Kapitel 15

2K 55 26
                                    

Es klopfte an Herrn Schomans Tür.

„Wer ist da, zum Donnerwetter?“

Eine Sekretärin streckte den Kopf zur Tür herein.

„Ein Herr Nolting will Sie sprechen, Herr Schoman.“

„Ich habe doch gesagt, dass ich nicht zu sprechen bin!“

Die Tür öffnete sich ganz und ein hochgewachsener, magerer Mann betrat den Raum. Sein knochiges Gesicht schien nicht oft von einem Lächeln heimgesucht worden zu sein und die Stahlbrille die er trug machte seinen Gesichtsausdruck ganz sicher nicht freundlicher.

„Für mich sind Sie zu sprechen“, verkündete er.

„Was fällt Ihnen ein, Sie...“

Der Mann stellte vorsichtig seinen Koffer ab, und fixierte den Geheimdienstchef durch die Stahlbrille mit einem Blick, der etwas von der Natur des Metalls hatte.

„Ich bin der Staatsanwalt für den bevorstehenden Prozess, Herr Schoman. Und da Sie anscheinend an dieser Angelegenheit interessiert sind, dachte ich, dass wir vielleicht unsere Ideen austauschen.“

„Ach so. Das ist natürlich etwas anderes. Setzen Sie sich.“ Schoman deutete auf einen schwarzen Ledersessel und hielt dann seinem Gegenüber eine Packung hin. „Zigarette?“

„Nein danke, ich rauche nicht.“

„Ich war gerade dabei, diesen Report zu lesen. Über 40 % der Bevölkerung scheinen schon die ’Dienste’ der ’Staats-AG’ in Anspruch genommen zu haben. In einigen Gegenden ist bereits Chaos ausgebrochen.“

„Wie? Haben die Leute Geschäfte überfallen? Andere Menschen getötet?“

„Nein, das nicht. Aber inzwischen wurden 3968 Hausfrauen festgenommen, weil sie sich mit Küchengerät prügelten. Andere bewarfen sich mit Kartoffeln, Rüben oder Kohlköpfen.“

„Sonst nichts?“

„Doch.“ Schomans Gesicht lief rot an. „Noch einmal doppelt so viele Fälle wurden gemeldet, bei denen die Hausfrauen sich gegen die Polizisten, die sie zu trennen versuchten, verbündeten, sie überwältigten, fesselten und auf der Straße zurückließen. Ein oder zwei Mal haben die Übeltäter die Gesetzeshüter sogar am Seil an einer Straßenlampe aufgehängt.“

„Sie meinen es wurden Polizisten erhängt?“

„Nein! Das ist ja das verrückte an der Sache. Aufgehängt, nicht erhängt! Die Beamten wurden mit einem Seil zusammengebunden, das dann über die Straßenlaterne gelegt wurde. Drei oder vier Stunden hingen sie so da, während die Bürger achtlos vorbeigingen und ihnen höchstens eine lange Nase drehten. Eine halbe Stunde wurden sie von jemandem unter Beschuss genommen, der seine Sammlung von Knöllchen zu Papierfliegern gefaltet hatte. Schließlich kam ein Rot-Kreuz Wagen vorbei, dessen Fahrer die beiden herunterholte.“

Herr Nolting hatte inzwischen seinen Koffer geöffnet und einen Laptop auf den Schreibtisch gestellt.

„Ich muss leider korrigieren, was Sie mir vorher mitgeteilt haben. Ich halte mich ständig übers Internet auf dem neuesten Stand und habe hier ein Diagramm welches anzeigt, dass bereits 61 Prozent der Bevölkerung dieses Landes stolze Oberhäupter ihres 'eigenen Staates' sind.“

„Verdammt!“ Schomans Faust knallte auf den Tisch. „Und ich dachte als wir ihre Internetseite verboten haben, dass wir das Schlimmste hinter uns hätten. Von wo haben Sie dieses Diagramm? Mir liegt noch kein derartiger Bericht vor.“

„Wieso Bericht? Ich bin auf www.makeyourstate.com.“

„Was ist das?“

Nolting blickte erstaunt auf.

„Wissen Sie das nicht? Das ist die englischsprachige Website der Staats-AG.“

Dem Geheimdienstchef fiel die Zigarette aus dem Mund.

Englischsprachige Website?“

„Natürlich. In anderen Staaten ist ihr Geschäft schließlich nicht verboten.“

„Noch nicht.“ Schoman griff nach dem Telefon.„Aber das wird sich bald ändern. Passen Sie auf.“

Die Staats-AGOù les histoires vivent. Découvrez maintenant