28. Kapitel

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Der nächste Tag verging tatsächlich unkompliziert und problemlos. Reece bat mir bereits noch Dienstagabends an, mich die kommenden Tage zu fahren und das egal wohin. Ich war ihm wirklich dankbar dafür, dass er so hinter mir stand und mir egal in welcher Situation half.

Meine Eltern hatten damit auch weniger Stress und wussten mich zusätzlich sicher.

Mir fiel es sehr schwer, mich an die Krücken zu gewöhnen, denn ich hasste es, wenn ich eingeschränkt war, egal in welcher Hinsicht.

»Morgen wollte ich nach der Schule noch zum Haus und die letzten Kleinigkeiten an die Wände zeichnen!«, verriet ich Reece, als er mich am Mittwoch nach der Schule zu Hause raus ließ. Er selber musste noch weiter fahren, da er noch einen Termin bei der Bank hatte. Er hatte zwar gesagt, dass er dort hin musste, doch ich wusste nicht weshalb und ich wollte ihn nicht fragen. Er musste lernen, sich von sich aus mir anzuvertrauen.

»Dann komme ich mit und erledige vor Ort noch einige Verträge, wenn dich das nicht stört?!«, erwiderte er und ich brachte ein leichtes Lächeln auf meine Lippen.

»Das macht mir nichts. Ich freue mich sogar, wenn du mitkommst«.

Ich konnte nicht wissen, dass ich mir im Nachhinein wünschte, dass Reece mich nicht zum Haus, sondern besser woanders hingebracht hätte. Aber ich konnte nicht in die Zukunft schauen und war eigentlich auch froh darum, dass ich es nicht konnte. Denn sonst müsste ich mit manchen Schmerzen länger leben.

»Was genau machst du da eigentlich?«, fragte ich Reece schließlich, nachdem er einige Minuten nur auf seiner Laptoptastatur herum getippt hatte.

»Ich stelle gerade einen Patentantrag, damit man sich unsere Idee nicht einfach klauen kann«, erklärte er mir und schaute hinter dem Bildschirm hervor, um mir in die Augen sehen zu können. Mir fiel auf, dass er seine Idee nun uns beiden zuordnete. Ich war ein Teil davon und würde es immer sein. Die Wärme stieg durch meinen ganzen Körper und ich wusste, dass ich mich immer mehr in ihn verliebte.

»Klingt wirklich interessant«, erwiderte ich ironisch und zog meine Augenbrauen zusammen, weil ich nicht einmal wüsste, wo ich hätte anfangen sollen.

Reece schüttelte lediglich grinsend den Kopf und senkte seine Augen wieder auf seinen Laptop.

»Hast du was dagegen, wenn ich Musik anmache?«, hielt ich unser Gespräch erst noch aufrecht, denn um ehrlich zu sein langweilte ich mich sehr.

Ich hatte mir vorgenommen, die Wand neben der Treppe mit einigen kleinen Motiven zu dekorieren. Oben war die verträumte Spielecke, in welcher jede Traumwelt wahr werden sollte. Deshalb hatte ich bereits am Treppenanfang Peter Pan in lebensechter Kindergröße an die Wand gezaubert und bin gerade dabei die letzten Motive zu zeichnen. Ich stellte mir vor, wie Peter Pan die Treppen herauf flog, ihn ein Zauberglanz umgab, in welchem sich jedes Kind verlieren konnte. Immer wieder tauchten kleine Motive, wie zum Beispiel, Pferde, Fußbälle, Feen oder fliegende Kinder auf. Da ich aber nicht jedem Kind ein Gesicht geben wollte, sah man lediglich die schwarzen Schatten. Alles flog herauf in die Etage, die wir fürs Träumen schaffen wollten.

»Natürlich, ich kann auch mit Musik arbeiten«, antwortete er schließlich und ich sah zu ihm hinüber. Da ich schon weit oben auf der Treppe saß, konnte ich ihn gut beobachten und das tat ich wirklich gerne, auch wenn ich mich eigentlich auf die Motive konzentrieren sollte.

»Du bist eine unglaubliche Künstlerin. Ich glaube mittlerweile, dass du alles kannst und für jedes Hobby ein Talent übrig hast«, vernahm ich plötzlich wieder Reece Stimme von der anderen Seite, weshalb ich aufsah und direkt in seine Augen schaute. Er konzentrierte sich noch auf die Wandmalerei neben mir und ich konnte ihm die Faszination wirklich ansehen. Die Hitze stieg in mein Gesicht.

guardian angel IWhere stories live. Discover now