1. Whore

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„Du bist nichts, absolut gar nichts wert. Eine ehrenlose Hure, nichts weiter. Hoffentlich werden wir dich bald los." Joffrey lachte nur laut auf, als er die Tränen auf meinen Wangen sah. „Flenn nicht herum wie ein kleines Kind. So siehst du nur noch hässlicher aus." 

Seine Augen glitzerten kampfeslustig, doch ich traute mich nicht, ihm zu widersprechen. Ich biss mir auf die Unterlippe, bis es blutete. Der rostige Geschmack erfüllte meinen Mund und es schmerzte, aber noch längst nicht so sehr wie das, was mein eigener Bruder über mich sagte. Und das vor der gesamten Festgesellschaft zur Feier des Geburtstages unseres Großvaters. Ich saß Joffrey gegenüber, neben mir mein Onkel Jaime und auf der anderen Seite mein Großvater Tywin.

Joffrey hatte sich durch den Rotwein Mut angetrunken und beleidigte mich gerade vor dreihundert Gefolgsleuten der Lannisters. Das tat er in einer Art und Weise, die mich zutiefst verletzte und mich vor allen bloßstellte. Sein Gesicht war leicht gerötet vom Wein, seine Gesten wirkten schummrig und unsicher. „Steh auf, Schwesterherz! Lass jeden sehen, was du für eine Schande für die Lannisters bist!", rief er und erhob die Hand, als würde er mich zum Tanz auffordern. Tywin zischte nur: „Joffrey, lass diesen Mist." Doch er schüttelte nur mit dem Kopf wie ein trotziges kleines Kind. Im Endeffekt war er genau das, aber ein Kind mit zu viel Macht und dem fehlenden Verstand, sie richtig einzusetzen. Er schrie: „Sie soll aufstehen, ihr König verlangt es!!"

Ich schluckte und stand langsam auf. Neben Joffrey saß unsere Mutter, die mich mit verwirrtem Blick ansah. Dennoch traute sie sich nicht, etwas gegen die Spielwut ihres vierzehnjährigen Kindes zu tun. Auch wenn ich älter war, so war ich doch ein Mädchen und nicht würdig, die Thronfolge der Lannisters anzutreten.

Joffrey betrachtete mich hasserfüllt und ließ den sonst so lauten und lebensfrohen Saal in vollkommene Stille fallen. Alle Augen lagen entweder auf mir oder auf Joffrey. Ich zitterte vor Angst in Erwartung vor seiner nächsten Tat, die auch sofort kam. Er nahm sich seinen aufgefüllten Weinbecher und warf kurz einen Blick hinein. „Ein teurer Wein, meint Ihr nicht auch, Schwesterherz?" Kurz legte sich sein Blick wieder auf mich, dann zurück in den Becher. Jaime und meine Mutter warfen sich einen kurzen Blick zu, den ich nicht deuten konnte. 

War es Angst? Oder war es die Erkenntnis, dass Joffrey nicht mehr beherrschbar war?

ElysiumWhere stories live. Discover now