~V.~

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Als der letzte Mann weg war, ließ ich meine Klinge triumphierend durch die Luft sausen, als sie auf etwas Hartes traf, sodass es metallisch klirrte. Verwirrt zog ich meinen Dolch zurück. Es waren doch alle geflohen, oder? Aus dem Schatten trat der dunkel gekleidete Elb, der mich schon bei meiner Ankunft beobachtet hatte. „Wer seid Ihr, dass Ihr anscheinend das Recht habt, mir nachzuspionieren?", fragte ich herausfordernd.

„Ihr habt gut gekämpft", bemerkte er und überging damit meine Frage. „Übungssache", erwiderte ich leichthin.

„Aber Ihr habt gegen Menschen gekämpft. Gegen einen Elb habt Ihr gewiss keine Chance."

Angriffslustig zog ich meinen zweiten Dolch. „Ach, und Ihr wollt es wohl darauf anlegen, es zu testen?", meinte ich spöttisch.

„So ist es, My Lady", antwortete er und zog sein Breitschwert. Ich fragte mich, wer er war, dass er wusste, dass es sich bei mir um eine Frau handelte. Noch dazu wusste er anscheinend, dass ich eine Elbin war.

Wir umkreisten uns einige Momente auf dem vom Mond beschienenen Platz. Jeder unserer Schritte wirbelte Staub auf. Es hatte lange Zeit nicht mehr geregnet. Mein Gegenüber war schwarzhaarig, für einen Elben ungewöhnlich, hatte aber die gleiche, blasse Hautfarbe wie alle anderen. Sein dunkler Umhang war an seinem Saum schlammig, wahrscheinlich war er auch schon etwas unterwegs. Womöglich war er mir schon seit dem Wald gefolgt. Der Gedanke ließ mich schaudern.

Plötzlich schnellte er nach vorn und schlug mit dem Schwert in meine Richtung. Ich keuchte auf, weil ich es gar nicht erwartet hatte, konnte den Schlag aber ohne Mühe parieren. Danach hieb er mehrmals nacheinander auf mich ein, mit Drehungen dazwischen. Auch sie konnte ich problemlos abwehren. „Ihr kämpft gut." Doch dann war ich einen Moment unaufmerksam, weil mir gegenüber in den Büschen ein Reh aufsprang. Dieser Moment kam ihm wie gelegen. Er drückte mich gegen die Hauswand und ich spürte die Schneide seines Schwertes an meiner Kehle. „Aber nicht gut genug.", flüsterte er mir ins Gesicht. Ich wand mich in seinem Griff, doch er hielt mich eisern fest. „Lasst mich frei. Ihr wolltet nur gegen mich kämpfen. Was wollt Ihr von mir?" „Das fragen viele. Und immer lautet meine Antwort: Mein Auftrag lautet nur, Euch lebend, aber gefesselt und geknebelt nach Minas Tirith zu bringen." „Was wollen sie von mir? Und vor allem warum?", wisperte ich ängstlich. „Ich bin nur im Auftrag..."

Auf einmal erklangen dumpfe Huftritte, die in den engen Gassen widerhallten. Ein riesiger Schatten kam auf uns zu. Vor Schreck ließ mich der Elb einen Moment los. Ich nutzte die Chance und riss mich los. Als mein weißer Hengst um die Ecke kam, sprang ich erleichtert auf. „Gut, Nocturîan, gerade noch rechtzeitig. Und jetzt lauf!", flüsterte ich meinem Hengst zu und er preschte in die Nacht.


Der Wandel ist nun nicht mehr aufzuhalten (Lotr-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt