Harte Landung

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Als ich schließlich vor ihm stand, fielen mir seine Augen auf. Also nicht, dass mir auffiel, dass er Augen hatte, sondern, dass sie verquollen und rot waren. Ob er vor ein paar Minuten geweint hatte, wusste ich nicht, denn er war patschnass. Fakt war, er hatte geweint.

"Luke?" Er nickte leicht. "Alles in Ordnung?" Die Frage war lächerlich. Es war offensichtlich, dass nichts in Ordnung war. Es war, als würde er mich gar nicht hören, denn er ging an mir vorbei. War das seine Art zu sagen, dass es ihm nicht gut ging?

Ich seufzte leise und ging in mein Bett. Ich war viel zu müde, um jetzt klar denken zu können. Mein Kopf pochte zudem und mein Körper schrie förmlich gegen jede Form der Bewegung.

In meinem Bett wickelte ich erst einmal ein gefühltes dutzend Decken um mich und schloss die Augen.

...

Ich aß meinen Apfel langsam, den Blick auf Luke gerichtet. Er hatte seit den zehn Minuten, in denen er jetzt wach war, nichts gesagt. Er saß am Esstisch, den Kopf auf die Hände gestützt und starrte trübsinnig vor sich hin.

"Was ist passiert?" Lukes matter Blick lag auf mir. "Nichts" Seine Stimme klang heiser. "Ist was mit dir und Calum?" Er schüttelte den Kopf und presste die Lippen zusammen. "Was dann? Du-"

"-Ich will nicht darüber reden!", knurrte er bissig und fuhr damit fort, Löcher in den Tisch zu starren. Ich verdrehte die Augen, warf den Apfel in den Müll und schlurfte zurück in mein Zimmer. Wenn er meinte...

Gerade wollte ich weiterlernen, als mein Handy vibrierte. Unbekannt. Stirnrunzelnd ging ich ran. "Hallo?", fragte ich unsicher. "Hey, hier ist Calum" Ich musste lächeln. Wie hielt ein so lieber Kerl wie er, es mit Lukes Launen aus? Oder waren die nur manchmal so übel? "Hey. Was gibt's? Wo-Woher hast du eigentlich meine Nummer?" Er lachte leise.

"Liam", antwortete er erheitert. "Sag mal, wie geht es Luke?" Sein Tonfall war ernst geworden. Ich zuckte zusammen. "Luke? Ich...Ich habe wirklich keine Ahnung, was er gestern angestellt hat. Er ist heute morgen heimgekommen, aber er war nass und hackedicht", seufzte ich. Calum gab nur ein Grunzen von sich. "Hm...Dann bist du genauso schlau, wie ich..."

"Na super", entgegnete ich sarkastisch. "Weißt du, letztes Jahr war ungefähr dasselbe. Nur, dass Luke ein blaues Auge hatte...Er hat vierundzwanzig Stunden danach nichts geredet. War echt gruselig. Und die Tatsache, dass es am selben Abend war..." Was wollte er damit sagen? "Woher wusstest du überhaupt, dass er weg war?", fragte ich verwirrt.

Er schnaubte. "Weil ich ihm geschrieben habe und er mit 'Lass mir meinen Frieden' geantwortet hat. Das macht er normalerweise nie" Calum klang wütend. "Hey...Ich habe keine Ahnung, wo er war und was er gemacht hat, aber irgendwie will ich es auch gar nicht wissen..."

"Du bist ja auch nicht sein Freund", murmelte er resigniert. Mir fiel nichts darauf ein. "Hm...Naja, danke. Bis bald, Hazel. Halt die Ohren steif" Dann legte er auf. Ich überlegte.

Luke erschien mir, wie ein einziges Mysterium. Ich hatte gedacht, ich kannte ihn, doch dann war er mit einem Mal so extrem ernst geworden, dass es mir Angst machte. Wie sollte ich nicht besorgt sein? Er war schließlich mein Mitbewohner!

Ich schräg zusammen, als es an meiner Tür klopfte. "Ja?" Luke steckte den Kopf zur Tür hinein. "Hazel" Ich sah ihn verwirrt an. Erst hatte er mich angemotzt und jetzt sah er mich besorgt an. War er irgendwie bipolar?

"Ich...Ich mache Spaghetti...Du isst mit, oder?" Ich versuchte erst einmal in meinen Kopf zu bekommen, dass Luke mit mir redete. Dass er sogar fast nett klang. Und, dass er kochen wollte. Oh Gott!  "Ich habe keinen Hunger", meinte ich matt. Luke schüttelte den Kopf. " Du hast erst einen Apfel gegessen"

I turn him straightWhere stories live. Discover now