Kapitel 4

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Lee's Summit, Missouri

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Lee's Summit, Missouri

Cas sagte, ihr und Crowley habt nach Luzifer gesucht? Wieso erfahre ich das von ihm? Ist alles in Ordnung zwischen uns?

Ich steckte das Handy zurück in die Tasche, ohne auf Deans Nachricht einzugehen. Dann klingelte ich an der Tür. Jeremy hatte mir geschrieben, es wäre 'dringend'. Unsere Familie sollte sich langsam das 'Dringend' und 'Wichtig' abgewöhnen, denn zumeist stellte es sich als totaler Reinfall heraus.
Mir wurde die Tür geöffnet.
»Komm rein«, sagte Jeremy knapp und ging zur Seite.
Ich betrat den Flur. »Was ist denn passiert?«
»Es ist -«
Weiter kam Jeremy nicht, denn da erklang eine alte, bereits vergessene Stimme.
»Cat?«
Ich stockte, als die blonde Frau in den Flur trat.
»Oh, Gott, wie erwachsen du geworden bist.«
Auf einmal zog sie mich in eine Umarmung, und ich konnte nichts weiter tun, als hilflos in ihren Armen zu liegen. Ich starrte geradeaus, und da trat David in den Flur, den ich seit unserem Streit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Sein Blick war ebenfalls gezeichnet von Hilflosigkeit.
Die Frau löste sich von mir und berührte meine Wange. Ich zuckte zusammen, als ich die warmen Finger spürte.
»Jenna«, flüsterte ich mit aufsteigenden Tränen.
»Jenna?« Sie lachte. »Was ist mit Mum?«
Ich schnappte nach Luft, während die Frau die Arme ausbreitete.
»Jetzt sind wir alle wieder vereint!«
Entsetzt starrte ich die Frau an, dann blickte ich wieder zu David.
»Ich ...«, ich stockte, »ich muss mit Dav- Dad sprechen.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ich komm gleich wieder.«
Ich packte David am Arm und zog ihn in die Küche und dann ins Wohnzimmer, wo wir wenigstens etwas Ruhe hatten.
»Was -« Ich rang nach Worten. »Wie ist das möglich?«
Verzweifelt fuhr David sich übers Gesicht. »Ich ... ich weiß es nicht. Nachdem Jeremy mich gefunden hatte und ... mich wieder aufgebaut hat, haben wir versucht, wieder normal zusammen zu arbeiten. Wir haben das Böse gejagt und - na ja, das Übliche. Und dann, vor einigen Wochen, klingelte es an der Tür. Ich dachte, es wäre Jeremy; er wollte allein auf die Jagd gehen, was er mir nicht erzählt hat. Natürlich habe ich das mit der verdunkelten Sonne mitgekriegt - es stand ja nicht nur in den Nachrichten. Ich habe mir Sorgen gemacht. Doch als ich die Tür öffnete, stand dort nicht Jeremy - es war ... Jenna. Ich war verwirrt und glücklich zugleich. Natürlich habe ich überprüft, ob sie ein Geist oder ein Formwandler war. Nichts.«
»Nein, nein«, ich fuhr mir durch die Haare, »sie ist ... sie ist es wirklich.«
Verwundert zog David die Stirn in Falten. »Woher weißt du -«
»Kann sie sich an ihren Tod erinnern? An irgendwas?«, unterbrach ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. »Sie denkt, wir hätten so weitergelebt wie bisher. Dass wir dich seit dem Streit nicht mehr gesehen hätten. Als Jeremy hier erschien und ihr erklärte, dass er ihr Sohn wäre, hat sie sofort Sympathie zu ihm geschlossen. Jetzt versucht sie die verlorenen Jahre wieder gut zu machen. Wie viele Jahre sie wirklich verloren hat, weiß sie nicht.«
Ich nickte verstehend.
»Du verheimlichst mir etwas, oder?« Prüfend musterte David mich.
Ich öffnete den Mund, um zu antworten, als auf einmal Geschirrklappern erklang.
»Hast du Hunger, Cat?«, fragte Jenna mich.
Noch einmal sah ich zu David, der mit ernster Miene vor mir stand. »Ja, etwas«, sagte ich schließlich und ging herüber zu ihr.
Jeremy setzte sich an den Tisch und warf mir einen verstohlenen Blick zu, während ich mich neben ihm niederließ.
»Ich mach euch etwas. Pancakes? Die mochtest du doch so gern.«
»Gern.«
Die ganze Zeit über, während sie das Essen zubereitete, schwiegen wir. Die Stille war unerträglich und ließ in meinen Kopf Platz für weitere unnütze Gedanken. Ich suchte nach einem Grund, wieso Jenna wieder hier, und es viel mir auch nur einer ein - und diesen mochte ich am wenigsten.
Als Jenna uns jeweils einen Teller hinstellte, lächelte sie mir verschmitzt zu. Sie fühlte sich wegen des Streites sichtlich unwohl, der mittlerweile über zehn Jahre zurücklag. An diesen konnte ich mich kaum noch erinnern, ich hatte ihn so sehr verdrängt, dass er mich keineswegs kümmerte. Mein einziger Gedanke war, dass sie lebte.
»Danke«, sagte ich, Jeremy murmelte es ebenfalls.
David hatte die ganze Zeit in der Tür gestanden und Jenna beobachtet, die sich nun zu uns setzte.
»Und? Was hast du nach deinem Studium gemacht?« Ich merkte, dass es sie Überwindung kostete, mich das zu fragen, mich gar anzusehen. Und ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Denn ich hatte das Studium abgebrochen. Gerade als ich eine Lösung gefunden hatte, vibrierte mein Handy. Ich holte es aus meiner Tasche, sah, wer anrief, und drückte ihn weg.
»Dean?«, fragte Jeremy nur.
Ich nickte und aß etwas vom Pancake.
»Wer ist Dean?«, wollte Jenna sofort wissen.
Bevor ich antworten konnte, sagte David: »Ihr Freund.«
Jennas Augen wurden groß und ein erfreutes Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Du hast einen Freund? Können wir ihn kennenlernen?«
»David kennt ihn schon«, meinte ich knapp, »und Jeremy auch.«
Jenna zog die Stirn in Falten. »Cat ...«
»Du erinnerst dich wirklich an nichts mehr?«, verlangte ich ernst zu wissen.
»Cat«, sagte David mahnend.
»Nein, nein!« Ich warf die Gabel auf den Teller, so dass es laut klirrte. »Selbst Mary wusste etwas. Amara hat sie zurückgeholt. Es soll ein Geschenk sein. Vielleicht war's aber auch mein Vater, als winzige Entschuldigung für seinen riesigen Scheißhaufen von Fehlern.«
»Du weißt, wer dein Vater ist?«, hakte David nach.
Ich kam nicht zur Antwort, denn da erhob Jenna sich. »Wovon sprichst du, Cat? Was soll das? Bist du wirklich noch sauer auf uns?«
Ich erhob mich ebenfalls. Tränen stiegen in meine Augen. »Jenna, du warst -«
»Cat will sagen, dass du nicht für sie da warst, als es für sie am schlimmsten war«, ging Jeremy dazwischen. »Sie hat sich verraten gefühlt, als sie herausfand, dass sie adoptiert worden war und dass ich euer richtiger Sohn bin.« Er sah zu mir. »Ist doch so, oder, Cat?«
Ich antwortete nicht, sondern schob den Stuhl zurück und verließ die Küche. »Ich werde mich hinlegen.«
»Dein Zimmer -«, setzte Jenna an.
»Ich weiß, wo es ist!«, gab ich knurrend zurück.
Immerhin war ich in den letzten Jahren öfter hier gewesen als du.
Kaum hatte ich die Tür hinter mir zugeschlagen, atmete ich einmal tief durch. Tote sollten nicht zurückkehren. Das war die erste Regel der Jäger.
Bei allem, was ich in den letzten Jahren über Jenna erfahren hatte, konnte ich sogar noch weniger in die Augen sehen als ohnehin schon. Wahrscheinlich kannte sie die Wahrheit. Tief im Innern. Und ich konnte es nicht fassen, dass David und Jeremy sie ihr verschwiegen. Es brauchte nur eine Sache geschehen, die sie an das erinnerte, was geschehen war, und sie würde zusammenbrechen.
»Du verdammter Mistkerl!«, brüllte ich und starrte die weiße Decke an. »Du kannst mich mal!« Ich stieß mich von der Tür ab und begann, herumzulaufen. »Glaubst du, ein Fingerschnipsen, und ich liege dir zu Füßen? Fick dich!«
Mir war klar, dass mich unten alle hören konnten, doch war mir dies in diesem Moment egal. Es war mir sogar egal, als David hochkam und die Tür öffnete.
»Was ist los mit dir?«
»Das sagt sich leicht, wenn man sich zwei Jahre nicht hat blicken lassen.« Mit verschränkten Armen stand ich im Raum. Ich vermied jeglichen Blickkontakt.
»Wir dürfen es ihr nicht sagen«, meinte er.
Finster funkelte ich ihn an. »Denkst du, wenn du es ihr verschweigst, wird alles wie vorher?«
Er antwortete nicht, doch ich wusste, dass ich recht hatte.
»Deans Mutter ist auch zurück, und es es brauchte nur einen Ansatz, damit sie sich aufs Schmerzlichste an ihren Tod erinnerte. Du kennst Jenna. Sie würde daran zerbrechen.«
»Deswegen werden wir ihr nichts erzählen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, David. Das wäre falsch.«
Der Mann trat einen Schritt auf mich zu. »Falsch ist, wie du dich ihr gegenüber verhältst.«
Ich ließ die Arme sinken. »Ach, soll ich vielleicht weiter 'Mum' zu ihr sagen, damit sie sich fühlt, als wäre ich die Cat von vor zehn Jahren? Du bist verrückt. Wie lange hältst du es wohl aus, ohne dass sie bemerkt, dass du Blut trinkst? Und dass du nicht schläfst?«
»Ich kann meine Menschlichkeit einschalten.«
»Kann? Dann hast du es also noch nicht getan. Wenn du wirklich denkst, dass alles wie früher werden kann, würdest du dich nicht so aufführen.«
Flehend sah David mich an. »Ich bitte dich, Cat. Bitte tu so, als wären wir noch eine Familie.«
»Das hast du vor zwei Jahren auch zu mir gesagt«, entgegnete ich, »und du hast von mir verlangt, meine andere Familie im Stich zu lassen. Das werde ich niemals! Und wenn du das wirklich mit dem Verschweigen durchziehen willst, werde ich gehen!« Ich wollte gerade an ihm vorbei das Zimmer verlassen, als er mich am Arm packte. Unter seinen Augen erschienen rote Adern und seine Eckzähne kamen hervor.
»Du solltest dir wirklich noch einmal überlegen, wer deine wahre Familie ist!«, knurrte er.
Ich ergriff seine Hand und drückte sie problemlos weg. »Du bist nicht das einzige mächtige Wesen hier in diesem Haus, David. Vergiss das nicht!«
Ich drückte ihn nach hinten und verließ das Zimmer.
»Cat«, sagte Jeremy, als ich die Treppe heruntergejoggt kam. »Dean hat angerufen. Ich sagte, es gibt gerade ein paar Probleme und dass du zurückrufen wirst.«
Ich nickte. »Danke.«
Jenna erschien neben Jer. »Ich dachte, du wolltest dich hinlegen.«
»Tut mir leid.« Ich öffnete die Tür. »Ich kann einfach nicht so tun, als wäre nichts gewesen.« Ich verließ das Haus, so schnell ich konnte, und ging herüber zu meinem Auto. Ich versuchte alles, was gerade geschehen war, aus meinem Kopf zu verbannen. Ich sah nicht einmal mehr auf, als ich davonfuhr.

The Family Business || Supernatural Staffel 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt