39 Asche

180 22 22
                                    

Sie galoppierten den Weg durch die Oberstadt hinunter. An ihrem  Rücken spürte sie die schweren Atemzüge ihres Ritters und ihre eigenen  brannten in ihrer Kehle.
Das Obere Viertel brannte. Dichte Schwaden  von Rauch standen in den breiten Straßen und verhinderten, dass sie  erkennen konnte, wo sie sich genau befanden. Ihre Augen tränten und nur durch  einen Schleier nahm sie wahr, dass der Schneefall wieder eingesetzt  hatte.
Doch es war gar kein Schnee, sondern Flocken von Asche, die  aus dem trüben Himmel herabschwebten und sich auf ihr Gesicht und die  Mähne des Pferdes legten.

Das Tier ritt erbarmungslos alles  nieder, was sich ihm entgegenstellte und schien den Weg von allein zu  finden. Sobald der Bezirk der Kaufleute hinter ihnen lag, wurde es stiller um sie her.
Eckarius schloß auf und verständigte sich knapp mit Thorn, über das weitere Vorgehen.
Rufe  flogen über ihrem Kopf hin und her und das Donnern der Hufe schlug die  Trommel für den Durchritt der Königin durch die Stadt.

Sie würden Oranborn verlassen und dann nach Norden reiten.
In  wenigen Tagen konnten sie die Grafschaft Goldwald und Goldwalds Wehr  erreichen, wo es sicher war und die Krankheit kaum gewütet hatte. Thorns  Geburtsort.
Die anderen Leibwachen würden ihren Gemahl und seine  Mutter ebenfalls dorthin bringen. Dann konnten sie sich sammeln und  einen Plan für ihre Rückkehr fassen.
Eckarius ließ sich  wieder ein wenig zurückfallen und sie setzten stumm ihren wilden Ritt durch  die verheerten Strassen der Hauptstadt, die in Asche und Rauch versanken, fort.

Ihr Ritter zog sie nahe zu sich und barg sie unter seinem Umhang. Erst jetzt bemerkte sie,  wie kalt ihr war.
Erschöpft lehne sie sich gegen ihn und einen Moment  verstärkte er seinen Griff um sie, vielleicht um ihr zu zeigen, dass  sie bei ihm sicher war. Nichts zählte jetzt, außer seiner Nähe und  seinem Atem an ihrem Rücken.
Endlich passierten sie das Tor, das weit offenstand und ließen die Stadt ohne weitere Zwischenfälle hinter sich zurück.
Von anderen Wachen oder ihrem Gemahl war noch immer nichts zu sehen. Sie hoffte inständig, dass er und Valu in Sicherheit waren.

Das  Streitross lief nun ruhiger, während sie durch die frostbeglänzten  Wiesen um Oranborn ritten. Sie konnte frei atmen und sehen und der Biß  der eisigen Luft löste das Brennen der Asche in ihren Lungen ab.
„Seid  ihr in Ordnung, meine Königin?", fragte Thorn leise nahe an ihrem Ohr.  „Ich bin nicht verletzt", erwiderte sie, „aber nein, ich bin nicht in  Ordnung."
Er schwieg eine Weile. „Eckarius und ich bringen Euch in  Sicherheit, zu meiner Heimatburg. Wir treffen die anderen da. Es wird  alles gut."
Das Gespräch, dass sie am Morgen begonnen hatten, geriet  ihr unvermittelt in Erinnerung. Nun war jedoch weder Zeit, noch Ort, es  fortzusetzen und so sagte sie nichts und versuchte stattdessen, Ordnung  in die späteren Ereignisse des Tages zu bringen.
Trotz allem, war  seine Nähe beruhigend und seine Wärme und der Klang seines Atems an  ihrem Ohr, dämpfte ihre Aufregung. Das Schicksal so vieler anderer war  dagegen ungewiss.

Sie ritten immer weiter. Die beiden Ritter  wollten eine möglichst große Strecke zurücklegen, bevor die Dunkelheit  sich ankündigte und sie ein Lager aufschlagen mussten.
Irgendwann, es  musste kurz nach Mittag sein, denn die Sonne hatte kaum ihren höchsten  Stand überschritten, fiel Adhara auf, dass Thorns Atem flacher und  schneller zu werden schien. Er bewegt sich manchmal etwas im Sattel,  aber sie schob es darauf, dass sie schon so lange ohne Rast ritten.
Nachdem  er einmal geächzt hatte, warf Eckarius ihm einen Blick zu, aber er  schüttelte nur abwehrend den Kopf. Adhara fragte ihn, ob es ihm gut  ginge, aber er beruhigte sie und schob es auf die Anstrengungen der  Nacht, was ihr einen erneuten Stich versetzte und sie dazu brachte,  nicht weiter nachzuforschen.

Einige Zeit später jedoch, schwankte  er zunehmend und plötzlich rutschte er aus dem Sattel. Sofort blieb das  Pferd stehen. Eckarius, der voraus geritten war, reagierte auf den  dumpfen Laut, mit dem ihr Ritter auf dem Boden aufschlug. Er sprang  sofort ab und kniete sich neben seinen Bruder.
Als er Thorns Mantel  zurückschlug gab sie einen erstickten Laut von sich. Auf einer Seite  glänzte seine ganze Kleidung bis hinunter zu den Knien nass von Blut.  Sie blickte an sich herab und Teil ihres Kleides war ebenfalls dunkelrot  gefärbt.
Betäubt stieg sie aus dem Sattel und fiel neben ihm auf  die Knie. Seine Haut war wächsern und kalter Schweiß stand ihm auf der  Stirn.
Adhara schloß eine zu kühle Hand in ihre.
„Verdammt"  brummte Eckarius. „Wieso hast du nichts gesagt?"
Er hatte die Handschuhe  ausgezogen und suchte mit schwieligen Fingern nach dem Ursprung der  Blutung.
„Es war wichtiger sie aus der Stadt zu bekommen", erwiderte  Thorn schwach und stöhnte auf, als sein Schwertbruder ihn vorsichtig  bewegte, um sich seine Wunde anzusehen.
„Und danach?", fragte der ungehalten.
„War es ohnehin zu spät."
Der  letzte Teil ging in einem Stöhnen unter. Eckarius hatte die Verletzung  freigelegt. Offenbar war Thorn auf der Flucht von etwas durchbohrt  worden, vielleicht den Zinken einer Mistgabel.
Adhara erinnerte sich an den Moment, als er sie in den Sattel gezerrt hatte und kurz zusammensackt war.

Wenn der Schnee fälltTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang