Lucy

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Die Hinrichtungen hatten schon begonnen, als ich die Arena der Gerechtigkeit erreichte. Jeder einzelne Platz war besetzt, so wie jedes Mal.
Denn die Regierung zwang alle Bewohner in den Bereichen rund um die Arena, Zeugen der Massenhinrichtungen zu werden. Sogar Kinder mussten sich diese Grausamkeit mit ansehen.

Aber trotz der vielen Menschen war es totenstill hier. Keiner außer dem Verkünder des Urteils ergriff das Wort. In der Mitte der Arena stand ein Podest, von dem gerade ein schlaffer Körpef mit braunem Haar fort getragen wurde.
Jaron?!?, dachte ich sofort entsetzt, doch bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass der Körper viel zu klein und schmächtig war.
Es gab also noch Hoffnung, dass Jaron lebte. Schließlich war W ziemlich am Ende des Alphabets.
"Luke Verlac, du wurdest für schuldig befunden, gegen das Verbot des Lachens verstoßen zu haben. Die Strafe hierfür ist der Tod. Willst du, oder einer der Anwesenden, Einspruch dagegen erheben?", der Verkünder schaute sich nach Aufmerksamkeit heischend in der Menge um, doch natürlich wagte es niemand, etwas zu sagen. "Nein? Dann soll das Urteil nun vollstreckt werden."

Der Soldat, der Luke Verlac festgehalten hatte, stieß ihn grob zu Boden und zog seine Waffe.
Dann drückte er ohne zu zögern ab.

Ich zuckte zusammen, als der Schuss ertönte, und dann, erst dann, wurde mir bewusst, dass Jaron der Nächste war.

Nachdem sie auch den toten Körper von Luke weggebracht hatten, wurde Jaron von zwei Soldaten zum Podest gezerrt, denn er wehrte sich heftig, hatte mit gefesselten Händen abef keine Chance.
Der Regierungsmitarbeiter ergriff wieder das Wort: "Jaron Williams, du wurdest...."
Der Rest ging im lauten Rauschen meines Blutes unter. Als der Sprecher wieder in die Menge blickte, rief ich automatisch: "Ja, ich." Ich klang so stark und entschlossen. Was mich und die eintausend Menschen, die mich nun anstarrten, überraschte, war, dass ich überhaupt etwas gesagt hatte. Als Jaron mich erkannte, hörte er auf, sich zu wehren und wurde ganz bleich.

"Tu das nicht, bitte!", schrie er mir entgegen, als ich mich dem Podest näherte.
"Aber ich, ich kann doch nicht einfach zusehen, wie sie dich umbringen!"
Jedes bisschen Stärke war aus meiner Stimme gewichen und zurück blieb nichts als Unsicherheit. Jaron versuchte sich an einem Lächeln, das mich fast vergessen ließ, warum wir uns hier befanden.

Doch, Lucy, das kannst du. Ich wusste, dass es Konsequenzen haben würde, wenn ich zu den Protesten gehe." "Aber.... - Wieso hast du es dann getan?!?"
"Weil ich nicht will, dass du verstecken musst, wer du bist - dass du besonders bist."
"Aber...Wieso?!", schluchzte ich. Es ging einfach nicht in meinen Kopf hinein. "Ich, ich verstehe es nicht!"
Er blickte mir tief in die Augen: "Hör mir zu, Lucy. Sie wollen, dass jeder von uns gleich ist, ein Ebenbild des anderen. Äußerlich schaffen sie das vielleicht, indem sie uns zwingen, alle dasselbe zu tragen. Aber es geht ihnen gar nicht darum, wie wir aussehen, es geht ihnen darum, dass wir und innerlich unterscheiden.
Sie verbieten uns zu lachen, damit wir nicht zeigen können, wie einzigartig wir sind, weil sie Angst haben, sie wären im Vergleich zu uns nichts Besonderes.
Sie haben dir nicht nur verboten, zu lachen, sondern auch, zu zeigen, wer du bist.
Ich habe das getan, damit du wieder lachen kannst, ohne dafür sterben zu müssen."

"Aber jetzt stirbst du dafür!"
Ich wollte, dass er mir sagte, dass alles gut werden würde, dass wir gleich aus dieser Arena nach Hause gehen würden, aber stattdessen lächelte er nur traurig und meinte:

"Ich wünschte nur, ich hätte dein Lachen noch ein einziges Malgehört."
Langsam rann mir eine Träne über die Wange.

Dann fasste ich einen Entschluss und lachte.

Verbotenes LachenWhere stories live. Discover now