Gänge

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Ich schaue in ein dunkles Loch.
Ich sehe nichts.
Kein Vor kein Zurück, kein Vorne und kein Hinten.
Ich weiß nicht, was ich hier soll, was ich hier tue und was ich gerade mache.
Es gibt keinen Weg, kein Geradeaus,
kein Richtig kein Falsch.
Also mache ich mich auf den Weg.
Auf den Weg ins Ungewisse.
Ein kleiner Schatten.
Oder doch ein kleines Licht?
Ein kleines Stück Weg, das im Dunkeln weiterläuft.
Ich folge ihm,
Ich verfolge ihn.
Kleine Lichtschimmer wie Abbilder eines Feuers.
Erste Gabelungen fallen mir im Halbdunklen ins Auge.
Ich sehe eine raue und eine glatte Wand.
Ich wähle den Weg mit der glatten.
Ich gehe, ich laufe.
Und ich habe das Gefühl, ich komme der Decke immer näher.
Es fröstelt mich
Mein Atem hängt als weißer Schleier in der Luft.
Nur durchzogen von hell glänzenden Lichtflecken.
Der Gang öffnet sich und vor mir ein See.
Ich gehe näher, wage mich einen Schritt vor, will meine Hände in das kühle Nass tauchen.
Doch es ist mir verwehrt.
Alles hart, alles gefroren
Keine Gefühle.
Mein Herz scheint wie ein Teil des Kristallsees zu sein.
Ich wende dem See den Rücken zu.
Schaue nicht auf die bunten Farben, die das Eis reflektiert.
Ich gehe weiter
Weiter ins Unbekannte
Die glatte Wand
Die Enge
Langsam ist sie mir vertraut.
Aber das Licht, es taut mein Herz
Die Feuer, die immer höheren Flammen
Die lodernden Zungen an der Wand,
In den Nischen
Und in kleinen Höhlen.
Überall kleine Feuer
Licht und Wärme spendend
Ich bleibe stehen
Wärme mein Herz
Genieße den Moment
Gehe weiter, weil die Feuer immer größer werden
Wärme meine Seele.
Die nächste Gabelung
Am Ende des ersten Ganges ein riesiges Flackern
Das größte Feuer, das ich je gesehen habe.
Angst
Unsicherheit
Am Ende des anderen Ganges fast nur Dunkelheit
Nur noch ein bisschen Glut glimmt.
Unbehagen
Beklemmung
Ich wähle den ersten Gang
Folge ihm
Es wird heißer
Ich glühe
Aber ich fühle mich gut
Kraftvoll
Hinter einer Kurve,
das Feuer direkt neben mir
Eine Höhle erfüllt von Glanz
Von Kraft
Und von Flammen
Einen Moment verharre ich
Bestaune das Schauspiel
Freue mich über meine Energie
Doch dann zieht es mich weiter
Der Gang wird allmählich wieder dunkler.
Das große Feuer sendet noch Licht aus
Aber die kleinen Feuer am Rand sind lange nicht so stark und hell.
Ich weiß nicht, was jetzt kommt, aber der Höhepunkt scheint vorbei zu sein.
Ich gehe
Ich laufe
Ich renne
Es passiert nichts
Alles bleibt gleich
Warum merke ich keine Veränderung?
Erschöpfung macht sich breit
Meine Beine wollen nicht mehr so schnell
Langsamer
Durchatmen
Luftholen
Weitergehen
Ich sehe noch ein paar Abzweigungen an mir vorbeiziehen.
Aber ich kümmer mich kaum noch darum.
Es zieht mich immer von selbst auf einen der beiden Wege
Ich scheine zu wissen, wo ich hinmuss.
Ich sehe Muster in den Wänden
Figuren auf dem Boden
Gegenstände an der Seite.
Ich schaue sie an,
Lasse manche liegen
Nehme machen mit,
Und werfe sie doch wieder weg.
Nur ein rotes Herz aus Holz halte ich fest in meiner Hand, seit ich es gefunden habe.
Da schon wieder eine Gabelung.
Diesmal ist es schwerer
Es ist wieder so dunkel 
Am Ende des ersten Teils, eine rote Rose, am Ende des zweiten eine weiße.
Ich nehme den Weg mit der weißen Rose.
Schleppend laufe ich den Gang hinunter
Langsam komme ich bei der Rose an.
Ich nehme sie in die Hand
Sehe in dem Moment wieder ein Feuer
Nur, dass die letzten Flammen gerade in sich zusammenfallen.
Was bleibt, ist die Glut.
Ich spüre, dass mein Holzherz in diese Glut gehört und lasse es los.
Ich schaue zu
Bis der letzte Schatten und das letzte Licht erlischen.

Und dann begreife ich, dass dies mein Lebensweg war.

Melody of life - GedichteWhere stories live. Discover now