42.Ende

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Kalt.
Es ist schrecklich kalt.
Ich probiere alles aus, was mein Körper zu ließ und anscheinend kann ich gerade nur meine Augenlieder öffnen und in ein grelles Licht blicken.

Meine Fingerkuppen signalisieren, dass etwas weiches unter meiner Hand ruht.
Ich öffne meine Augen weiter und sehe mich um.
Ich befinde mich zu meiner Enttäuschung in einem Raum, denn eigentlich hoffte ich, dass ich im Himmel wäre.

Ich sehe alles verschwommen und unklar.
Doch ich höre ein Piepsen mehrerer Geräte und komme nach einigen Sekunden darauf, dass ich mich womöglich im Krankenhaus befinde.
Bei der Erkenntnis, fängt meine Schläfe an zu pochen und mein Kopf fühlt sich so an als würde er explodieren.

Alles dreht sich.
Ich liege im Bett, zugedeckt von einer weißen Decke und es riecht komisch.
Ich fühle mich so als wäre ich im Verderben.
Links neben mir ist ein brauner Stuhl, der leer steht.
Rechts ein Nachttisch mit mehreren Gegenständen, die ich nicht zuordnen kann.

Es befindet sich ein kleines Fenster, dessen Gardinen zu gezogen sind, weit links von mir.
Daneben liegt ein leerstehendes Bett.

,,Frau Yildiz, sie sind wach.", höre ich eine leise Stimme sagen.
Eine kleine, zierliche Frau steht an der Tür, die ganz nach einer Krankenschwester aussieht.
Ich ignoriere diese Erscheinung und erkunde mit meinen Augen, meine Umgebung.
An meinen Händen sind Infusionen angebracht, die an Geräten neben dem Bett verbunden sind.

Das EKG zeichnet kleine dünne Linien, die warscheinlich meine Herzfrequenz anzeigt.
Mein Herz schlägt also tatsächlich.
,,Guten Abend, Frau Yildiz. Wie geht es ihnen?", fragt ein weit aus tiefere und lautere Stimme.
Ein Mann mit weißem Kittel bewegt sich langsam in meine Richtung, mit einem Klemmbrett in der Hand.

So sehr ich es auch versuche, ich bringe kein Wort heraus. Der Schock sitzt einfach zu tief.
,,Ist schon gut. Strengen Sie sich nicht zu sehr an.", sagt der Arzt und setzt sich auf dem Stuhl, neben mir.
Er gibt das Klemmbrett der Krankenschwester.

,,Sie haben viel durchgemacht, Frau Yildiz. Also ist es wichtig, dass sie sich ausruhen.", beginnt der Arzt.
Ich suche die Stelle, an meinem Arm, die ich eingestochen habe jedoch sah ich nur einen Verband darum gewickelt.
Etwas scheint mich zu bedrücken.
Dieser Schmerz in meiner Brust bildet sich erneut doch ich kämpfe mit aller Kraft um zu atmen.

,,Beruhigen Sie sich.", spricht er auf mich ein.
,,Nein, ich will nicht mehr."
Ich höre mich selbst kaum, lasse Tränen zu und gab den Kampf auf.
Ich habe keine Kraft mehr.
,,Bitte helfen Sie mir.", flehe ich den Arzt an.
,,Ich werde Ihnen ganz sicher helfen aber sie müssen sich beruhigen. Es ist alles gut. Sie sind in Sicherheit "

,,Jemand möchte Sie besuchen."
Die Krankenschwester steht ratlos am Türrahmen.
,,Sein Name?", fragt der Arzt.
,,Vladislav Balovatsky."

,,Nein. Er soll gehen. Er soll sich nie wieder Blicken lassen. ER SOLL GEHEN."
Ich kann mich selber nicht erkennen.
Ich wirke wie eine verrückte Frau doch dieser Name löst Angst und Hass aus.

,,Schicken Sie ihn raus.", befielt der Arzt der Krankenschwester, die mit einem Nicken aus dem Zimmer geht.
,,Er ist weg. Beruhigen sie sich bitte."
,,Ich kann mich nicht beruhigen!", schreie ich den Arzt an.
,,Wir machen es so, Frau Yildiz. Erzählen Sie mir alles und ich werde sehen was ich tun kann."

Ich schüttle meinen Kopf.
,,Ich vetraue keine Menschen mehr.", sage ich entschieden.
,,Aber Frau Yildiz, so kann ich Ihnen helfen.", erwidert er.
,,Nein."

Der Arzt steht auf und geht aus dem Zimmer.
Kurz danach kommt eine Frau mittleren Alters hinein.
Sie hat etwas mütterliches an sich denn sie lächelt freundlich als sie mich sieht.
Ihre braunen Haare, die mit grauen Strähnen übersäht waren, hingen in einem lockere Dutt.
Sie hat kleine Falten, die sie aber nur sympatischer machten.

Trotzdem wirkt sie sehr dünn als sie sich auf den Stuhl neben mich setzt.
,,Ich bin Frau Klein.", stellt sie sich vor und reicht mir ihre Hand.
,,Ich will mit Ihnen ehrlich sein, ich bin eine Psychologin und bin hier um ihnen zu helfen. Ich kann verstehen, Sie haben viel erlebt und wollen das so schnell es geht vergessen aber ich muss sie ein letztes Mal bitten, ihre Geschichte zu erzählen."

,,Das geht nicht.", weigere ich mich.
,,Was Sie mir auch immer sagen werden, Frau Yildiz, bleibt unter uns. Auf ihre Bitte kann ich auch die Polizei verständigen. Nur so kanm ich Ihnen helfen."

Ich starre sie nur an bis sie nach gibt.
,,Nun gut. Ruhen Sie sich aus. Morgen werden wir sehen.", sprach sie leise.
Doch sie rührt sich nicht von der Stelle.
,,Ich will, dass Sie eines wissen. Eine Frau und zwei Männer, die anscheinend an ihrem Selbstmordversuch Verantwortung tragen, wurden verhaftet. Sie haben schnell gestanden und es bleibt abzuwarten welche Strafe sie kriegen."

Auch diese Nachricht ließ mich kalt und prallte nur an mir ab. Sie nahm wieder das Wort:

,,Sie haben überlebt und dafür sollten sie dankbar sein. Es sollte so sein, dass man Ihnen ihr Leben zurück gibt. Sie müssen weiterleben obwohl es schwer ist aber das Leben ist so, Frau Yildiz. Sie werden Höhen und Tiefen erleben aber lassen sie sich nie demotivieren, weiterzuleben. Es gibt immer eine Rettung und man sollte nie aufhören zu kämpfen.
Bitte seien sie vorsichtig und versuchen am Besten Distanz von all dem zu finden-"

,,Ähm, ich bitte um Verzeihung, dass ich störe aber sehen sie sich das mal an.", unterbricht der Arzt Frau Klein, die mich entschuldigend anlächelt und zu dem Arzt geht.
Er zeigt ihr das Klemmbrett und zeigt mit einem Stift auf etwas während er ihr etwas zuflüstert.
Frau Klein schaut erstaunt und besorgt auf die gezeigte Stelle
,,Wir sagen es ihr am Besten jetzt.", flüstert Frau Klein.

Schlimmer kann mein Leben nicht sein also bin ich auf alles gefasst.

Frau Klein läuft auf mich zu, setzt sich auf mein Bett und atmet hörbar aus.
Der Arzt gibt ihr das Brett und sie gibt es mir weiter.
,,Sehen Sie das?", fragt Frau Klein und zeigt auf ein schwarz graues Röntgenbild.
Man kann wenig erkennen doch ich erblicke etwas worüber ich mich irren muss.

,,Frau Yildiz sie sind schwanger."

,,Als sie in das Krankenhaus eingeliefert wurden, kam mir bei der Untersuchung etwas merkwürdig vor. Ich ließ es direkt genauer untersuchen und wir kamen zu dem Entschluss, dass sie ein Kind erwarten. Die Röntgenbilder bestätigen unsere Vermutung. Zuerst hatten wir große Angst um das Kind da sie viel Blut verloren hatten doch bisher hat ihr Kind das einigermaßen gut überstanden. Es gab eigene Komplikationen und wir mussten einige Medikamente die notwendig wären aufgrund des Kindes, abstellen aber zum Glück geht es euch beiden ja gut.", erzählt der Arzt.

Der Arzt wartet auf eine Antwort doch verlässt schnell das Zimmer nachden er keine bekam.
,,Ist Herr Balovatsky der Vater?", fragt mich Frau Klein.
Ich nicke.
Er muss es sein.

Ich mache Anstalten aufzustehen doch Frau Klein drückt mich zurück.
,,Ich muss zu ihm.", fauche ich sie an.
,,Nein."
Ich sehe zu meinem Bauch mit dem Gedanken, dass da ein Kind ist.
Ein Kind, das lebt.
Mein Kind.
Unser Kind.

Ich reiße die Infusionen aus meiner Hand und laufe mit wackligen Beinen zur Tür.
Irgendwie können mich meine Beine schnell zur Tür bringen obwohl sie sich anfühlen als würde sie gleich zusammen brechen.
Ich reiße die Tür auf, trete hinaus und sehe nach rechts zu den vielen Stühlen der wartenden.

Eine magere Gestalt, mit zerzausten Haaren und bleichem Gesicht sitzt auf dem ersten Stuhl.
Vladislav sieht mich, springt auf und rennt beinahe zu mir. Er haltet mich fest bevor mich die letzte Kraft verlässt.
Seine Hände umschließen meine.
Er sieht mich mit feuchten Augen an und küsst vorsichtig meine Hände, als würde ich gleich zerbrechen.
,,Ich bin schwanger.", bringe ich hervor.

Er hört auf meine Hände zu küssen und starrt mich nun an.
Ich nehme seine Hand und lege sie auf mein Bauch.
Er sieht zu seiner Hand und dann wieder hoch zu mir.
,,Das ist unser Kind.", schluchze ich hervor.
,,Du bist der Vater.", füge ich noch schnell hinzu.

,,Frau Yildiz sie müssen zurück in ihr Bett.", drängt mich der Arzt.

,,Frau Yildiz!", ruft Frau Klein.

Vladislav strich mit seiner Hand über mein Bauch, lächelte und eine Träne floss sein Gesicht hinunter.
Ich fing an heftig zu weinen weil mein Traum in Erfüllung ging.

Danke

                            ENDE

Sollte so sein || Capital BraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt