4. Kapitel

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«Ihr kommt alle in die Erste?», fragte Jeremys Freund. Jessie, das dritte Mädchen und ich nickten.

«Mädels, das ist mein bester Freund Marcus. Marcus, das ist meine Schwester Jessie, das ist Adrienne, sie ist eine Muggelstämmige», stellte Jeremy uns vor. Flint verzog verächtlich den Mund und ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass er zu den Personen gehörte, die etwas gegen Leute hatten, die nicht aus einer Zaubererfamilie stammten. Jeremy sprach weiter ohne etwas zu bemerken: «Und das ist ... Wie heisst du eigentlich?», fragte er das Mädchen mit den schwarzen Locken.

«Ich bin Alicia», sagte sie und sprach damit das erste Mal, seit sie sich in unser Abteil gesetzt hatte.

Flint musterte uns der Reihe nach: «Und was glaubt ihr, in welches Haus ihr kommt?»

«Natürlich nach Slytherin!», erklärte Jessie selbstsicher.

Alicia wirkte wie Jessies komplettes Gegenteil: «Ich weiss nicht. Ich glaube meine Eltern wären glücklich, wenn ich nach Gryffindor oder Ravenclaw komme. Mein Dad war in Gryffindor, meine Ma in Ravenclaw. Ich glaube Hufflepuff wäre auch noch okay für sie, aber ich weiss nicht, was sie sagen, wenn sie mich nach Slytherin stecken.»

Flint schnaubte abfällig.

«Ist es denn so wichtig, in welches Haus man kommt?», fragte ich.

«Oh, keine Sorge. Du landest bestimmt bei den anderen Flaschen in Hufflepuff», stichelte Flint. Was hatte ich ihm getan, dass er mich so behandelte?

Das Gespräch versandete und schliesslich begannen Jeremy und Flint über Quidditch zu fachsimpeln. Ihrem Gespräch konnte ich gerade so viel entnehmen, um mir zusammenzureimen, dass es sich bei diesem ominösen Quidditch um irgendeine Sportart handeln musste.

«Nimm es dir nicht so zu Herzen», flüsterte mir Jessie ins Ohr, «Flint ist ein Idiot. Und es stimmt nicht, dass die Hufflepuffs Flaschen sind. Meine Mum war auch in Hufflepuff bevor sie – nun ja, bevor sie gestorben ist.»

«Oh, das tut mir leid», sagte ich.

Jessie winkte ab: «Du kannst nichts für. Und ausserdem ist es schon ewig her. Ich kann mich nicht einmal mehr richtig an sie erinnern. Kannst du dich noch an deinen Vater erinnern?»

Betrübt schüttelte ich den Kopf. Ich wollte nicht schon wieder an meinen Vater denken, nicht nachdem ich mich erst gerade mit Ma über ihn gestritten hatte.

Jessie schien zu spüren, dass das ein schlechtes Thema war, denn sie verwickelte jetzt Alicia in ein Gespräch. Schweigend starrte ich aus dem Fenster und beobachtete, wie die Skyline von London am Horizont verschwand und wir nun durch eine Landschaft aus saftigen Wiesen und kleineren und grösseren Dörfern und Städten fuhren. Schliesslich wurden auch die Ortschaften weniger und die Wiesen begannen zu sanften Hügeln anzusteigen.

«Wie lange dauert es eigentlich, bis wir in Hogwarts ankommen?», fragte ich.

«Noch eine Ewigkeit», liess Jeremy mich wissen, «Wir sind erst gegen Abend dort.»

Kurze Zeit später kam eine pummelige Hexe vorbei, die einen Imbisswagen vor sich herschob und öffnete die Abteiltür. «Eine Gefälligkeit vom Wagen, ihr Lieben?», fragte sie.

Alicia, Jessie, Jeremy und Flint kramten bronzene Knuts und silberne Sickeln hervor und bedienten sich grosszügig an den dargebotenen Waren.

Als die Hexe mich fragte, ob ich auch etwas wolle, lehnte ich dankend ab. Ich hatte nicht daran gedacht, meine Ma um Taschengeld zu bitten. Einen kleinen Rest Schokolade vom Bahnhof hatte ich zum Glück noch vorrätig. Den holte ich jetzt heraus und schob mir ein Täfelchen in den Mund, während die anderen ihre Süssigkeiten öffneten.

Unausgesprochene Geheimnisse - Adrienne Seanorth (HP FF)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora