vierzehn | Brief neun

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Als ich am nächsten Morgen ins Klassenzimmer kam, fiel mir eins sofort auf: Felix war nicht da.

Sein geheimnisvolles Grinsen fehlte, ich fühlte mich so unbeobachtet.

Das Zweite, was mir auffiel, war, dass Amy sich umgesetzt hatte, was mich ehrlich gesagt.. Ziemlich kalt ließ, dafür, dass sie eine meiner engsten Freundinnen war.

"Amy? Warum hast du dich umgesetzt?", fragte ich sie trotzdem verwirrt und stellte mich an ihren Tisch, an dem sie jetzt neben so einem schüchternen Mädchen saß.

Sie zuckte einmal mit den Schultern und warf ihre Haare über die Schulter. "Du hast ja keine Zeit mehr für mich, beschäftigst dich doch lieber mit dem Krüppel. Felix oder wie der heißt."

Scharf zog ich die Luft ein und ich spürte wie die Wut in mir aufwallte. "Was hast du da grade gesagt?!", zischte ich sie leise an und zog meine Augenbrauen zusammen.

"Na, der Neue. Er hat doch an manchen Tagen so komische Schläuche in der Nase. Krüppel halt." Gelangweilt sah Amy mich an.

Das war doch nicht Amy! Sie war sonst nie so oberflächlich gewesen und auch nicht so heftig abweisend!

Wütend piekste ich ihr mit meinem Zeigefinger gegen die Brust und bohrte ihn immer stärker gegen ihre Haut. "Ich weiß nicht, was du heute Nacht genommen hast, aber sonst hast du doch auch nie so über andere geredet! Felix ist kein Krüppel, nur, weil er eine Krankheit hat. Er ist genauso jemand wie du und ich, genauso wie dein Schwarm Ardy! Aber soll ich dir was sagen? Ardy wird sich niemals für dich interessieren, nicht wenn du so asozial bist und außerdem hat er mir einmal gesagt wie unerträglich dich findet! Wage es nicht noch einmal mit mir zu reden, wenn du so schlecht über Felix und andere Menschen redest, die du überhaupt nicht kennst!"

Zitternd holte ich tief Luft und nahm meinen Finger von ihrer Brust, während Amy mich entsetzt anstarrte. Ja, sie war heimlich verknallt in Ardy, aber der fand sie unsympathisch und war schwul, was aber nur seine besten Freunde wussten.

"Willst du mir damit sagen, dass du Felix gut kennst?!", fragte Amy mich wütend. Sie presste ihre Handflächen auf dem Tisch ab und starrte mir in die Augen. "Der Junge ist gerade mal ein paar Tage bei uns und schon ist er dir wichtiger, als ich! Wahrscheinlich hat er dich direkt in der ersten Nacht flachgelegt und du verteidigst ihn so heftig, weil du auf eine Beziehung mit ihm hoffst. Glaub mir, Rose, nicht umsonst hattest du die letzten Jahre keinen festen Freund. Ich meine, wer will dich schon?"

Meine Atmung ging flach und schnell, ich wusste, dass gleich ein Tränchen über meine Wange laufen würde. Warum hatte sich Amy so sehr verändert in den letzten paar Tagen?

Zitternd schnappte ich meine Tasche und stürmte aus dem Raum, raus aus der Schule.

Das tat weh. Ich war vielleicht nicht die Hübscheste, Begabteste, Beliebteste, Sportlichste, was auch immer! Aber das was Amy gesagt hatte, versetzte mir einen heftigen Stich.

Warum verteidigte ich Felix so stark? Warum stritt ich mich wegen ihm mit meiner ehemaligen besten Freundin? Was erhoffte ich mir von ihm?

Langsam fingerte ich ein Taschentuch aus meiner Tasche, putzte mir einmal kräftig die Nase und stieg dann in mein Auto.

Ich musste zu Felix, auf der Stelle.

Dank meinem nicht vorhandenen Orientierungssinn verfuhr ich mich erstmal geschlagene 15 Minuten und irrte hilflos mit dem Auto in der Gegend herum, bis ich das Haus von Freitag wieder erkannte. Das war mal wieder so typisch Rose.

Ich parkte am Straßenrand und schaltete den Motor aus. Meine Wut war immer noch nicht verflogen, was fiel Amy eigentlich ein Felix einen Krüppel zu nennen?!

90 days with undine ♥  DnerWhere stories live. Discover now