Vorweg: Ich mache jetzt auch hier auf Wattpad ANs (Author's Notes). Ihr sollt schließlich meinen vorangegangenen und abschließenden Schwachsinn lesen dürfen wie die Leute von Fanfiktion.de :P
Jetzt aber viel Spaß XD
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„Meine Königin, es ist alles angerichtet. Die letzten Speisen werden noch herbeigetragen."
Mala nickte, sah aber weiter starr auf das Meer hinaus.
„Meine Königin? Ich habe gesa-"
„Ich habe dich schon gehört, Trok", unterbrach sie ihn und seufzte, bevor sie ein Lächeln aufsetzte und sich zu ihm umdrehte. „Dann gehen wir mal."
Der Leibwächter nickte und die beiden liefen von den Klippen auf den Dorfplatz zu. „Was bedrückt Euch, meine Königin?"
Eine Weile sagte sie nichts, sondern lief nur geradeaus, bis sie schließlich sprach: „Zwei Jahre, Trok. Die Große Schlacht ist schon so lange her und ich habe mich noch nicht einmal bei ihm bedankt. Ich meine, er hat unseren Kampf ausgetragen. UNSEREN! Im Alleingang ohne unsere Hilfe, sondern mit der von Drachenjägern. Ausgerechnet Drachenjäger."
„Tja, im Angesicht dessen war seine Strafe doch etwas hart, meint Ihr nicht?", meinte Trok und verschränkte die Arme.
Mala seufzte. „Du weißt genau, dass ich keinerlei Wahl hatte. Jede weichere Strafe hätte nur meine Autorität untergraben. Und außerdem habe ich ihn nur aus dem Dorf verbannt, nicht von der Insel. Und selbst in unserem Dorf darf er sich am frühen Morgen und gegen Abend, teils sogar tagsüber unter bestimmten Konditionen aufhalten. Wir wissen beide, dass ich ihm in Folge seiner ständigen Verweigerung von eindeutigen Befehlen keine mildere Strafe geben konnte."
Ihr Leibwächter nickte. „Ihr habt wohl recht. Und außerdem veranstalten wir ja aufgrund seiner Taten heute ein Festmahl, bei dem er uneingeschränkt dabei sein darf", sagte Trok zustimmend.
Die Königin seufzte. Hicks' Verbannung war auch für sie noch immer ein schwieriges Thema. Die Verhängung dieser Strafe war ihr damals sehr schwer gefallen, als sie erfahren hatte, was er vollbracht hatte.
„Ja... Ich hoffe nur, dass er pünktlich erscheint. Ich habe ihm Heidrun hinterhergeschickt, als ich erfuhr, dass diese Nacht Berk von Drachen angegriffen wird."
„Diese Überfälle müssen unbedingt aufhören", brummte der Leibwächter missmutig.
„Wir haben bereits versucht, etwas dagegen zu tun, Trok", beschwichtigte ihn die Königin mit einem betrübten Blick, bevor sie wieder den Rücken durchstreckte und nach vorn sah. „Denken wir heute lieber an etwas Schöneres. Daran, dass wir in dieser Nacht den Wächter des Flügels ehren."
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„Jetzt macht mal ein bisschen hin, ihr zwei!", rief Heidrun nach hinten zu dem Nachtschatten und seinem Reiter. „Wir sind so schon spät dran, aber euretwegen werden wir wirklich noch zu spät kommen!"
„Jetzt mach mal nicht so eine Hektik", entgegnete Hicks ruhig und legte sich nach hinten auf dem Rücken seines treuen Gefährten ab. „Mala wird uns schon nicht den Kopf abbeißen."
„Uns nicht, aber dir", erwiderte sie bissig. „Und wenn sie's nicht tut, dann macht's Windfang."
Hicks grinste. „Für eine Beschützerin des Flügels bist du aber ganz schön gewalttätig", meinte er und zwinkerte.
Heidrun schnaufte ärgerlich. „Und für einen Einbeinigen bist du ganz schön frech."
„Tss, Frauen...", sagte er nur und schloss die Augen. „Gleich wieder auf die körperlich Benachteiligten..."
Sie kniff verärgert die Augen zusammen und stiftete ihren Klingenpeitschling zu einem Manöver an, dass sie über die beiden Faulpelze eine Rolle machen und Heidrun dem Reiter sein Feuerschwert von der Hüfte stehlen konnte.
Sofort riss Hicks die Augen auf und setzte sich wieder auf. Sogleich betastete er die leere Stelle an seiner Hüfte. „He!", rief er. „Gib mir Inferno wieder!"
„Oooch, will der kleine Hicksi sein feuriges Lieblingsspielzeug wieder zurück?", neckte ihn die breit grinsende Heidrun, die mit Inferno umherwedelte und es anschließend wegsteckte. „Hol es dir doch!", fügte sie noch frech hinzu, streckte die Zunge heraus und spornte Windfang dann an, schneller zu fliegen.
Hicks grummelte beleidigt. „Na warte..."
Den gesamten restlichen Rückweg bewegte der junge Reiter seinen Nachtschatten dazu, so nahe wie möglich an Heidrun heranzufliegen und ihr Inferno wieder wegzunehmen, anstatt sich auf ihr Spiel einzulassen. Jedes Mal jedoch, das er es versuchte, wich die schlanke Figur des Klingenpeitschlings mühelos aus und brachte wieder ein beträchtliches Stück zwischen sie, bis sich Ohnezahn wieder gefangen hatte.
Hicks war zu stolz, um Heidruns Spiel mitzuspielen und gab sich somit auch keine Mühe, als erstes auf der Vulkaninsel anzukommen und so nach ihren Regeln sein Feuerschwert zurückzugewinnen. Stattdessen führte er stur seine ständig misslingende Taktik einfach weiter.
Schlussendlich fand das Spiel sein Ende, als Heidrun dann schließlich als erstes auf der Insel ankam und immer noch das Schwert bei sich trug. „Gewonnen!", rief sie triumphierend.
„Jaja, wirklich toll", grummelte Hicks, während er seine Maske abnahm. „Krieg ich Inferno jetzt wieder?"
„Hmm", machte sie grinsend und täuschte zu grübeln vor. „Da du unseren kleinen Wettkampf verloren hast, behalte ich dein Schwert mal für eine Woche, glaube ich."
„Komm schon, das ist nicht witzig!", protestierte er. „Du weißt genau, dass ich mein Schwert für die Drachenangriffe brauche."
„Aber, aber. Nicht weinen, kleiner Hicksi", neckte Heidrun ihn und tätschelte seine Wange. „Ich geb dir eine Chance. Morgen gegen Mittag treffen wir uns für einen Trainingskampf. Wenn du mich schlägst, kriegst du dein Spielzeug zurück. Und sei pünktlich!"
„Aber-"
„Nichts da! Pünktlich sagte ich, du Faulpelz!", lachte sie. „Und jetzt komm. Wahrscheinlich warten alle schon nur auf dich."
So war es dann auch tatsächlich. Auf dem Dorfplatz waren mehrere mit etlichen Speisen gedeckte Tafeln, die von ringsum stehenden Feuern erhellt wurden und an denen viele Beschützer des Flügels bereits saßen.
Ach ja, und dann gab es da noch Königin Mala, die mit ihrer üblich würdevollen Haltung mit den hinter ihrem Rücken verschränkten Armen und einer einigermaßen grimmigen Miene auf ihn zuschritt, ihr dicht auf den Fersen natürlich wie immer ihr Leibwächter und Hicks' Lehrmeister Trok.
„Du bist spät", meinte die Königin trocken.
„Ich hatte zu tun", entgegnete Hicks in demselben Tonfall, bevor er seinen Helm abnahm und sich kurz durch die Haare wuschelte.
Eine Weile starrten sie sich nur an, bis sich auf Malas Gesicht ein warmes Lächeln ausbreitete und sie ihre Hand auf seine Schulter legte. „Willkommen zurück, Hicks."
„Schön, mal wieder hier geduldet zu sein, Mala", meinte er mit einem frechen Zwinkern, woraufhin sie nur die Augen verdrehte.
„Du lässt aber damit auch nicht locker, hm?"
„Hey, ich hab dich nicht gebeten, mich auf das hohe Plateau dort oben zu verbannen", entgegnete er schulterzuckend und deutete mit einem Nicken den Vulkan hoch, wo auf dem alten Trainingsplateau, auf welchem er früher mit Trok und Heidrun trainiert hatte, nun ein kleines Haus stand. Er trainierte dort noch immer gelegentlich mit seinem Lehrmeister und der Reiterin des Klingenpeitschlings.
Die Königin verdrehte die Augen. „So fingen auch schon unsere letzten 37 Diskussionen an."
„Du musst ja wirklich Langeweile haben, wenn du mitzählst. Bist du sicher, dass du dich nicht auch mal in Drachenangriffe einmischen willst? Das macht echt Laune", neckte Hicks.
Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Auch diese Diskussion hatten wir schon zur Genüge und meine Meinung hat sich nicht geändert. Ich habe nicht vor, die Vulkaninsel ein weiteres Mal zur Zielscheibe zu machen."
„Ich kann nicht mehr tun, als immer wieder zu fragen", meinte Hicks grinsend, bevor er sich zu dem Festplatz umdrehte. „Aber gut zu wissen, dass ich trotzdem als großer Held gefeiert werde."
Wieder rief er bei Mala ein bloßes Augenrollen hervor. „An deinem Hochmut müssen wir wirklich unbedingt arbeiten."
„Kannst mich ja mit all den anderen angehenden Beschützern unterrichten."
„Bloß nicht, sonst werden die noch so wie du."
„Welche Katastrophe. Da hätten wir ja viel zu viele Helden zu feiern", entgegnete Hicks mit einem frechen Zwinkern, lächelte dann aber warm. „Ich mach nur Spaß. Ernsthaft, Mala, ich bin dankbar für alles. Für das, was du getan hast, wie auch für das, was du nicht getan hast. Und ich bin glücklich darüber, trotz allem an diesem Ort leben zu dürfen." Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er sah, wie fünf Kinder, bestehend aus drei Jungs und zwei Mädchen, um eine Häuserecke kamen. „Entschuldige mich bitte, aber meine Fans sind angekommen."
Mala verdrehte schmunzelnd die Augen, als sie mit ansah, wie eins der Mädchen die anderen Kinder anstupste und auf Hicks wies, woraufhin sich auf allen fünf Gesichtern ein breites Grinsen bildete. „Ich nehme an, sie wollen wieder hören, was damals vor zwei Jahren passiert ist. Natürlich nur von ihrem Lieblingsgeschichtenerzähler", sprach sie das Offensichtliche aus und zwinkerte ihm zu.
Er lachte nur und zwinkerte zurück. „Eines meiner vielen Talente, wie wir alle wissen", fügte er nur hinzu, bevor er sich umwandte und mit ausgebreiteten Armen auf die fünf Kinder zuschritt, die ihrerseits jedoch in einem Wahnsinnstempo auf ihn zugerast kamen. „Hey, langsam, immer langs- Uff!", brachte er nur heraus, als er von den fünf kichernden Sprösslingen einfach nur umgerannt wurde.
„Erzählst du uns heute wieder die Geschichte?", fragte das eine Mädchen sofort aufgeregt kichernd.
„Ja bitte! Wieder die mit den vielen Explosionen, okay?", bat einer der Jungen.
„Damals, als du dich mit Viggo und Eret dem bösen Drago Blutfaust gestellt und ihn bezwungen hast?", brabbelte das zweite Mädchen weiter, während die Kinder einfach weiter über ihn kletterten und ihn überall anstupsten.
„Als du mehr Drachenjäger getötet hast, als du zählen konntest?", fragte der zweite Junge, eindeutig der stärkste der Fünf, mit leuchtenden Augen nach.
„Und als die Nachtschatten mit dir in den Kampf gezogen sind?", fügte der dritte Junge hinzu, der eher rundlicher Natur, aber dennoch sehr fit war.
„Jaja, genau diese Geschichte!", rief Hicks unter den Kindern hervor und klopfte wahl- und hilflos mit seinen Händen auf die Kinderrücken. „Und jetzt runter von mir, sonst war's das mit eurem Geschichtenerzähler."
Eilig krabbelten sie von ihm herunter und murmelten ein paar Entschuldigungen, während Mala im Hintergrund nur grinsend den Kopf schüttelte und Hicks lachte. Ohnezahn hingegen verdrehte nur die Augen und trottete neben einen der Tische, wo netterweise für ihn allein ein paar Fischkörbe standen.
„Ihr Fünf erinnert mich so sehr an- Ach, egal. Ist schon gut", beruhigte er sie und schmunzelte. „Setzen wir uns erst einmal. Dann erzähle ich euch alles von Anfang an."
Die restlichen Bewohner der Vulkaninsel warteten bereits mehr oder weniger ungeduldig an den festlich beschmückten und gedeckten Tischen.
Definitiv sehr viel ungeduldiger wurde Hicks von den fünf Kindern zu sechs Stühlen gezerrt. Ihn setzten sie zwangsweise auf einen der Mittleren, bevor sie sich auf die Sitzgelegenheiten neben ihm begaben und sich gespannt herüberlehnten.
Sie stöhnten genervt, als nicht etwa Hicks zu erzählen begann, sondern Mala. Auch erzählte sie keine Geschichte, sondern hielt eine Ansprache.
„Meine lieben Beschützer des Flügels", begann sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Alles verstummte und setzte sich schlagatig, als die an ihrem Platz stehende Königin ihre Rede begann. „Ich muss keinem von euch erzählen, was wir heute feiern und warum wir heute feiern, aber ich tu es trotzdem. Wir zelebrieren heute den zweiten Jahrestag des wohl bedeutendsten Tages unserer Geschichte. Der Tag, als die größte Bedrohung unserer Existenz vernichtet wurde. Ein Tyrann, ein Sklaventreiber, ein Drachenjäger, von dem wir nichts wussten, der sich vorbereitet hatte, alle Drachen und ihre Unterstützer auszulöschen. Der Tag, an dem uns Nachtschatten ungefragt zu Hilfe eilten und ausgerechnet von ehemaligen Drachenjägern unterstützt wurden. Nun schon zum dritten Mal möchte ich mich besonders bei vier Personen bedanken, die jene anführten, welche an jenem Tage für die Drachen kämpften und dafür selbst in den Kampf zogen." Beschützer des Flügels klatschen, ehemalige Drachenjäger, die nun wie alle anderen Anhänger des Stammes gekleidet waren, schlugen mit den Fäusten auf die Tische. „Ich bedanke mich, dass wir heute hier sein dürfen, bei Eret, Viggo, Reiker und natürlich bei der Hauptperson heute, dem Wächter des Flügels, Hicks."
Der Applaus und das Klopfen wurde lauter, begleitet von gelegentlichem Gejubel und lauten Pfiffen, während Hicks vor sich hingrinste und die Kinder an seiner Seite kicherten.
„Das ist vor allem sein Tag", fuhr die Königin fort. „Wir alle wissen, dass er eigentlich kein Mitglied unseres Stammes ist. Nicht, seit er so viele meiner Befehle und Warnungen ignoriert hat." Auf einmal herrschte betretene Stille. Trotzdem sprach sie mit sanfter Stimme. „Aber was er vollbracht hat, können und dürfen wir nicht vergessen. Er mag aus dem Stamm verbannt sein, er mag meinem Befehl nicht mehr unterstehen, doch er hat sich seinen Platz in unserer Mitte mit seinen Taten mehr als verdient. Wir sind ein Stamm, der sich um die Drachen sorgt, sie pflegt und behütet. Doch er ist es, der dort ein Auge auf sie hat, wo wir nicht sein können. Er ist ihr Wächter und dafür danken wir ihm. Dafür und für die Geschichte dieses Tages feiern wir. Genießt die Nacht!"
Mit dem Abschluss ihrer Rede kamen wieder der Applaus, das Klopfen und alles, was dazugehörte, mit größerer Intensität als vorher zurück, bevor sich Mala setzte. Anschließend zogen die Beschützer des Flügels ihre Stoffmasken nach unten und begannen endlich mit dem Festmahl, während sich die fünf Kinder andeutend zu Hicks hinüberlehnten und ihn eindringlich ansahen, als er gerade über den Tisch langte, um sich etwas zu essen zu holen.
Er bemerkte ihre Blick. „Was?", fragte er verwirrt.
„Geschichte", kam die kurze, fünffache Antwort. Die Kinder sahen ihn so streng an, wie es Kinder eben nur konnten.
„Ich darf mich nicht einmal erst stärken? Ich bin doch gerade erst wieder angeko-"
„Geschichte", wiederholten sie nur und zogen die Augenbrauen zusammen.
„Können wir nicht erst noch auf die anderen warten? In der Zwischenzeit könnte ich doch noch etwas essen", schlug er vor, aber da meldete sich ihm gegenüber Heidrun.
„Auf die kannst du lange warten", meinte sie lachend. „Eret ist für die ganze Nacht zur Patrouille eingeteilt. Und Viggo hat mit seiner kleinen Familie zu tun. Mit ihm solltest du auch erst in einer ganzen Weile rechnen können."
Hicks ließ unzufrieden den Kopf auf seinen Teller knallen. „Vielen Dank, Heidrun", brummte er nur.
„Ich helfe immer gern", entgegnete sie verschmitzt und fing wie so viele andere an, genüsslich zu essen.
Der gefeierte Wächter des Flügels sah wieder von seinem Teller auf, doch da kam schon ein weiteres „Geschichte!"
„Ist ja gut!", rief er zurück und warf die Arme in die Luft. „Geschichte. Schon unterwegs."
„YAY!", riefen die Fünf begeistert und rückten mit glänzenden Augen näher zu ihm, woraufhin er nur seufzte und tief durchatmete.
„Also gut...", begann er und schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Von wo soll ich anfangen?"
„Oh, am besten von der Stelle, als ihr von den Nachtschatten bombardiert wurdet", schlug der Junge vor, der weder beleibt noch stark war. Er erinnerte Hicks immer wieder an Taffnuss, wenn auch widerwillig.
„Da bin ich auch dafür", stimmte eines der Mädchen zu. Sie und dieser Junge waren absolut ein Herz und eine Seele. Als wären sie die Zwillinge von Berk.
Bei dem Gedanken schlich sich ein kurzes Grinsen auf das Gesicht des Wächters, bevor er sich leicht über den Tisch beugte. Eine Bewegung, die die Kinder ihm nachmachten. Sogar einige in der Nähe befindliche erwachsene Beschützer stellten ihre Gespräche ein und spitzten die Ohren.
„Also Kinder, hört zu", begann er. „Da ihr mich an dieser Stelle anfangen lassen wolltet, nehme ich an, ihr wisst auch noch, wie wir uns aus dieser Situation retten konnten?"
„Valpu!", riefen die Zwillingsimitate aufgeregt und wiederholten den Namen lautstark ein paar Male. Einige Beschützer lachten leise, als die beiden den Namen mit solcher Inbrunst und Begeisterung aussprachen, während Hicks gleichzeitig nickte und den Kopf schüttelte und versuchte, die Geschichte zu erzählen, aber es ertönte nur weiter: „Valpu! Valpu!"
„Jaja! Ja! Alles klar! Stimmt. Auch", sprach er laut in einem Versuch, die beiden zu übertönen. Der Beweis, dass sie jedoch eben nicht genau wie die Zwillinge von Berk waren, kam prompt: Schnell wurden sie wieder leise und hörten aufmerksam zu. Hicks lachte und fuhr fort: „Als hinter diesen – schätzungsweise vier Dutzend – Nachtschatten noch ein viel größerer, viel lauter knurrender Nachtschatten aus dem Wald auf uns zugestapft kam, waren wir alle wie angewurzelt."
Die großen Augen verrieten: Die Kinder waren voll drin.
„Dieser eine Nachtschatten, mindestens doppelt so groß wie Ohnezahn, war von Narben übersät und knochenweiße Augen starrten uns an, als würde sie uns im nächsten Moment allesamt pulverisieren", beschrieb Hicks. „Sie lief auf mich und Ohnezahn zu, mit ihrem Blick und entblößten Zähnen komplett auf mich fixiert. Aber Ohnezahn-"
Er lachte. Für ihn war das immer der beste Teil.
„Aber Ohnezahn knurrte einfach zurück. Unser kleiner Ohnezahn knurrte einfach diesen riesigen Drachen als Warnung an. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt war kein Augenpaar auf dieser Lichtung, das nicht völlig verdutzt geblinzelt hat. Sogar dieser riesige Nachtschatten ist erschrocken ein Stück nach hinten gesprungen." Sein unverschämt breites Grinsen blieb, bis ihm eine schwarze Schwanzfinne grummelnd über den Kopf gezogen wurde.
Hicks ignorierte das beleidigte Reptil, so gut es ging und erzählte schmunzelnd weiter. „Ich habe natürlich nicht nachvollziehen können, was Ohnezahn und dieser riesige Nachtschatten sich dann erzählt haben, aber eine Minute später haben sich alle Nachtschatten umgedreht und sind einfach gegangen."
„Wieso nicht geflogen?", fragte eins der Mädchen.
„Sie wollten, dass wir ihnen folgen. Und genau das taten wir. Wisst ihr, die Insel sah von Weitem viel kleiner aus, als sie tatsächlich war." Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Oh, und die Hauptattraktion dieser Insel war schon etwas ganz Besonderes..."
„Das Drachental...", raunte Fischbeins geistiges Double.
Der Wächter fuhr fort, ohne auf seine Aussage einzugehen. „Es war wie ein gewaltiger Krater. Mehrere hundert Fuß tief und etliche tausend Fuß trennten uns von der anderen Seite, die schon fast gar nicht mehr zu erblicken war. Und dieser große Krater... es war ein wahrhaft magischer Anblick. Überall waren unterschiedlichste Gebilde der Natur auf engstem Raum. Große Seen und fruchtbare Böden, teils mit gewaltigen Wäldern übersät, sogar für ein kleines Gebirge war Platz. Und dort lebten alle möglichen Drachenarten. Der Krater war in sieben Gebiete aufgeteilt. Ein Gebiet für eine Drachenklasse. Als hätte ein Mensch das Buch der Drachen durchgeblättert und daraus einen Krater mit all ihren Lebensräumen geschaffen."
Als sich Hicks umsah, bemerkte er, dass die meisten Gespräche inzwischen verstummt oder zumindest leiser geworden waren. Viele blickten ihn an, meist mit großer Faszination trotz der Tatsache, dass sie alles schon kannte.
Teilweise hatten sie es ja auch selbst gesehen.
Mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht fuhr er ausufernd gestikulierend fort. „Der Großteil des Sees war beheimatet durch viele Arten der Gezeitenklasse. In der Mitte des Gewässers war sogar noch eine kleine sandige Insel, auf der sich die Sandgeister tummelten, die einzigen nicht im Wasser lebenden Gezeitendrachen. Vertreter der Aufspürer- und Pfeilklasse waren direkt in den Wäldern rechts und links davon beheimatet. Direkt gegenüber des Sees war das felsige und nicht entflammbare Gebiet der Chaosklasse. Zwischen ihnen und den Wäldern der Aufspürer lagen die Wiesen der Phantomdrachen und im sechsten, dem bergigen Gebiet, lebten die Drachen der Wackersteinklasse. Auf den Spitzen der Berge lebten übrigens Kältegronckel. Und in der Mitte all dieser Lebensräume war das Gebiet der-"
„Angriffsklasse!", platzte es aus Mini-Rotzbacke heraus, der Hicks mit glänzenden Augen ansah.
„Richtig, das Gebiet der Angriffsklasse", wiederholte der leise lachende Geschichtenerzähler. „Sie befanden sich auf und um den riesigen Felsen, der in der Mitte des Kraters lag, als hätte ihn ein Riese dort hineingeworfen. Dort lebten die Fürsten dieser Insel in ihren ganz eigenen Gebieten. Um den Felsen herum beobachteten sie die anderen Drachenarten. Die Dreifachstachel kümmerten sich um die Pfeilklasse, ein paar wenige Skrills behielten ein Auge auf die Gezeitendrachen, die Schneegeister hielten das Chaosgebiet in Schach und so weiter. Und dann gab es da noch die Nachtschatten, die Herrscher des Kraters, die über all das hinweg von ganz oben auf dem Felsen blicken konnten."
„Waren dort wirklich ALLE Nachtschatten?", fragte das blonde, Astrid ähnliche Mädchen du Hicks nickte nur mit einem traurigen Lächeln.
„Alle bis auf Ohnezahn, ja. Es sei denn, es gibt noch mehr solcher Orte. Aber allein dieser war schon ein unglaublicher Glücksfall. Wie auch immer, auf jeden Fall , liefen wir den Krater hinunter auf den Felsen der Angriffsklasse zu. Die Nachtschatten zogen es vor zu fliegen. Der Fußmarsch zur Mitte dauert ewig. Bestimmt drei Stunden, wenn nicht mehr. Und in dieser Zeit fiel mir etwas auf."
„Es ist Viggo aufgefallen", warf Heidrun grinsend ein, die sich ihr Kinn in die Hände gestützt hatte.
Hicks verdrehte grummelnd die Augen. „Sag mal, Heidrun, auf wessen Seite stehst du eigentlich?"
„Auf der Seite, die die Wahrheit spricht", entgegnete sie schmunzelnd und lehnte sich entspannt nach hinten.
„Also gut, während unseres Marsches zumindest fiel VIGGO auf", setzt er beleidigt erneut an, während einige Beschützer leise lachten, „dass wir erstaunlicherweise genau die Gegenstücke der Nachtschatten waren. Sie hüteten ein Gebiet wie die Beschützer des Flügels. Sie gaben anderen Drachen eine Heimat und hielten ihr Zuhause ein Geheimnis. Wir sind gewissermaßen ihre menschlichen Zwillinge und das war schon ziemlich bemerkenswert."
„Laaaaaangweilig", gähnte der Rotzbacke-äquivalente Bursche, der an seinem Stuhl immer weiter nach unten rutschte. Die anderen Kinder sahen ihn genervt an, aber Hicks lachte nur leise.
„Schon gut, es geht ja weiter. Jedenfalls liefen wir durch diesen riesigen Krater auf den Nachtschattenfelsen zu. Kurz davor wurden wir jedoch von den knurrenden Hütern aus der Angriffsklasse aufgehalten."
„Und warum?"
„Anscheinend haben die Drachen ebenfalls Bräuche. Nur Bewohner des Kraters durften den Felsen betreten, so wie ich das einschätze. Und dann auch nur mit bestimmter Erlaubnis. Es war wirklich erstaunlich, wie menschlich dieses Verhalten war. Wie eine Audienz. Allem Anschein nach bildete Ohnezahn die Ausnahme. Er und ich wurden vorbeigelassen. Wahrscheinlich ausgerechnet weil er ein Nachtschatten war. Und dann auch noch einer, den sie nie gesehen hatten und der sie neugierig machte. Viggo, sein Skrill, Reiker, Eret und all ihre Leute wurden von den anderen Drachen der Angriffsklasse überwacht, während wir von zwei Nachtschatten auf den Felsen geführt wurden. Es dauerte eine Weile, aber oben angekommen standen wir wieder dem großen Nachtschatten gegenüber."
„Warum nennst du sie nicht Valpu?", fragte der männliche Zwilling verwirrt.
Hicks seufzte und verdrehte amüsiert die Augen. „Weil es wichtig ist zu wissen, wie dieser Name zustande gekommen ist. Wisst ihr überhaupt, was er bedeutet?"
Vereintes Kopfschütteln war die Antwort.
Er klärte sie auf: „Valpu bedeutet Herrscherin. Und ja, lustigerweise ist sie eine KönigIN. Genau wie Mala. Noch so eine nette Gemeinsamkeit." Der Wächter lachte. „Eine ähnlich würdevolle Haltung, disziplinierter Stolz und ein eiskalt berechnender Blick. Und der wurde nun auf mich und Ohnezahn gerichtet, und das auch noch von einem Nachtschatten, der zufälligerweise fast doppelt so groß war wie ein Riesenhafter Alptraum."
„Und was geschah dann?"
„Mit dem, was darauf folgte, kann ich euch nicht weirklich weiterhelfen", antwortete Hicks ehrlich. „Valpu und Ohnezahn unterhielten sich, so schien es mir. Es schwang Ärger mit, aber auch Faszination uond Neugierde. Um ehrlich zu sein erinnerte es mich an mein eigenes erstes Gespräch mit Königin Mala. Danach... wurde der Ton besorgter und warnender. Ich nehme an, Ohnezahn hat ihr von Drago und seiner riesigen Armada erzählt."
„Ich dachte, das wussten sie schon vorher? Weil die Drachenjäger ja schon einmal auf der Insel waren und teilweise von den Drachen angegriffen wurden", warf eines der Kinder verwirrt ein.
„Ich kann mir gut vorstellen, dass sie die Drachenjäger einfach nur als Eindringlinge gesehen haben, nicht aber als ernstzunehmende Angreifer. Immerhin haben sie nur diese Gruppen gesehen, nicht aber dei Flotte, da sie meistens in ihrem Drachental bleiben", erklärte Hicks. „Jedenfalls konnte man Valpu ansehen, dass sie über die Situation sehr besorgt war. Aber die Ruhe hielt nicht lange an..."
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Hicks wippte nervös hin und her. Noch vor einer Weile hatte er keine Ahnung, ob noch weitere Nachtschatten wie Ohnezahn exisitierten und nun fanden sie nicht einen, nicht zwei, sondern gleich mehrere Dutzend mit einer gigantischen Königin, die ihn mit einem Haps runterschlucken könnte.
Dennoch war er von all dem, was er sah, ziemlich beeindruckt. Es war, als würde er sich hier in der Drachenversion der Vulkaninsel befinden. Ein paar schwarze Gestalten, die sich um Drachen kümmerten und ansonsten unter sich blieben, ohne den Rest der Welt von ihnen wissen zu lassen.
Ohnezahn und die Nachtschattenkönigin hatten sich eine Weile unterhalten, so viel konnte auch er sehen und hören, aber er hatte keine Ahnung vom Inhalt des Gesprächs. Naja, er hatte schon eine Ahnung worüber, aber nicht wie. Würde er die Drachen verstehen, hätte er gern was gesagt. Obwohl seine Worte gerne die Dinge noch schlimmer machten, als sie ohnehin schon waren, aber schlimmer als ein Invasor in einiger Entfernung von der Insel konnte es ja wohl kaum werden, oder? Hicks wusste noch nicht einmal, was sich Drago von all dem hier erhoffte. Wollte er all diese Drachen versklaven so wie die wenigen, die auf seinem Schiff zu sehen waren? Pff, sollte er es doch bei diesem Monster von Nachtschatten versuchen.
Seine Gedankengänge und die der Königin wurden von einem entfernten Brüllen unterbrochen. Er, sie, Ohnezahn und all die anderen Nachtschatten blickten in die Richtung und nur der abtrünnige Beschützer des Flügels sah anschließend ratlos die riesengroße Nachtschattendame mit den knochenweißen Augen an, die in Richtung der Quelle des Gebrülls knurrte und sogleich abhob. Die anderen Nachtschatten folgten ihr und ließen Hicks und Ohnezahn völlig unbeobachtet zurück.
„Was äh... Kumpel, was passiert hier?", fragte er verwundert, aber der Blick seines Drachen verfinsterte sich nur, als er seinem Reiter signalisierte, aufzusteigen. Als er es tat, legte der Drache sofort einen Senkrechtstart hin. Was sie dadurch sahen, ließ in Hicks die Wut hochkochen.
Sein Blick war zwar nicht mit dem seines besten Freundes vergleichbar, aber auch er konnte erkennen, dass sich scheinbar Drachenjäger in das Drachental geschlichen hatten, um... naja, eben ihrer Berufung zu folgen.
Hicks knurrte verärgert. „Komm, Kleiner. Sagen wir Viggo und den anderen Bescheid", schlug er vor und Ohnezahn folgte diesem Ratschlag ohne Umschweife. An der Seite des Nachtschattenfelsens standen tatsächlich die Grimborn-Brüder und Eret mit all ihren Leuten, doch auch sie waren unbewacht und sahen sich nur verwundert um. Nur Viggos Skrill war bereits in Alarmbereitschaft, blieb aber bei dem Anführer der ehemligen Drachenjäger.
Sofort, als das ungleiche Gespann den Boden berührte, kam das Trio auf sie zu.
„Hicks, was ist hier los? Die ganzen Drachen der Angriffsklasse sind auf einmal losgeflogen, die Nachtschatten vorneweg", schilderte Viggo schnell seine Beobachtungen.
„Ich weiß", brummte Hicks unzufrieden. „Ein Stück von uns entfernt sind ein paar Dutzend von Dragos Leuten. Ich glaube, er hat sie uns hinterhergeschickt, um uns aus dem Hinterhalt heraus zu erledigen. Die Drachen haben sie entdeckt."
„Dreckskerl!", grollte Reiker und schlug Faust und Handfläche zusammen. „Unsere Leute zu schlachten war ihm wohl nicht genug."
„Ich nehme an, wir intervenieren", nahm Eret mit finsterer Miene an und zog sein Kurzschwert.
Hicks nickte. „Viggo und ich fliegen voraus. Der Rest von euch komm hinterher. Ein paar hundert Fuß. Vielleicht eine halbe Meile. Aber beeilt euch, sonst verpasst ihr noch die Party." Er grinste böse.
„Diesen Spaß überlasse ich dir nicht allein", knurrte Reiker, drehte sich um und begann zu rennen. Eret sah ihm kurz hinterher, nickte Hicks knapp zu und rannte dann ebenfalls. Beide brüllten ihren eigenen Leuten Befehle zu, und schon setzte sich der ganze Trupp in Bewegung.
Währendessen stiegen die beiden Reiter auf ihre Drachen auf. „Und ich dachte, ich hätte noch etwas Zeit, bevor ich einen Drachen reiten muss."
Der Reiter des Nachtschatten zuckte nur mit den Schultern, zog sich seine Kapuze über den Kopf, den Schleier über die Nase und grinste. „Tja, wie ein weiser Mann einst sagte: Manchmal muss man rennen, bevor man laufen kann."
„Versuchst du deine eigenen Sprüche als Zitate zu verkaufen?"
„...nein?"
Viggo schmunzelte und verdrehte die Augen. „Also los, lass uns ein paar Ärsche versohlen."
„Gut festhalten, alter Mann", rief Hicks frech lachend und schnellte mit Ohnezahn in die Höhe.
„Pff", machte Viggo. „Alter Mann..." Dann flog er mit seinem Skrill wortlos hinterher.
Von oben konnten beide Reiter leicht erkennen, dass erstens Reiker und die anderen bereits gut die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten und zweitens Dragos Männer an die zehn Drachen zu Fall gebracht hatten. Aus der Ferne war nicht unbedingt auszumachen, ob sie noch lebten, aber die noch immer angreifenden Drachen vermieden es zumindest, ihren gefallenen Kameraden weitere Wunden zuzufügen, obwohl sich die verhassten Drachenjäger diese als Deckung nahmen, völlig unabhängig davon, ob sie tot oder lebendig waren.
Aber auch die Jäger hatten Verluste zu beklagen, doch diese befanden sich im einstelligen Bereich. Fast 50 schossen noch wild um sich und versuchten zu treffen, was sie konnten.
Ohnezahn hatte ein wenig sein Tempo gedrosselt. Somit befand sich Viggo wieder neben Hicks und er rief ihm zu: „Was sollen wir tun?"
In diesem Moment versuchten ein Riesenhafter Alptraum und ein Tödlicher Nadder auf die Jäger zuzufliegen und sie zu packen, statt das Risiko der Verletzung verbündeter Drachen einzugehen. Das Resultat war jedoch mehr als unbefriedigend. Als sie zu nahe herankamen, wurden sie direkt aus der Luft geholt, die Leiber mit mehreren Pfeilen gespickt und nun lediglich als weitere Deckung dienend.
„Wir können nicht heran und dürfen aber auch nicht die Drachen verletzen!", rief Hicks zurück. „Von hier oben können wir nichts tun. Es liegt an Reiker und Eret."
Diese Beiden stürmten mit ihren Leuten auf die aus Drachenleibern bestehenden Barrikaden zu. Einer der Drachenjäger wurde auf sie aufmerksam und er riss die Augen weit auf, schien dann aber kurz zu überlegen. „Helft uns!", rief er schließlich. „Die werden uns hier zerfetzen!"
„Oh, wir helfen euch, keine Sorge!", brüllte Reiker zurück und zog beide Schwerter.
Man konnte dem Drachenjäger bereits ansehen, dass er damit mehr als zufrieden war und gerade über die Ironie des Schicksals nachdachte, während sich ihm ein selbstgefälliges Grinsen ins Gesicht schlich. Immerhin waren sie hergekommen, um eben diese Leute zu töten, die nun eben potenzielle Hilfe gegen die Drachen darstellten, über die sie gleichzeitig mehr in Erfahrung bringen wollten.
Er kam jedoch nicht auf die Idee, dass Reikers Aggression nicht etwa gegen die Drachen gerichtet war. Er war in unerschütterlicher Erwartung, dass sie nun Hilfe erhalten würden.
Reiker enttäuschte diese Erwartungen nur zu gern.
Die letzten Meter rannte er mit wildem Gebrüll und erhobenen Schwertern den Drachenjäger zu, in dessen arrogant grinsendem Gesicht sich erste Anzeichen von Verwirrung und Unsicherheit zeigten, während all die anderen anstümenden Männer probeweise ihre Waffen schwangen, doch da war es schon zu spät.
Reiker Grimborn ließ beide Klingen nach unten sausen und sie schnitten durch Fleisch und Knochen, als sie sich in die Schultern des Jägers gruben. Dem Getroffen ploppten vor Schock fast die Augen aus dem Schädel, bevor Reiker ihn mit einem kräftigen Tritt nach hinten warf und so seine Schwerter befreite.
Die anderen Jäger sahen ihn ungläubig an, doch er brüllte nur wild. Seine Männer und Erets Gefolge stimmten in den Kampfschrei mit ein und fegten gegen ihre völlig überrumpelten Feinde schwingend und hackend zwischen den Barrikaden entlang.
Vor dem Ansturm lag das Kampfverhältnis bei Eins zu Eins. Kaum ein paar Sekunden später lag es bei Eins zu Zwei, bevor wirklich erste Waffen gegeneinander schlugen.
Panisch flüchteten viele übriggebliebene Drachenjäger aus dieser Todesfalle und vor der metzelnden Übermacht, ließen dabei jedoch ihre Deckung zurück und gaben sich vollkommen dem Zorn der Drachen preis.
Drei Männer wurden aufgehalten, als ein ziemlich wütend knurrender Skrill mit einem nicht gerade gutmütigen Reiter vor ihnen landete. Sie erkannten ihn sofort.
„Viggo!", rief einer von ihnen. „Was soll das? Ruf deine Männer zurück!"
„Den Teufel werde ich tun", schlug er ihnen entgegen, als der Skrill einen Blitz auflud.
Gleichzeitig hoben sie ihre Schilde, aber das hinderte den Blitz nicht daran, sie dennoch zu grillen. In diesem Moment sauste Ohnezahn über ihre Köpfe und jagte zwei weitere in die Luft, die sich auf der Flucht vor dem Massaker zwischen den Barrikaden befanden.
Reiker und Eret hingegen befanden sich im tiefsten Gemetzel und schalteten einen nach dem anderen gemeinsam aus. Reiker mit zwei Schwertern und roher Gewalt während sich Eret mit seinem Kurzschwert unvergleichlicher Finesse und Agilität bediente.
Reikers Blick schnellte zur Seite, als der Schrei eines getroffenen Nachtschatten durch die Luft hallte. Einer der Jäger hatte einen Glückstreffer landen und tatsächlich einen Nachtschatten zu Fall bringen können. Dieser trat nun an den verletzten Drachen heran und zog sein Schwert. Er konnte es gar nicht fassen. Er war der Erste seit... Jahrzehnten, mindestens, der einen Nachtschatten aus der Welt schaffen würde.
Nicht mit Reiker. Er wechselte einen kurzen Blick mit Eret, der nur durch ein gegenseitiges Nicken bestätigt wurde. Die Reihen ihrer Gegner waren längst gelichtet. Nur etwa ein halbes Dutzend war noch übrig. Eret warf sich in den Kampf gegen einen der letzten Leichtsinnigen, damit Reiker ungestört weiterrennen konnte.
Der Drachenjäger hob bereits seine Klinge, um sie in das Blut des am Boden liegenden Nachtschatten zu tauchen und Reiker wusste, dass er nicht rechtzeitig da sein würde.
Also warf er eines seiner Schwerter. Wie gelähmt verharrte der Jäger, als es sich in seinen Rücken grub und stecken blieb. Seine Augen wurde groß.
Mehr Zeit brauchte Reiker gar nicht. Er rannte an seine Seite und hackte ihm kurzerhand den Arm ab, mit der der tödlich Verwundete die Waffe hielt. Schreiend und sterbend sank er zu Boden, bevor der ehemalige Drachenjäger ihm seine Klinge aus dem Rücken riss.
Erleichtert atmete er auf, als er auf den Drachen herabsah, der abgesehen von dem Pfeil unversehrt gebileben war. Auf einmal spürte Reiker einen Ruck in der Schulter.
Verwirrt sah er hinter sich und musste feststellen, dass er sich einen Pfeil eingefangen hatte. Als er den Blick von seriner Schulter abwandte und zur Quelle des Schusses blickte, sah er einen ziemlich verunsicherten Drachenjäger mit einem Bogen, der schon versuchte, den nächsten Pfeil anzulegen.
Reiker brach kurzerhand den Pfeil ab und wollte schon losrennen, als ihn ein gelbes Plasmageschoss überholte und den Drachenjäger aus der Welt der Lebenden katapultierte. Blinzelnd sah er wieder zu dem Nachtschatten zurück, den er soeben gerettet hatte und stellte fest, dass dieser schon probehalber einen neuen Schuss auflud, der gelblich in seinem Rachen schimmerte, für den Fall, dass der Jäger doch noch nicht ins Gras gebissen hatte.
Als klar wurde, dass das nicht der Fall war, schluckte er den Schuss wieder herunter und sah Reiker mit schiefem Blick an. Dieser grinste nur und als er sich umsah, war nur noch ein einzlener Drachenjäger übrig, der von seinen ehemaligen Verbündeten eingekreist wurde und sich wie ein gehetztes Tier umsah.
Im nächsten Moment landeten all die Drachen, die die Eindringlinge stellen wollten, und kümmerten sich sogleich um ihre Verwundeten und Gefallenen. Die Verwundeten versorgten sie vor Ort, die toten Drachen trugen sie davon. Reiker blieb bei dem verwundeten Nachtschatten, während sich der Rest um den letzten Eindringling versammelte.
„Verdammte Verräter!", schrie dieser sofort hysterisch und sah sich gehetzt um. „Verbündet euch mit diesen Bestien! Drago wird euch alle auslöschen! Und aus den Drachen wird er eine Armee machen! Er wird alle töten, die euren Namen kennen! Man wird euch vergessen, ihr verfluchten-"
„Ja ja, schon klar", sprach Hicks gelangweilt von seinem Nachtschatten herunter, das Kinn in eine Hand gestützt und gähnend gestikulierend. „Sag mir was, das ich nicht weiß. Und du irrst dich." Seine Miene verzog sich grimmig. „Nicht wir sind es, von denen nichts übrig bleiben wird."
Der Drachenjäger wollte gerade den Mund aufmachen, da wurde seine Sicht von einer schwarzen Wand blockiert. Er sah verdutzt drein und wandte seinen Blick nach oben.
Die Wand hatte einen Kopf. Und Augen in derselben Farbe wie ihre Zähne, die ihn rachlustig und verhasst anstarrten.
Seine Augen wurden groß, als er sich vor Schreck auf den Hosenboden setzte und versuchte, der übergroßen Nachtschattendame zu entkommen, indem er rückwärts krabbelte.
Das hörte auf, als die Königin ihr Pranke auf seiner Brust ablegte und somit weitere Fluchtversuche vereitelt wurden. Nicht einmal seine Arme konnte er mehr bewegen.
„Es tut dir doch bestimmt leid, mit deinen Leuten in das Territorium dieser Drachen einmarschiert zu sein und Drachen getötet zu haben, oder?", implizierte Hicks mit einem drohenden Unterton.
„Was?", entfuhr es dem verängstigten Drachenjäger verwirrt. „Nein! Natürlich nicht! Diese primitiven Monster müssen vernichtet und versklavt werden, so wie es sich seit Jahrhunderten schon gehört!" Knochenweiße Blicke durchbohrten ihn förmlich und das hasserfüllte Knurren wurde nur lauter.
Hicks verschränkte mit einem missbilligenden Blick kopfschüttelnd die Arme. Auch die Leute von Eret und den Grimborns sahen enttäuscht drein. „Dann kann ich dir jetzt auch nicht mehr helfen."
Die Nachtschattenkönigin senkte ihren Kopf zu ihm herab und sperrte ihr Maul auf. Verzweifelt drückte er sich in den Boden, um ihren schneeweiß blitzenden Fängen zu entkommen. „Nein, nein! Bitte, Hilfe! Ich bereue!", kreischte er.
Ohnezahn schnaubte und sein Reiter sagte nur gleichgültig: „Was soll ich da schon tun? Ist doch nur ein primitives Monster."
Über sich sah der Drachenjäger mittlerweile nur noch das klaffende Maul des riesigen Nachtschattenweibchens, bevor er bemerkte, dass es immer heißer wurde.
Er erkannte, dass sein Schicksal besiegelt war, als sich aus der Kehle grelles, weißes Plasma andeutete, das immer heller wurde, während sich seine Umgebung immer weiter erhitzte.
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„Okay, Hicks, das geht zu weit. Hier sitzen immer noch Kinder!", fuhr ihm Heidrun dazwischen, bevor der Wächter zu einer sehr bildlichen Beschreibung ansetzen konnte.
„Na, meinetwegen", brummte er und verdrehte die Augen.
„Nein! Wir wollen es hören!", riefen die Zwillinge auf den Boden aufstampfend.
„Vergesst es, Kinder", schmetterte Heidrun ab. „In ein paar Jahren vielleicht. Außerdem muss euer Geschichtenerzähler jetzt wirklich mal was essen."
„Echt jetzt? Ich war so schön mittendrin!", protestierte Hicks, doch sein Gegenüber winkte nur ablehnend ab.
„Kein Widerrede!"
Er verdrehte die Augen. „In Ordnung, Mama."
Sie schnaubte. „Lassen wir erst einmal einen anderen Augenzeugen reden", schlug sie vor und sah grinsend über seine Schulter.
Stirnrunzelnd folgte Hicks ihrem Blick, drehte sich um und sah in ein sehr vertrautes Gesicht. Ein Gesicht, dessen eine Hälfte mit Brandnarben nur so überzogen war. Die Haare fehlten auf dieser Seite und das ehemals braune Auge hatte nun eine weiße Iris. Das übrige braune Auge blitzte ihn amüsiert und freundlich an.
Hicks sprang sofort mit einem breiten Grinsen auf. „Viggo, alter Freund!", rief er erfreut und umarmte ihn. Der Ältere Mann lachte und klopfte ihm auf den Rücken.
„Meine Frau hat mich schonmal vorausgeschickt", erklärte er sich ungefragt und grinste. „Sie hat schon geahnt, dass das hier noch wie letztes Jahr enden wird und du einfach nichts runterkriegst, weil du mit Fragen bombardiert wirst. Wie ich sehe, hatte sie recht." Sein Blick fiel andeutend auf seinen leeren und unbenutzten Teller. „Sie muss sich noch um Reiker kümmern, kommt dann aber gleich nach."
Hicks lächelte traurig. „Ja... Reiker. Schätze, diese Hälfte der Geschichte steht dir ohnehin zu."
„Danke", sagte Viggo und setzte sich sogleich auf einen Stuhl, den die Kinder für ihn freigemacht hatten, während sich Hicks etwas zu essen aufhäufte.
„Mann, hab ich einen Kohldampf..."
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Das, äh... ich kann das erklären!
Ich hab die Zeit nach meinem Abitur wohl ein wenig zu sehr genossen, so wie es aussieht ^^'
Und Anfang Oktober bin ich direkt ins Studium gehüpft. Da musste ich erstmal vernünftig reinkommen.
Ende Juni hab ich ja das letzte Kapitel bei einer anderen Geschiche gebracht, aber „Wächter des Flügels" hat echt mal wieder ein neues Kapitel gebraucht. Ich glaube, ich muss mich ab sofort wirklich mal mit den Kapiteln vernünftig abwechseln.
Also... ich hoffe mal, das gute alte Studentenklischee, dass man einfach zu viel Zeit hat, trifft auch bei mir zu. Ich meine... Für die ersten 3700 Wörter hab ich halt wirklich bis vor einer Woche gebraucht, ne?
Und da setze ich mich mal an zwei Tagen vernünftig hin und ta-daaaa, fertig sind die letzten 2700.
Ich muss echt mal auf mein Zeitmanagement klarkommen...
Inzwischen würde es mich gar nicht mehr wundern, wenn an mir gelegentlich Fackelzüge vorbeiziehen, weil ich halt... naja... ich bin.
Also schauen wir mal, ob ich direkt wieder was fertig kriege, weil ich mich mal ordentlich reinhänge. (Verlasst euch nicht drauf, aber hoffen dürft ihr hiermit offiziell)
LG Meister der Verspätungen ;)

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Der Wächter des Flügels
FanfictionHicks wurde für tot erklärt, nachdem er während eines Drachenangriffs von einem Nachtschatten verschleppt wurde. Jahre später taucht derselbe Drache wieder auf - mit einem Reiter. Nur weiß niemand, dass es sich bei ihm um Hicks handelt, der sich den...