10. Kapitel

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In dieser Nacht konnte ich kaum schlafen und ich wusste selbst nicht so genau wieso. Besser gesagt wollte ich es mir nicht eingestehen. Ich dachte über das nach, was Benedict mir erzählt hatte, über die Vertrautheit, die sich schleichend zwischen uns gelegt hatte. Ich dachte über den Wangenkuss nach, den Benedict mit keiner Silbe mehr erwähnt hatte. Verunsichert wanderte mein Blick zum wiederholten Male zu der Tür, hinter der der Brite scheinbar ruhig schlief. Ein undefinierbares, flaues Gefühl in meiner Magengegend überkam mich immer dann, wenn ich daran dachte, dass diese einmalige Erfahrung, in der Benedict eine wichtige Rolle gespielt hatte, nach dieser letzten Nacht vorbei war und alles wieder sein würde wie zuvor. Zumindest beinahe, denn irgendetwas hatte sich verändert. Ich hatte mich verändert, doch ich würde keine Zeit mehr haben um genau herauszufinden was es war, denn während ich schlaflos hier lag, hatte ich bereits online in den Nachrichten gelesen, dass die U-Bahnen bis auf wenige Ausnahmen wieder fuhren.

Als Benedict am nächsten Morgen fertig angezogen aus seinem Schlafzimmer trat, war ich bereits seit einer guten Stunde fertig, hatte meine Sachen zusammengepackt und das Bett wieder zu dem eigentlichen Sofa verwandelt. Das war auch das Erste, was Benedict mit einem undeutbaren Blick in sich aufzunehmen schien, ehe er zu mir sah, doch er kommentiere mein Tun nicht.

„Guten Morgen", begrüßte er mich matt, senkte seinen Blick dann jedoch hastig wieder auf die teuer wirkende Armbanduhr, die er trug. Als er wieder aufsah, schaute er mir nur ganz kurz direkt in die Augen. „Hast du lange auf mich gewartet? Du hättest mich auch wecken können."

„Nein, schon gut. Wir haben ja keine Uhrzeit ausgemacht und ich konnte nicht mehr schlafen, also...", erwiderte ich sofort, biss mir aber umgehend wieder einmal verärgert über mich selbst auf die Unterlippe, weil ich mich mal wieder verplappert hatte.

Benedict wirkte überrascht, doch auch dieses Mal gab er keinerlei Kommentar dazu ab, obwohl ich ihm genau ansah, dass ihm Worte auf der Zunge lagen. Konnte er sich denken, wieso ich so wenig Schlaf gefunden hatte?

„Ich schlage vor, wir holen uns auf dem Weg einen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. Magst du Bagels? Ich kenne einen Laden nicht weit von hier, der die ganz frisch backt und du ganz frei entscheiden darfst, was du darauf möchtest", fragte ich, nachdem ich mich nervös geräuspert hatte.

Nachdem Benedict lediglich nickte, machten wir uns also auf den Weg.

*

Nach einem schnellen Frühstück, begaben wir uns zur der nächstgelegenen U-Bahn Haltestelle. Benedict sagte mir die Adresse, welche die gleiche war wie die, die auf dem mir vorgelegten Zettel gestanden hatte, und hatte mir auch nach mehrmaligem Nachfragen versichert, dass er definitiv mit der U-Bahn fahren wollte. Trotz der klirrenden Kälte trug Benedict neben einer sehr tiefsitzenden, grauen Wollmütze auch eine breite Sonnenbrille. Der hochstehende Kragen seines Mantels erledigte wieder den Rest. Meiner Meinung nach wirkte er durch diese Aufmachung eher auffälliger, aber er musste ja wissen was er tat, wenn er so etwas regelmäßig machte. Außerdem fiel man in dieser Stadt bei diesen vielen Menschen in der Regel eh nicht auf, selbst wenn man sich absolut verrückt kleidete.

Zielstrebig drückte ich mich durch die vielen Menschen hindurch und ging die Treppe hinunter, die uns in die U-Bahn-Tunnel führte. Es war selbst für New Yorker Verhältnisse unheimlich voll und die stickige Luft zeugte ebenfalls davon. Offenbar waren nicht nur wir froh, dass wir die U-Bahn wieder benutzen konnten. Immer wieder sah ich mich kurz über die Schulter um, um festzustellen, ob Benedict noch hinter mir war, obwohl ich die ganze Zeit über aufgrund seiner Präsenz ein Kribbeln auf meiner Haut spürte. Hinter den stark getönten Brillengläsern konnte ich selbst auf die kurze Entfernung seine Augen nicht sehen.

New York Exit // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen] Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon