Selat - Endlich Entschädigung

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Nach ein paar dramatischen Gesprächen mit Samira und dem erneuten Auftauchen des grau-blauen Mannes passierte etwas Seltsames. Die Gäste rannten wild durcheinander und die beiden Teenager kletterten auf die Düne. Von der Position aus, konnten sie einen geflohenen Bahkauv sehen.

Ich find' ihn irgendwie niedlich... Obwohl die Kombination Kalb-Reptil eigentlich nicht wirklich kongruent ist.

Selat hatte gar nicht bemerkt, dass das vermutlich aus dem Gehege geflohene Wesen direkt auf ihn zu rannte.

Er versuchte auszuweichen, doch es war schon zu spät und das Tier legte sich auf seinen

Schultern nieder. Das Gewicht des Bahkauvs war unerträglich.

»Komm schon, bitte, steig ab! Sei ein nettes inkongruentes Wesen...«, sagte Selat und versuchte freundlich zu wirken.

Ohne Vorwarnung wurde die Kreatur doppelt so schwer und der Junge musste unter dem Gewicht keuchen. Er stemmte sich mit all seiner Kraft gegen das Wesen, welches ihn in den Boden drücken wollte.

»Es ist schwerer geworden«, bemerkte er.

»Natürlich. Das ist ein Bahkauv...«, erklärte Samira schnell. »Wenn du flehst oder bettelst wird es schwerer. Erst wenn du schimpfst und fluchst wird es leichter.«

Von all dem Gewicht geplagt wurde der Junge immer genervter. Selbst mit seiner Kinsorkraft konnte er den Bahkauv nicht davonschleudern und kaum noch halten. Er spürte wie er langsam im Sandboden versank.

»Ach komm, was soll der Dreck, du elendiges, feiges und erbärmliches Mistvieh?«, sprach der Junge mit angestrengter Stimme, sich selbst nicht wiedererkennend in seiner harschen Ausdrucksweise.

Langsam verringerte sich das Gewicht. Kurz darauf hörte die Wirkung jedoch schon auf und die Kreatur rührte sich nicht mehr.

»Was? Er ist nur ein wenig leichter geworden.«, bemerkte er genervt während er sich das Wesen von den Schultern heben wollte.

»Das nennst du ordentliches fluchen? Du bist echt zu nett für diese Welt... Aber warte mal, ich erledige das für dich.«

Sie nahm den Kinsorstab in die Hand, öffnete ein besonderes verstecktes Fach und holte seltsame Pflanzensamen heraus.

Vermutlich sind es diese Algandionsamen, welche Kumbus schon einmal erwähnt hat.

Diese warf sie auf den Bahkauv und ließ sie als ein Netz um ihn herum wachsen. Verwirrt blickte die Kreatur umher und ließ den Jungen los. Erschöpft entfloh Selat dem Griff und schlüpfte unter dem Wesen weg. Er keuchte ein wenig und blickte sich das Tier an.

»Also, Herr Unbesiegbar, wie wär's, wenn wir in Zukunft uns einfach gegenseitig beschützen? Dann sind wir stärker!«, schlug Samira vor.

Langsam aufstehend blickte Selat sie an und sprach lachend: »Probieren wir es!«

Erleichtert atmete der Junge auf, während das Mädchen ihm auf sanfte Weise die Verletzung heilte.

»Nicht schlecht...«, sagte Samira als sie die Druckstellen an Selats Schulter untersuchte. »Das waren schon beinahe 180 Kilo.«

Plötzlich erschienen Arkady und Davínia. Der Athlet hatte ein Tablett mit Essen in den Händen und bot es Samira heiter an, als wäre nichts geschehen. Finster blickte er zu Selat.

Davínia hingegen rannte sofort zum angegriffenen Jungen und kniete sich neben ihm nieder. Sie hatte Wasser mitgebracht und bot es ihm an. Dankend nahm er es entgegen und trank einen Schluck. Ihre blond grünlichen Haare streichelten über seine Hände und ihm fiel etwas ein.

»Davínia, ich möchte, dass du Samira nicht mehr grundlos beleidigst, damit wir das Fest gemeinsam genießen können.«, sprach er.

Die Halbanguana schien enttäuscht zu sein, aber bejahte.

Samira schien Arkady das Gleiche in Bezug auf den Kupferhaarigen gesagt zu haben. Selat und der Athlet jedoch blickten einander feindselig an und bejahten dann erst nach einigen Momenten, in denen Selat meinte, Samiras Augen rollen zu sehen.

Batsheva kam angerannt und untersuchte den gefangenen Bahkauv. Sie erklärte, dass es eine Schwachstelle in seinem Gehege gab und, dass er diese schon seit langer Zeit brechen wollte. Anscheinend habe er wochenlang im Geheimen an der Wand genagt, bis diese nachgegeben hat.

Nachdem Selats Beine von der Anstrengung erholt waren, ging er auf Nabur zu und wünschte ihm alles Gute. Der Meister bedankte sich und meinte, dass sie sich wieder treffen sollten um ein paar Runden Valgoin zu spielen.

Alter, ich hätte einen Vertreter wählen können...

Der Gedanke schoss Selat immer noch durch den Kopf, als er sich der Gruppe wieder anschloss und bemerkte, dass Kinnay und Hanefi auch dabeistanden.

»Warum hast du mir nicht erzählt, dass jemand anderes für mich kämpfen könnte?«, fragte Selat, nachdem er Kinnay kurz zur Seite gezogen hatte.

»Waaas?«, rief Kinnay und schien zu überlegen. »Ach Mist, stimmt. Das passiert halt so selten, dass ich das komplett vergessen habe.«

Aber warum hat Meister Kumbus..., dachte Selat und wechselte sofort die Gedanken zu einer möglichen Erklärung: Achso, wahrscheinlich ist es unmoralisch, als Ehren-Oigon in diese Angelegenheiten einzutreten... Außerdem würde Arkady dadurch komplett überrumpelt werden!

Die beiden schwiegen kurz, bis der Schmiedelehrling sich schließlich auf die Stirn schlug, als ihm etwas klar wurde.

»Ich hätte Arkady verprügeln können?!«, rief er mit unendlichem Bedauern und Selat vergewisserte sich schnell, dass der Athlet nichts gehört hatte. »Hast du seine Rüstung gesehen? Das nutzt man doch nicht in einem Holmgang, vor allem nicht als talentierter Luftmagienutzer!«

Der Kupferhaarige überlegte kurz und fragte dann: »Was ist bei der das Problem? Also ich fand, die sah schwer aus, ist es das?«

Kinnay nickte und erwiderte: »Die ist schwerer als nur schwer. Das Ding wird für Kämpfe gegen Unterwasserbestien genutzt. Ultrahoher Schutz und im Wasser kann es auch ruhig schwerer sein als für die Landnutzung, aber keine Ahnung, warum der so viel Geld für so etwas in der Situation ausgibt. Die Dinger sind arschteuer.«

Dann drehte der Blonde sich um und rief Arkady entgegen: »Hey du! Warum hast'n du diese tonnenschwere Aalbekämpfungsrüstung angehabt?«

Der Athlet blickte verärgert zurück und sagte hasserfüllt: »Idee meiner Eltern. Keine Ahnung von der Welt, aber wenn's teuer ist, muss es gut sein...«

Selat fühlte zum ersten Mal ein wenig Verständnis in ihm aufkommen, denn seine Eltern waren genauso.

Der Sportler drehte sich wieder um und der Schmiedelehrling und der Kupferhaarige beschlossen, sich wieder der Gruppe anzuschließen.

Den Rest des Festes verbrachte Selat mit Samira, Davínia, Arkady, Kinnay und Hanefi. Bis auf ein paar Reserven und genervte Blicke, redeten sie miteinander, lachten und aßen. Für eine kurze Zeit war es beinahe so, als gäbe es keine Rivalitäten zwischen ihnen.

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Was sagt ihr über die Ereignisse des Kapitels? :p

Ich freue mich über jeden Vote und Kommentar. :)

Heov veîmon siniuv!

Kinsormagie: Der Wandel zur KlarheitWhere stories live. Discover now