Kapitel 35 - Das mit: »Endlich wieder das Leben in den Griff bekommen!«

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Auch in den nächsten Tagen isolierte ich mich vollkommen von der Außenwelt. Meine beste Freundin erkundigte sich ein paarmal nach meinem Wohlbefinden, ich log sie weiterhin an. Die Entscheidung meines Jobs betreffend hatte ich bereits getroffen. Ich wollte auf keinen Fall weiter mit James zusammenarbeiten. Und erpressen ließ ich mich schon gar nicht von meinem Chef. Daher machte ich meine schriftliche Kündigung fertig, die ich am Freitag, also morgen, persönlich vorbeibringen wollte. Dies gab mir gleichzeitig die Gelegenheit meinen Schreibtisch leer zu räumen. Bei jeder Möglichkeit durchstöberte ich Jobbörsen oder die Zeitungen. Bei einigen Verlagen hatte ich meine Bewerbung schon eingereicht, wartete aber noch auf Antwort. Ein paar Monate würde ich noch mit meinem Ersparten auskommen, auf die Dauer war das allerdings keine Lösung. Und den ganzen Tag zu Hause rumsitzen und nichts tun kam für mich auf langer Sicht nicht in Frage.

Matt schreib mir nach wie vor. Mir tat es in der Seele weh ihm nicht zu antworten. Doch bevor ich mein eigenes Chaos nicht im Griff hatte, musste unsere Romanze darunter leiden. Durch Lizzy schien er erfahren zu haben, dass ich krank bin. Was vermutlich auch der Grund war, weswegen er noch nicht vor meiner Tür gestanden hatte.

Was meine Mutter betraf hatte ich vollkommen richtig vermutet. Bei ihrem letzten Anruf ist es nicht geblieben und so hatte ich bei ihrem fünften Versuch widerstrebend abgenommen. »Marie Rose Wattson! Was fällt dir eigentlich ein meine Anrufe zu ignorieren? Hatte ich dir nicht bessere Manieren beigebracht? Ich hatte mir langsam schon Sorgen um dich gemacht...«, stürmte sie auch gleich auf mich ein. Damit war zu rechnen. »Tut mir leid, Mum. Aber ich habe mir diese fürchterliche Grippe eingefangen und liege seit Tagen im Bett.« Doch wie gedacht ließ Olivia Wattson sich nicht beirren. »Immer diese Ausreden, trotz Krankheit kann man doch an sein Telefon gehen. Ich versteh dich einfach nicht, Kind. Aber wozu ich eigentlich anrufe... Bleibt es bei unserem Dinner am Samstag? Du hast mir immer noch nicht Bescheid gegeben, ob ich Matthew nun mit einplanen soll. Ich muss doch wissen, wie viel ich vorbereiten soll...« Dieses blöde Essen. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Ob Matt nach den letzten Tagen überhaupt noch mit mir dahingehen wollte? »Matt weiß noch nicht, ob er es Samstag schafft. Leider ist so viel Arbeit liegengeblieben...« Das mit dem Lügen machte ich echt gut und fühlte mich gleichzeitig hundsmiserabel. »Ohh, ich hoffe, er schafft es vielleicht doch noch. Ich plane ihn einfach mit ein. Und falls doch etwas übrigbleibt, können wir den Rest ja einfrieren...« So war meine Mutter nun mal...

Wie konnte es bloß soweit mit mir kommen? Kam ich je aus diesem ganzen Lügenkonstrukt wieder heraus? Bestimmt nicht, wenn ich immer weitere erfand. Daher nahm ich all meinen Mut zusammen und schrieb Matt endlich zurück.



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Hi Matt. Hättest du heute Abend Zeit? - Marie
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Sekundenlang verharrte mein Daumen auf dem Senden-Symbol. Doch ich war ihm die Wahrheit schuldig. Vielleicht half es auch meiner Seele sich jemandem anzuvertrauen. Seine Antwort ließ allerdings auf sich warten. Hatte ich ihn doch vergrault? Panik erfasste mich. Was, wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte? Als es sich dem Abend zuneigte und ich immer noch keine Antwort von ihm bekam, begann ich bereits die Hoffnung aufzugeben. Allem Anschein nach schien ich den Mann den ich liebte verloren zu haben. Verdammt. Noch ein Grund mehr in meinem Selbstmitleid zu zerfließen. Langsam reichte es! Ab Morgen werde ich mein Leben wieder in den Griff bekommen.

...

Lange nach dem ich zu Bett gegangen bin wurde ich durch etwas geweckt. Blinzelnd öffnete ich die Augen und nach einem Blick auf den Wecker stellte ich fest, dass es nach Mitternacht war. Da ich nichts weiter vernahm, schloss ich sie wieder und versuchte einzuschlafen. Da war dieses Geräusch plötzlich schon wieder. Es klopfte an meine Haustür. Wer könnte das um diese Uhrzeit bloß sein? Ich schwang also meine Beine aus dem Bett, warf meinen Morgenmantel über und ging zur Tür. Da es seit dem nicht noch einmal geklopft hatte, wartete ich. Doch der ungebetene Besucher wollte wohl nicht aufgeben. Ich öffnete die Tür einen kleinen Spalt, um sie in der Not schnell schließen zu können. Doch vor mir stand Noah, mit dunklen Schatten unter den Augen, die ersten Knöpfe am Hemd geöffnet, mit einer Alkoholfahne die sogar Tote wecken konnte. Na klasse.

Unendliche LustWhere stories live. Discover now