Alles verloren?

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Mir stockte der Atem. Irgendwas lief hier gewaltig schief.
Mein Blick huschte zwischen meinem Vater und Pettigrew hin und her. Pettigrew musste getötet werden, er war Schuld, dass Harry keine Eltern hatte und ich im Waisenhaus aufgewachsen war. Oder? 
Kurz ging ich im Kopf die Alternative durch. Wenn Harrys Eltern überlebt hätten, wäre trotzdem meine Mutter getötet worden. Sirius hätte nichts von meiner Existenz gewusst, aber vielleicht hätte Dumbledore ihm gesagt, dass er Kinder hatte. Dann wären Harry, Arcturus und ich wie Geschwister aufgewachsen.
Vielleicht wäre Arcturus auch nach Gryffindor gekommen.
Aber wenn nicht? Wenn Dumbledore nichts gesagt hätte? Die Überraschung wäre grandios geworden, wenn er es herausgefunden hätte. 
Aber es war nun mal so, wie es war. Und wenn Pettigrew gleich getötet wurde, dann – was dann? Nichts würde mehr auf seine Unschuld hinweisen, außer unser Wort. Und wer nahm schon vier minderjährige Hexen und Zauberer ernst?
Ich sah Harry flehentlich an. In seinem Gesicht sah ich die gleiche Erkenntnis. Aber wieso tat er denn nichts?
So gern ich es auch wollte, ich durfte sie nicht aufhalten. Harry schon. Sein Leben war durch diesen Verrat wesentlich mehr beeinflusst worden als meins.
Harry sah mich an. In seinen grünen Augen stand eine Frage. Ich nickte und er verstand.
Gerade als Sirius und Lupin den Fluch aussprechen wollten sprang Harry vor Pettigrew.
„Stopp! Sie sollten ihn nicht töten.“
Verblüfft starrten die zwei ihn an.
„Wenn er tot ist, gibt es keinen Beweis dafür, dass Sie unschuldig zwölf Jahre in Askaban gesessen haben“, erklärte Harry Sirius.
„Harry, dieser Feigling ist der Grund, warum du keine Eltern mehr hast“, sagte der. „Er hätte auch dich ohne mit der Wimper zu zucken verraten. Du hast ihn gehört, seine eigene Haut ist ihm mehr wert, als die deiner ganzen Familie.“
„Ich weiß. Aber er soll nach Askaban. Wenn es jemand verdient, dort zu sitzen, dann er. Wie siehst du das?“ Fragend sah Harry mich an. Ich nickte.
„Harry!“ Pettigrew warf sich vor Harry auf den Boden. „Ich danke dir! Das ist mehr, als ich verdiene!“
„Das stimmt.“ Ich warf ihm einen angeekelten Blick zu. „Du bist Schuld, dass mein bester Freund keine Eltern hat und ich dieses Schuljahr gemieden wurde, wie die Pest. Nur Klassenkameraden, die mich seit dem ersten Schuljahr kannten, haben noch mit mir geredet. Alle anderen haben mich voller Angst und Hass angesehen!“ Die Verzweiflung, die sich das ganze Schuljahr über angesammelt hatte, brach aus mir heraus. „Ich konnte es ihnen nicht einmal wirklich übelnehmen – wer will schon etwas mit der Tochter eines Massenmörders zu tun haben? Und nun zu erfahren, dass alles ganz anders ist … es ist unbeschreiblich. Ich habe mich schuldig gefühlt, nachdem wir das Gespräch in Hogsmeade belauscht haben, wo gesagt wurde, dass er –“ Ich zeigte auf Sirius „– Harrys Eltern verraten hat. Ich konnte nicht glauben, dass Harry noch etwas mit mir zu tun haben wollte. Und ich habe mir geschworen, wenn Harry Rache will, werde ich ihn nicht aufhalten.“
Ich verstummte abrupt. Solche Ausbrüche sahen mir nicht ähnlich. Wenn ich Kummer oder Sorgen hatte sprach nie mit anderen darüber. Ich wollte niemanden damit belästigen.    
„Ich habe das nicht gesagt, um dir einen Gefallen zu tun“, sagte Harry an Pettigrew gewandt. „Ich tue es, weil ich glaube, dass mein Vater nicht gewollt hätte, dass seine besten Freunde zu Mördern werden – nur wegen dir. Und ich tue es für Melania.“ Mit einem traurigen Lächeln sah Harry mich an. „Glaubst du, wir haben nicht bemerkt, wie schlecht es dir ging? Und wie sehr du gelitten hast? Wir wollten dir helfen, aber es ist gar nicht so einfach jemanden zu helfen, der nicht will, dass man ihm hilft.“
„Also – Askaban?“, brachte Lupin unser Gespräch wieder zum eigentlichen Thema zurück. Harry und ich nickten.
Also wurde Pettigrew gefesselt, Rons Bein wurde geschient und Snape wurde so verzaubert, dass er ein paar Zentimeter über dem Boden schwebte.
„Zwei von uns sollten sich an das hier ketten“, sagte Sirius und stieß Pettigrew mit seinem Fuß an. „Nur um sicherzugehen.“ 
„Das mache ich“, sagte Lupin.
„Und ich.“ Ron betrachtete Pettigrew mit dem größten Ekel. Krätzes wahre Gestalt schien er als persönliche Beleidigung zu sehen. Konnte ich gut verstehen.

Melania Black - Schatten der VergangenheitWhere stories live. Discover now