1 - Reflection

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»I want to caress myself
But you know, sometimes
I really really hate myself« - BTS (RM)

Seungkwan

Ich sah zu ihm hinüber.
Er trug schon wieder diese gelbe Mütze, die niemand sonst tragen würde, außer er.
Hansol konnte man so viele teure Klamotten schenken, wie man wollte. Er würde immer bei denselben bunten T-Shirts und Hoodies bleiben, die ihm aufgrund ihrer viel zu großen Größen weit um den schlanken Körper fielen.
Und ich liebte es. Ich liebte es, wenn er morgens seine Kopfhörer aus den Ohren zog und mich mit seinem viel zu breiten Grinsen begrüßte, mein Gesicht einen Moment länger als nötig in ebendiesen viel zu großen Oberteilen zu verstecken, während er mich sanft an sich drückte.

Hansol stand bei seinen Kommilitonen aus dem Musikstudium und ich beobachtete etwas sehnsüchtig, wie Tobi sich hektisch gestikulierend über eine mir unbekannte Situation aufregte, diese nachstellte und Hansol vor Lachen beinahe keine Luft mehr bekam und sich an Tobis Arm festkrallte.

Ich liebte sein Lachen. Wie viel würde ich geben, um ein solch breites, ansteckendes Lachen zu haben?
Vermutlich zu viel.
Wütend verscheuchte ich das Lächeln aus meinem Gesicht, das sich während meines Beobachtens darauf geschlichen hatte und blickte auf meine Füße.

Selbstliebe. Gar nicht so einfach, wenn es um einen herum nur so von wunderschönen Menschen wimmelte. Allen voran Hansol.
Ich wünschte, ich würde über dieses ganze Thema nicht so viel nachdenken.
Ich wünschte, ich würde mich nicht dafür interessieren und mich einfach ohne mir unnötig den Kopf darüber zu zerbrechen selbst lieben.

Doch ich wurde die Gedanken nicht los, die sich Tag für Tag in den verschiedensten Situationen in meinen Kopf bohrten.
Ich meine, wer wurde schon seine Gedanken los?
Wenn das möglich wäre, so wäre wahrscheinlich vieles einfacher.
Aber Menschsein war nun mal nicht einfach.
Menschen hatten ca. sechzig- bis achtzigtausend Gedanken am Tag und meine schienen so oft um ein und denselben Punkt zu kreiseln.

Ich versuchte wirklich mit aller Mühe mich selbst zu lieben.
An manchen Tagen, da brauchte ich gar keine Mühe.
Es gab Tage, da stand ich auf und grinste bescheuert in den Badezimmerspiegel, weil ein warmes Glücksgefühl in meinem Bauch explodierte und sich durch meinen ganzen Körper ausbreitete. An solchen Tagen mochte ich auch mein Lächeln, mochte es, wie meine Haare fielen und mochte es, zu sehen wie meine Freunde aus dem Lachen über meine trockenen Kommentare oder meine Mimik nicht mehr herauskamen. An solchen Tagen fühlte es sich an, als würden Sonnenblumen in meinem Kopf über die bösen Gedanken hinauswachsen und sie verdrängen.
An einem solcher Tage war ich sogar mutig genug gewesen Hansol zum Abschied einen flüchtigen Kuss auf die Wange zu drücken. Zwar war ich danach durch meine Wohnungstür geschlüpft und hatte seine Reaktion nicht gesehen, doch ich war noch ungefähr 20 Minuten zu Hause durch die Wohnung gesprungen und hatte Seokmin und Soonyoung zu Tode genervt. Keine Sekunde hatte ich an mir gezweifelt.

Doch der Tag darauf war einer der anderen Sorte gewesen.
Ich wachte auf, realisierend was ich getan hatte und vor dem Spiegel machte sich alles andere als ein explodierendes Glücksgefühl in mir breit. Das waren die Tage, an denen ich wirklich Mühe hatte, mit der Selbstliebe.
Die schweren, dunklen Gedanken in meinem Kopf drückten meine Schultern wortwörtlich nach unten und ließen mich im Spiegel nur meine Makel sehen. Wer konnte schon jemanden wie mich mögen oder gar lieben?

Ich war eindeutig zu dick. Meine Wangen waren viel zu aufgeplustert, meine Muskeln zu schwach für einen Kerl. Meine blonden Haare waren kaputt und plötzlich sah ich, wie schrecklich meine Haut aussah.
Meine Kleidung stand mir absolut nicht und von meinen geschwollenen Augen wollte ich an solchen Tagen gar nicht erst anfangen.

Love Yourself ; verkwan ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt