Kapitel 13 | Mia

38 5 3
                                    

Wut, Frust und Trauer sind mein Antrieb, als ich aus dem Palast fliehe und kopflos in eine Straße biege. Es ist mir egal, wo ich ankomme. Zurück in meine Wohnung will ich sowieso nicht. Das ist der erste Ort, dem David oder Luke nach mir suchen würden. Und ich will nicht gefunden werden.

Obwohl... David ist wahrscheinlich auf der Erde. Ich löse meine verschränkten Arme und fahre gedankenverloren durch eine Haarsträhne.

Die Erde. Ich seufze sehnsüchtig, bei dem Gedanken an meine verlorene Heimat. Auf der Erde sind alle meine Geliebten, meine Familie, meine Freunde. Ich hasse den Gedanken, dass meine Eltern meinen Brief niemals erhalten werden. Ich kann Luke nicht sofort vergeben, doch jetzt, wo er nicht genau vor mir steht und ich Zeit zum Nachdenken hatte, kann ich seine Entscheidung verstehen. Auch wenn sie mir nicht gefällt. 

Die Erde ist auch der Ort meiner Kindheit, mit der ich so viele Erinnerungen verbinde. Gute und schlechte. Mein ganzes Leben hat auf der Erde stattgefunden.

Auch wenn David keine geliebten Personen mehr auf der Erde hat, beneide ich ihn so sehr.

Während ich noch auf der Erde war, habe ich oft die Schönheit unseres Planeten vergessen. All die Farben, die unser Planet zu bieten hat: Das blaue Meer, die gelbe Wüste, die grünen Wälder und die orangenen Sonnenuntergänge. Und dem Sonnenuntergang folgten eine mystische Nacht mit hell leuchtendem Mond und tausenden Sternen.
Und all die kleinen Dingen, die man im Alltag gerne übersieht. Wie das morgendliche Vogelgezwitscher oder Blumen, die in allen erdenklichen Farben blühen, oder der Geruch vom Meer. 

Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht mehr auf den Weg geachtet habe. Ich stehe auf einer Straße, die natürlich äußerlich allen anderen gleicht, trotzdem kommt mir diese etwas düsterer vor. Ich bleibe stehen und sehe mich verstohlen um. 

An den Häusern stehen - soweit ich es von hier sehen kann - bestimmt vier Gruppen zusammen, die jeweils aus ungefähr fünf Personen bestehen. Die meisten tragen schwarze Kleidung, doch gruselig macht sie erst ihre bedrohliche Haltung und finsteren Gesichter. Ich fühle mich, als wäre ich aus Versehen in irgendein Ghetto gegangen. Ob Luke die Wohnungen zufällig zuteilt oder gibt es wirklich "Ghettos" in der Hölle? Jedenfalls habe ich in meiner Straße noch nicht so gruselige Typen gesehen. 

Ich blicke zurück und überlege gerade umzudrehen und irgendwie zu versuchen den Weg zum Palast zu finden, als mich eine Hand an der Schulter berührt. Ein Schrei entweicht mir und ich springe zurück, als ich Adriana vor mir entdecke. 

"Was machst du denn hier?" blaffe ich sie an, weil ich noch so unter Adrenalin stehe. Mein Herz pumpt wie verrückt. 

Adriana wirft ihre Haare zurück und lacht auf, aber es klingt künstlich. "Das wollte ich dich gerade fragen." 

Ich zucke mit den Schultern. Es gibt keinen Grund, warum ich hier bin.

"Wenn du schon mal hier bist, können wir ja ein bisschen abhängen." sagt sie munter und grinst. Sie hakt sich bei mir ein und zieht mich energisch mit sich. Ihre Schritte gleichen fast schon einem Hüpfen, als sie auf eine Gruppe von Leuten zugeht. 

Ich versteife mich, als ich drei Typen und eine Frau sehe. Am liebsten hätte ich mich losgerissen, aber Adriana zieht mich so kräftig mit sich, dass wir schon bei ihnen sind, bevor ich mich entschließen kann. 

"Hey guys! Was geht?" ruft sie enthusiastisch in die Runde.

Die vier werfen ihr einen Blick zu und murmeln irgendetwas, dann liegen ihre Blicke auf mir. Ein Mann, den ich um die vierzig schätze, lässt begierig den Blick an mir hoch und runter gleiten.

Reflexartig befreie ich meinen Arm aus Adrianas Griff und verschränke die Arme vor der Brust. Als mein Blick den des Typen trifft und er mich dreckig angrinst, halte ich dem Blick stand, allerdings mit einer harten Miene. Dann sehe ich entschieden weg. Mein Herz beginnt zu rasen, als er einen Schritt näher zu mir rückt. Ich erwarte schon seine Hand auf mir, doch nichts geschieht. 

Empty HellWhere stories live. Discover now