Vertrauter Feind

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Vertrauter Feind

Als ich meine Wohnung erreichte, verriegelte ich sofort die Tür hinter mir und rang einen kurzen Moment lang nach Atem. Mit jedem Meter, den ich mich weiter vom Hotel entfernt hatte, war meine Fassung mehr zurückgekehrt und ich hatte Mühe, unter dem ganzen Ballast der Emotionen nicht zusammenzubrechen.
Greg hatte mehrmals versucht mich zu erreichen, aber ich hatte mein Handy auf stumm gestellt. Ich war nicht im Stande, meinem Partner jetzt den Grund zu erklären und obwohl ich wusste, dass er diesbezüglich gerade wahrscheinlich durchdrehte, so war es eindeutig besser für ihn, wenn er nicht Bescheid wusste.

Meine Gedanken kehrten zu meinen Freunden zurück, die immer noch spurlos verschwunden waren und ich betete inständig, dass es ihnen gut ging. Ich war kurz davor selbst durchzudrehen, denn ich war wütend auf mich selbst, dass ich sie nicht zu diesem Maskenball begleitet hatte.
Der Maskenball! Auf einmal wurde mir klar, dass ich an einem Ort noch nicht nach ihnen gesucht hatte und wenn ihnen wirklich etwas passiert war, dann war der Ort des Maskenballs wohl die beste Spur, die ich möglicherweise hatte.

Ich eilte schnell ins Schlafzimmer, um mir etwas anderes anzuziehen, da meine Klamotten vom Tatort noch völlig blutverschmiert waren. Als ich ins Schlafzimmer kam, öffnete ich bereits meinen Kleiderschrank, als ich ein instinktives Gefühl verspürte: ich war nicht allein!
Langsam wanderte meine Hand zu meiner Dienstwaffe und ich lud sie augenblicklich durch, nachdem ich sie aus der Halterung gezogen hatte. Wachsam, aber auch etwas von Panik erfüllt, sah ich mich um, doch im Schlafzimmer war niemand, weshalb ich mich ins Wohnzimmer begab. Dort konnte ich ebenfalls niemanden entdecken, aber mein Gefühl hatte mich noch nie getäuscht. Und als ich auf einmal Schritte hinter mir vernahm, drehte ich mich augenblicklich rasant um und richtete meine Waffe auf den ungebetenen Gast.

Dieser entpuppte sich jedoch als mein Verlobter Ezra, der sofort die Arme zur Verteidigung hob und mich vollkommen entsetzt ansah.

,,Evelyn...was tust du denn da? Ich bins doch nur!", sagte er und mir fiel ein Stein vom Herzen, während ich die Waffe langsam sinken ließ.

,,Gott, Ezra...du hast mich zu Tode erschreckt!"

,,Entschuldige...das wollte ich nicht.", erwiderte er und ich legte meine Waffe auf die Kommode, ehe ich ihn völlig durch den Wind ansah.

,,Was machst du überhaupt hier? Ich dachte, du wärst in Venedig."

,,Das Geschäft hat nicht so lange gedauert, wie ich angenommen hatte, deshalb habe ich den Nachtflug genommen. Ich bin eben erst angekommen!", erklärte er und ich nickte verständlich.

,,Ach, so!"

Langsam normalisierte sich meine Atmung wieder und ich war einfach nur froh, dass es Ezra war, der in meiner Wohnung stand. Aber je mehr ich mich diesbezüglich entspannte, desto mehr drohte ich auch, an den Ereignissen zusammenzubrechen. Ezra sah mich nun plötzlich mitfühlend an und schien mehr als besorgt zu sein.

,,Evie...sag mal...stimmt das? Greg hat mich eben gerade angerufen...ist es wahr? Deine Tante...sie ist...", setzte er an und ich nickte niedergeschlagen.

,,Ja! Sie wurde ermordet."

Ein paar Minuten später saß ich auf dem Sofa, als Ezra mit einem Glas Wasser zu mir zurückkehrte und es mir reichte. Mitgenommen nahm ich es entgegen und zwang mich selbst, etwas zu trinken, obwohl ich im Moment gar nicht an Essen oder Trinken denken konnte. Meine Gedanken und Gefühle waren ein einziges Chaos und ich bemühte mich die ganze Zeit, nicht vor Ezra zusammenzubrechen.
Der sah mich immer noch mitfühlend an und ich konnte ihm ansehen, dass er ebenfalls erschüttert von den Neuigkeiten war. Und dabei hatte Ezra meine Tante ja nicht einmal gekannt.

Sherlock - Das Spiel des TodesTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang