fünftens

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"Ich weiß, dass ich viel zu früh bin", kam er ihr zuvor. Gale lehnte in der Tür, im Arm zwei Packchen, die er nach seinen eher beschränkten Möglichkeiten so schön wie möglich selbst in silbernes, knisterndes Geschenkpapier gewickelt hatte. Völlig überrumpelt ließ sie ihn in das wohlkoordinierte Chaos ihrer Wohnung eintreten und strich sich eine imaginäre Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Gale", stellte sie dümmlich fest, noch immer überrascht von seinem verfrühten Erscheinen. "Ich bereite gerade das Essen für heute Abend vor, du kannst zusehen oder gern auch selbst Hand anlegen."

Sie war durchaus bekannt dafür, dass sie nicht sonderlich gut kochen konnte. Und Gale hatte ja ohnehin nichts zu tun, er war lediglich gekommen, um sie zu sehen, vor der Fete, die sie anlässlich ihres Geburtstages steigen ließ. Noch trug sie normale Kleidung, doch das würde sich schon bald ändern und Gale malte sich schamlos aus, wie sie später wohl aussehen würde.

"Kommst du aus der Arbeit? Wieso bist du so früh da?", fragte sie und so ehrlich interessiert an ihm konnte wohl auch nur sie sein.

Dennoch ließ er sich mit seiner Antwort Zeit. Diese Frage war ein heikles Thema bei ihm. "Eigentlich wurde ich dort ja längst rausgeschmissen." Er war der größte Verlierer der Stadt. Er war nicht annähernd gut genug für sie, aber er wollte sie und alles, was zu ihr gehörte. Statt ihre Antwrt abzuwarten, erkundigte er sich scheinbar beiläufig nach ihrer Familie und ließ sie eine Weile erzählen. Es tat gut, ihre Stimme zu hören, sie so völlig losgelöst und glücklich zu sehen. 

Hektisch hantierte sie mit Töpfen, Geschirr und Besteck, drapierte Flaschen mit allerlei alkoholischen Getränken auf dem Tisch und bewegte sich schaukelnd im Takt eines unhörbaren Liedes.

Da Gale längst überdrüssig war, tatenlos herumzusitzen und unauffällig ihren Hintern zu bewundern, fragte er: "Soll ich vielleicht Musik anmachen?" Ihre Antwort brauchte er gar nicht abzuwarten.

Grässliche Popsongs drangen aus dem Radio und erfüllten die Küche, doch das tat der euphorischen Stimmung der beiden keinen Abbruch. "Soso, ab morgen hast du also ein Jahr mehr auf dem Buckel", zog er sie auf und legte ihr sanft, und dennoch bestimmt die Hand auf den Rücken.

"Erinner' mich nicht dran", stöhnte sie, wiegte ihren geradezu petiten Körper zur Musik, rückte ein Stück näher.

"Ich kann dir garantieren, dass ich es dir im Lauf des Abends noch öfter unter die Nase reiben werde", grinste er und sie lächelte matt.

Die Hände der beiden verschränkten sich, während draußen die Sonne sank und den Raum in oranges Licht tauchte. Zuerst langsam, dann immer ausgelassener tanzten sie, gröhlten die Texte der leidigen, viel zu oft gespielten Lieder laut mit und lachten sich an, zwinkerten sich verspielt zu, schmiegten sich unmerklich aneinander.

So blieb Gale beinahe das Herz stehen, als er spürte, wie ihr schwerer Kopf an seine Schulter fiel und ein seliges Lächeln ihr Gesicht übermannte. Sie sah unnahbar schön aus, weggetreten zwar, ein wenig benommen, aber schön. "Weißt du-", setzte sie an, ihre plumpen Lippen waren schon in Begriff, die nächsten Wörter hinauskriechen zu lassen, da brach sie den Satz jäh ab. Ihre rosigen Wangen färbten sich noch etwas dunkler. Als sie den Kopf schüttelte, war es fast so, als würde sie es bereuen, überhaupt es was gesagt zu haben. Nur hätte Gale zu gerne gewusst, was sie zu erzählen hatte.

"ich liebe dich", es klang nicht klar, es klang nicht bestimmt, es klang zögernd und ängstlich. Eine Sekunde, zwei, drei Sekunden verstrichen. Es blieb still. Sie reagierte nicht im Geringsten. Hastig setzte er hinzu: "...wenn du so bist Wenn wir das tun. Du weißt schon, wenn alles so sorglos ist."

"Das liebe ich auch, Gale", murmelte sie und riss sich mit einem halbherzigen Lächeln von ihm los. "Ich muss mich umziehen."

acht wege, ich liebe dich zu sagenWhere stories live. Discover now