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Am Nachmittag habe ich endlich Gelegenheit mich mit Ghrian zu treffen. Ghrian hört mir gebannt zu was ich von Rudeltreffen zu erzählen habe. Es ist nichts wichtiges. Nur welches Rudel wen ausgeschlossen hat, wer einen neuen Alpha hat und wer jetzt wen als Mate bekommen hat. Als ich ihr von Krolik erzähle bekommt sie grosse Augen. "Krolik ist ein Ailuranthrop?" fragt sie erstaunt. Ich nicke und erkläre ihr dass er ein Kaninchen ist. Ghrian hebt erstaunt eine Braue. Ich zucke mit den Schultern und erzähle ihr was mir Krokik anvertraut hat, dass er in einem Labor erschaffen wurde und dass er sich als Unfall fühlt weil alle anderen Geschöpfe sich in Raubtiere wandeln können. Ghrian schaut mich aufmerksam an und sie scheint nachzudenken. Als ich ihr von dem Mann erzählt habe der Krolik auf dem Müll gefunden hat und ihn letztendlich den Werwölfen unseres Nachbarrudels zum Spass geschenkt hat horcht sie auf. "Weist du wie dieser Mann aussah?" fragt sie und ist enttäuscht als ich verneine. Ich glaube sie denkt dass sie den Mann kennt. Zumindest sieht Ghrian nun so aus als würde sie fieberhaft nachdenken. Ich bin mir sicher dass sie versucht die Puzzlestücke um Kroliks Existenz zusammen zu fügen. Ghrian seufzt schliesslich und sagt: "Es ist verboten Ailuranthropen zu jagen. Das sollten auch unsere Nachbarn wissen. Ich werde wohl oder übel ein ernstes Wort mit ihnen wechseln müssen." Mir sackt bei dieser Bemerkung das Herz in die Hose. Der Frieden mit unseren Nachbarn, gerade mit diesen, ist nicht so sicher wie ich es gerne hätte. Es sind aufbrausende Wölfe die Ghrian und ihre Art die Welt zu sehen nicht teilen. Im Gegenteil, sie verachten uns für das was wir sind und wie wir leben. Es ist ein traditionelles Rudel in der das Recht der Stärkeren gilt. Sie leben frei nach dem Motto: das Rudel ist nur so stark wie sein schwächstes Glied. Sie haben keine schwachen Wölfe in ihren Reihen. Selbst die Wölfinnen sind stark. Gemein und stark. Ghrian ist da anders. Sie sagt immer dass das Rudel eine Solidargemeinschaft ist in der die schwächeren von den stärkeren getragen werden. Ghrian weiss dass jeder Wolf seine eigene, individuelle Gabe besitzt und unsere anscheinend so schwachen Omega sind zum Teil mächtige Heiler, sind fixe Denker und pfiffige Erfinder. Sie gehen in der Regel sehr liebevoll miteinander um weil sie eh keine Muskeln haben um sich gegenseitig zu verhauen. In unserem Rudel wird viel miteinander gespielt. Nicht nur gerauft, sondern auch Knobel- und Denkspiele veranstaltet. Wir unterscheiden uns sehr von unseren Nachbarn. Ich hoffe dass Ghrian mit ihrer berechtigten Rüge sie nicht dazu verleitet uns anzugreifen. Ich teile Ghrian meine Befürchtung mit und sie denkt über meine Worte nach. "Sollen wir wirklich das Unrecht das dem kleinen Kaninchen widerfahren ist unkommentiert hinnehmen nur weil sie uns eventuell angreifen könnten?" fragt sie und nun klingt mein Vorschlag gemein. Ich senke meinen Blick. Ghrian hebt mein Gesicht. Sie mag es nicht wenn ich mich nach Art der Wölfe unterwerfe. "Lass uns Krolik fragen was er davon hält. Immerhin ist er gejagt und verletzt worden. Er hat das Recht mitzuentscheiden ob wir sein Unrecht ahnden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen oder ob wir es auf sich beruhen lassen.

Ghrian und ich gehen also zu Krolik und finden ihn wie er mit unseren Omega Waisenkindern im Garten herumtollt. Er sieht sehr glücklich aus. Ghrian ruft ihn nicht, sie lässt ihn einfach spielen und beobachtet ihn. Ich schaue mein Kaninchen ebenfalls an und muss fest stellen wie niedlich er mit den Kindern spielt. Er ist ganz versunken in das Spiel und wirkt völlig entspannt und glücklich. Ich muss unweigerlich lächeln. Mein Kleiner fühlt sich zwischen unseren Welpen sichtlich wohl. Ich denke dass er als Kaninchen wirklich die Nähe zu anderen Wesen braucht. Und wenn es dann so süsse und liebevolle Wesen wie unsere kleinen Waisen sind dann ist er als Kaninchen da gold richtig aufgehoben. Unsere Alpha und unser Beta Kinder sind zum Toben mit ihren Freunden am Fluss. Die werden wir wohl erst nach dem Abendbrot erst wieder sehen. Meist essen die bei den Löwen mit weil die als angehende Alpha nun wirklich keine Lust auf Salat haben.
Erst als Krolik sich erschöpft ins Gras plumpsen lässt ruft Ghrian ihn zart zu sich. Krolik steht auf und kommt unsicher zu uns. Ghrian ist meinem Kaninchen doch nicht geheuer. Sie ist ganz schön gross und Furcht einflössend denke ich. Krolik kommt zu uns und setzt sich maximal weit von Ghrian weg. Um genau zu sein hinter mich. Er lugt sie verschreckt von hinter meinem Rücken an. Ghrian schaut ihn ganz freundlich an und bittet ihn sich wenigstens neben mich zu setzen. "Es ist für Jupiter vielleicht nicht ganz so toll wenn du hinter ihm sitzt." sagt sie. Mir wirft sie einen warnenden Blick zu denn ich wollte Krolik natürlich sofort erlauben hinter mir Schutz zu suchen. Als er neben mir sitzt ziehe ich ihn darum in eine schützende Umarmung und er krallt sich automatisch an mein T Shirt. Ghrian fragt Krolik noch einmal über sein Leben aus. Sie lässt sich sehr detailliert beschreiben wo er geboren und aufgewachsen ist. Leider weiss Krolik so gut wie nichts über dieses Labor. Er hat es nur einmal von aussen gesehen und da war er sehr aufgeregt weil sein neuer Besitzer ihm erzählt hat was von nun an seine Aufgaben seien. Krolik hat nicht weiter auf das Haus oder seine Umgebung geachtet. Den Mann der ihn letztlich von der Müllkippe gefischt hat kann Krolik dagegen sehr gut beschreiben. Es ist ein sehr gut aussehender Typ. So wie Krolik ihn beschreibt klingt das ein bisschen als sei er in ihn verliebt. Ghrian fragt mein Kaninchen das auch während ich mich fast vor Eifersucht verzehre. "Ja, ich habe dem Mann vertraut. Er ist zu mir gekommen als ich dachte mein letztes Stündlein habe geschlagen. Er war freundlich zu mir und er war der erste  in meinem Leben der mich gesehen hat. Er hat mich nach meinen Wünschen gefragt. Er sah so lieb aus und er war so nett zu mir. Ich weiss nicht warum er mich dann den Wölfen geschenkt hat." Krolik weint. Ich ziehe meinen kleinen ein wenig enger an mich. Ich hoffe dass er merkt dass ich für ihn da bin. "Die wollten mich fressen!" schluchzt er nun. "Wussten die Wölfe dass du in Wirklichkeit ein Mensch bist?" will Ghrian wissen und Krolik schluchzt und nickt. "Sie haben mich ja als Jungen bekommen. Sie haben mich gehauen und gebissen bis ich mich endlich gewandelt habe und abgehauen bin. Doch ich hatte keine Chance ihnen zu entkommen. Sie haben mich zu mehreren gejagt und sich gegenseitig zugeheult wo sie mich gesehen haben. Einmal wäre ich ihnen fast entkommen. Ich bin in einen Fuchsbau gekrabbelt. Aber der Fuchs fand mich auch sehr lecker und darum bin ich da wieder ganz schnell raus. Doch vor dem Loch hat ein Wolf auf mich gewartet und mir in mein Bein gebissen. Ich wusste dass das mein Todesurteil war. Denn nun hatte ich keine Chance mehr ihnen zu entkommen. Selbst wenn ich noch dreibeinig weghumpeln kann so würden sie mir doch wegen meinem Blut auf die Fährte kommen. Und als mich Jupiter gefunden hat da dachte ich...." Nun kann Krolik nur noch weinen. Wenn er nicht schon an meiner Seite kleben würde dann könnte ich ihn an mich ziehen um ihm zu zeigen dass ich nicht der böse Wolf bin der ihn fressen will sondern dass ich sein Freund sein möchte und ihn zähmen. Ich beuge mein Gesicht zu ihm und drücke ihm einen Kuss in seine wolligen Haare. Seine Haare kitzeln an meiner Nase und einzelne verirren sich in meine Nasenlöcher so dass ich ein bisschen niessen muss. Aber ich ziehe mein Gesicht nicht weg weil er ziemlich gut riecht. Also für ein Kaninchen. Er riecht nicht nach Beute, er riecht nach Freund. Er riecht nach gemeinsamen Tagen voller Spass und unbeschwerter Lebensfreude. Nur muss ich ihm noch zeigen dass er sie bitte mit mir haben darf. Wenn er will. Zur Zeit will er nicht. Zur Zeit flennt er und schiebt Panik. Blöderweise vor unserer Alpha die ihn entweder im Rudel willkommen heissen kann oder ihn rausschmeissen kann. Ich schaue etwas panisch zu Ghrian um herauszufinden was sie von meinem kleinen Kaninchen hält. Ghrian schaut uns ernst an. Nicht böse, nicht liebevoll, nur ernst.

"Ich befürchte ich kenne den Fremden der dich gefunden hat. Ich vermute ich weiss weswegen du ihn so nett fandest." sagt Ghrian plötzlich in Kroliks Schluchzer hinein. Krolik schaut auf und sieht Ghrian verwundert an. Er reibt sich die Tränen aus den Augen und schaut sie fragend an. Ghrian seufzt und erklärt: "Ich befürchte dass es ein Vampir war der dich entdeckt hat. Der Beschreibung nach könnte es sogar Viktor Bartholy höchstpersönlich gewesen sein." Bei dem Namen Viktor Bartholy muss ich unweigerlich etwas zittern. Krolik scheint den Namen und von dem Wesen was ihn trägt noch nie gehört zu haben. "Heute abend kommen Sebastian und Drogo nach Hause. Ich würde gerne mit ihnen meine Theorie besprechen. Jetzt zur Erklärung nur so viel: Viktor ist ein Vamir und ich vermute dass er dich in ein Vampirkaninchen verwandelt hätte, wenn er in deinem Herzen ein klein wenig mehr Hass gefunden hätte. Doch du bist halt ein Kaninchen. Du eignest dich nicht als gefürchteter Jäger der Nacht. Ich gehe mal davon aus dass er es witzig fand dich in dem Moment zu verraten als er dein Vertrauen und deine Liebe gewonnen hatte." Krolik starrt Ghrian mit weit aufgerissenen Augen an. "Ich habe Viktor vertraut aber ich liebe ihn nicht!" sagt er ganz bestimmt. Ich wundere mich ein wenig weswegen er für seine Verhältnisse so aufbrausend ist aber mein Herz macht einen Freudenhüpfer als er sagt dass er Viktor nie geliebt hat.

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