Beutel mit Geld, nehmt ihn und geht fort." Yvette hatte Giuan an die Hand genommen, bückte sich und legte Hand an den Beutel, ihr Gesicht neben dem seines.

"Die Straße hinunter befindet sich eine Schenke, der Wirt dort ist gleichzeitig ein Arzt, lasst eure Wunden dort behandeln. Das Geld werdet ihr dafür brauchen." Waren ihre Worte bevor ihr hörte wie sie mit schnellen Schritten davon liefen.

Niemals hätte sie sowas geträumt. Das Leben ihres Sohnes in solch einer großen Gefahr. Sie wusste nicht wie weit sie dem Fremden trauen konnte, doch seine Worte schienen aufrichtig gewesen zu sein. Das hatte ihr Vater ihr einst gesagt, die Worte eines Mannes sind die der Wahrheit wenn er Angesicht zu Angesicht mit dem Tode kommt. Sie könnte seine Warnung ignorieren, doch dann würde es wahrscheinlich keine zwei Tage dauern ehe der Nächste käme um Giuan zu holen, also blieb ihr nur diese eine Wahl. Sie rannten nach Hause um einige Sachen zu holen und Yvette drängte den Jungen sich zu beeilen. Tränen stiegen ihm in die Augen als ihm klar wurde, dass er sich nicht einmal von Pierre verabschieden konnte, doch vielleicht war es auch besser so. Wenn sie Colette und ihren Sohn befragen würden, so könnten sie nicht auf Giuans Verbleib antworten. In dieser Nacht, mussten sie alles was sie je besessen hatte, ihr Heim, ihre Erinnerungen, einfach alles mussten sie in dieser Nacht zurück lassen.

...Und bis zum EndeWhere stories live. Discover now