Kapitel 15

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Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es in meinen Raum und staunte nicht schlecht als ich die ganzen Wasserfälle, die Wiese und die Brunnen in dem Raum sah. Das war um weiten nicht der größte Trainingsraum, doch ich mochte die Atmosphäre. Der ganze Raum strahlte solch eine Ruhe, Gelassenheit und Kühle aus, dass ich ein wenig fröstelte. Bedächtig ging ich in die Halle und eine Frau mit schwarzen offenen Haaren, einem leichten dunklen Teint, so um die Mitte 50, kam auf mich zugeeilt. „Oh Hallo, Mäuschen. Schön dich kennenzulernen. Ich bin Madame Rowntree, deine Lehrerin. Und du musst sicherlich die neue Schülerin sein, oder?" Ihre Stimme war sehr hoch und leicht quietschend. „Ähm- Hallo. Ja, genau. Ich bin Pippa, Prinzipal Northtrop teilte mich ihrer Gruppe zu." begrüßte ich die Frau und ließ meinen Blick zu den anderen Schülern gleiten. Mit mir waren noch circa zehn weitere Schüler im Raum auf Meditationssitzen verteilt und ich wurde mit abschätzenden Blicken gewürdigt. „Setz dich doch einfach auf einen freien Hocker und dann beginnen wir gleich!" Kaum das ich saß, warf Madame Rowntree schon Befehle um sich und ich spickte bei meinen Nachbarn was sie machten.

„Schließt eure Augen und konzentriert euch. Stellt euch das Wasser vor, wie es durch eure Hände fließt und wie es sich dort dann zu einer Kugel formt. Spürt ihr die Kühle? Fühlt die Ruhe und die Kraft die durch eure Adern fließt und sich auf das Wasser übertragen. Lasst euch einfach von eurem Element und euren Gefühlen leiten." wies uns Madame Rowntree mit ihrer hohen Stimme an. „Sehr gut, Alicia. ... Wunderbar, Cornelius! Ihr habt schon so viel gelernt!" lobte sie alle Schüler und das ließ mich schnell die Augen öffnen, sodass ich sehen konnte was die Anderen gerade machten. Kleine Wasserkugeln flogen knapp über den Händen meiner Mitschüler. Anfangs war ich noch etwas überfordert, aber nach einem tadelnden Blick von seitens Madame Rowntrees schloss auch ich die Augen wieder und versuchte ihre Befehle – so wie die anderen – um zu setzten. Mit mehr Anstrengung als erwartet versuchte ich etwas in mir zu spüren und ich stellte mich bildlich vor, wie auch über meinen Händen Wasserkugeln schweben sollten. Doch es reichte mir nicht. Ich wollte mehr. Und plötzlich war es wie ein Rausch oder ein Verlangen nach etwas was ich gefühlt mein ganzes Leben schon misse. Das Wasser gab mir eine Stärke, die ich von mir selbst kaum kannte, naja außer wenn meine Wut mit mir durchging. Ich spürte gefühlt jedes einzelne Wassermolekül im Raum -wirklich jedes - und war wie ein Teil davon. Ich ließ mich von diesem Gefühl leiten und gab jegliche Kontrolle ab. Erst als ich meiner schützenden Blase herausgerissen wurde, als jemand wild an meinem Arm zerrte, schlug ich meine Augen wieder auf. „-ippa! Pippa? Hörst du mich? Meine Güte!" Ich starrte in die vor Schock weit aufgerissenen Augen meiner Lehrerin, die noch weitere Worte vor sich hin stammelte, aber meine Aufmerksamkeit rückte von ihr auf die verängstigten Gesichter meiner Mitschüler, die mich mit gebührenden Abstand misstrauisch beäugten und hinter vorgehaltener Hand miteinander tuschelten. „Was war das? Was ist passiert? Warum unterbrechen sie die Stunde?" erkundigte ich mich mit leicht zitternden Stimme und stand mühevoll auf. „Hast du schon mal mit dem Wasser geübt, Pippa?" fragte sie mich eindringlich und packte mich links und rechts jeweils an der Schulter. Überfordert zuckte ich nur mit den Schultern und schüttelte den Kopf. „Okay, ich werde mich um alles kümmern! Geh nun bitte. Ich sag deinem nächsten Lehrer Bescheid, dass du eher zu ihm kommst. In 20 Minuten dann. Du kannst dann gehen! Dein restlicher Unterricht ist für heute ausgesetzt!" Verwirrt schaute ich zu Madame Rowntree, die hektisch umher irrte und irgendetwas vor sich hin murmelte und mich mit einem seltsamen Blick bedachte. Trotzdem verließ ich eilig den Raum und wartete, auf einer Bank sitzend, auf meinen nächsten Lehrer. Tausende Fragen quälten mich und auf keine wusste ich eine Antwort, doch eines wusste ich: Ich liebte dieses Gefühl nach Macht. Jetzt im Nachhinein, machte mir dieses Gefühl aber ein wenig Angst, denn ich hatte es noch nie in diesem Ausmaß gefühlt! Ein Räuspern war zu hören und ich schaute betreten auf. „Ha-hallo." stotterte ich fahrig und beäugte den Mann der vor mir aufragte. „Guten Tag. Mein Name ist Galen Stravos Dowrich, aber ihr könnt mich gerne Galen nennen, Philippa. Ich werde mit ihnen sowohl ihr Element Feuer als auch ihr Element Zeit austesten und sie schließlich einstufen, in wieweit sie ihre Gabe beherrschen und nutzen können. Wenn sie mir nun bitte folgen könnten?" fragte der ältere Mann mich und ich nickte nur perplex. „Also Philippa. Schon mal mit dem Feuer hantiert?" Er überrumpelte mich dieser Frage ja mal total und ich deutete ein leichtes Nicken an. „Ach ja? Erzählen sie mal!" forderte Galen auf. „Also, ähm- Mein Haar brannte auf einmal, als ich eine... ähm Auseinandersetzung mit Alexander, ähm Prinz Alexander, hatte." Warum spüre ich wie meine Wangen brennen? Erstaunt schaute er mich von der Seite an und nickte anerkennend. „Wirklich? Nicht viele trauen sich einen Streit mit dem Prinzen zu beginnen." „Ich wusste damals nicht, dass er ein Prinz war. Für mich war und ist er nur Alex." sagte ich salopp und ging wieder voran. Er nickte verstehend und bog in einen weiteren Raum mit rustikal, abgewetzten Steinen verkleideten Wänden, und von deren Decke Feuerschalen und brennende Fackeln hingen, ein. „Als erstes muss ich dir sagen, dass wenn man sein Element oder seine Fähigkeit, egal auf welcher Stufe, exzessiv nutzt, dass das einen großen Tribut vom Körper fordert. Das ist Hochleistungssport für unseren Körper und so müssen wir das ganze erst mal langsam trainieren und glaub mir, du wirst Muskelkater haben und mich verfluchen, aber nur so lernst du es." Ich nickte nur und dann ging es los. Ich stellte mich Galen gegenüber hin und wartete. Doch er musterte mich nur. „Kommen keine anderen?" erkundigte ich mich dann irgendwann neugierig als es ruhig blieb. „Nein. Ich soll mit dir alleine erstmal üben." sagte er schlicht und ich nickte nur. „Gut jetzt. Stell dich breitbeinig hin und mache meine Bewegungen nach. Wiege dich leicht von einem Fuß auf den anderen, ruhig und bedacht. Nicht so schnell! ... Ja genau. Jetzt erspüre deine Energie, wo dein inneres Feuer brennt!" Also, dem ersten Befehl konnte ich ja noch folgen, aber den zweiten? Welches Feuer in mir?? Da brennt nichts. „Lass dich einfach leiten. Denk nicht so viel nach. Das Feuer entspringt in deiner Seele. Du bist das Feuer, die Energie, die es antreibt. Aber pass auf: Feuer ist beweglich, eine Flamme erhitzt. Kann schützen, aber auch verletzten und zerstören. Es kann gefährlich werden, weshalb man wirklich dieses Element beherrschen und erlernen muss. Denk aber immer daran: Du steuerst das Feuer und nicht umgekehrt, verstanden? Das hier ist nicht wie beim Wasserbändigen etwas fließendes, das Feuer wird von deinen Emotionen und Gedanken genährt!" hielt er seinen Monolog und ich nickte nur schlicht, konzentrierte mich dann wieder auf meine Gefühle, denen ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Es brodelte unter der Oberfläche und wenn ich jetzt den Deckel öffnen sollte, würde alles raus strömen... und ich hatte mich gerade so gut im Griff! Trauer, Wut und Frustration überrollten mich und ich merkte die Hitze in mir aufsteigen. Da wieder dieses Kribbeln, doch dieses Mal kein freudiges, sondern etwas stürmischeres. „Gut! Konzentrier dich! Spür dein inneres Feuer!" wies mich Galen an und sah aufmunternd zu mir. Ich besann mich wieder auf die Hitze in mir, versuchte diese zu lokalisieren und alle nicht relevanten Empfindungen beiseite zu schieben. Trauer hat hier nichts zu suchen, trotzdem erfüllte sich mein Herz mit den verschiedensten Gefühlen und brachte mich so zum Ausbruch. Es war als würde mein Herz in Flammen stehen und mir die Kraft geben mein Feuer zu entfachen. Plötzlich erschreckte mich der Ausruf von Galen, der eine Mischung aus Überraschung und Erstaunen war. „Unglaublich!" Fassungslos schaute auch ich auf das Spektakel, dass ich mir selbst bot. Ein großer Feuerstrahl kam aus meiner Hand geschossen wie eine Fontäne und regnete dann in kleinen Funken auf dem Boden. „Sehr gute Selbstkontrolle! Und- und, ja. Ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der auf Anhieb solch eine starke Präsenz mit dem Feuer zeigte. Also, ehrlich Philippa, das ist mir noch nie vorher passiert!" raunte Galen mir immer noch baff zu. Ich widerrum, konnte kaum glauben was hier passiert. Erst das Wasser bändigen und jetzt auch das Feuer! Ich wollte es ja nicht glauben und habe mir vielleicht immer noch ein bisschen gewünscht, dass das alles nur ein schlechter Traum ist und ich jede Sekunde aufwache. Doch es ist wahr! Ich bin eine Arcani und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, wusste ich dies schon seit dem Moment als es Alex mir eröffnete.

Die Chroniken der Arcani - das GeheimnisWhere stories live. Discover now