Kapitel 21

303 15 4
                                    

Kaum schloss er die Tür ließ er die Fassade, die er so angestrengt versucht hatte beizubehalten, fallen. Es war nicht mehr ein bloßes Weinen,  wie gerade eben, es war so viel mehr. Er wollte stark sein und kämpfen für Dean, doch jetzt musste er dies nicht mehr. Und all diese Gefühle durchfluteten seinen Körper, all das Schlimme, die Trauer um Sam, doch noch viel schlimmer und viel präsenter, der Schmerz. Dean, sein Leben, seine Welt. Wie sollte Cas leben, oder auch nur existieren ohne Welt. Er wollte zurück zu Dean, er wollte es so sehr. Ihn sehen, ihn küssen, ihn umarmen. Doch er konnte nicht.

Er taumelte den Flur entlang, hielt sich alle paar Meter an der Mauer fest, versuchte den Halt zu finden, den er brauchte, doch diesen könnte ihm nun keiner mehr geben. Er wusste nicht was er zu tun hatte, die Tränen verschwammen seine Sicht. Er war verloren. Er taumelte die Treppe hinauf in die Garage. Was sollte er tun?

Er wusste nichts mehr. Verloren in einer Dunkelheit, in der Schmerz und Leid und Trauer das einzig reale waren. Er wollte nichts mehr fühlen, er wünschte er könnte nichts fühlen, denn dieser Schmerz war nicht auszuhalten. Zwei Geliebte Menschen an einem Tag zu verlieren, seine ganze Welt, sein einziger Lebenssinn, wie könnte da noch der beste und tapferste Mensch leben können.

Er taumelte weiter, bis er vor dem Impala stand. Ein Schmerz, so real, so tief und verletzend, wie ein Stich ins Herz durchfuhr ihn. Alles an diesem Auto erinnerte ihn an Dean. Sie hatten so viel Zeit in dem Wagen verbracht, so viele schöne Stunden. Cas lies seine Finger über die Motorhaube gleiten, ehe er an niedersank. Er lehnte sich an das Gitter und zog seine Knie an die Brust. Er erinnerte sich an dem Abend, an dem Dean für ihn sang. Was sie danach im Auto gemacht hatten.
Es war so schön.
'Nothing else matters'
Cas wollte zurück, zurück an diesen Abend, an dem der Schmerz noch so fern lag, als sie jeden einzelnen Moment intensiver lebten, als jeden vor ihrer Beziehung. Er wollte zurück zum Anfang, er wollte alles anders machen, wollte andere Umstände machen. Doch er konnte nicht mehr und er würde es sich nie verzeihen.

Er hatte so sehr versucht Dean zu retten, er hatte alles gegeben und kam so weit. Doch das Schicksal holte ihn viel zu schnell und viel zu endgültig ein. Doch er musste leben, es wenigsten versuchen, doch in seinem Leben zählte nichts außer die Liebe zu Dean und Dean selbst, der Rest war nicht wichtig, er zählte nicht.

Irgendwann stand er auf, er musst weg. Alles hier erinnerte ihn an Dean,  selbst sein Geruch schien sich hier festgesetzt zu haben. Er musste an einen Ort, den er nur für sich selbst hatte, den er noch nie mit jemanden geteilt hatte. Er wollte Dean immer dort hinbringen, doch er dachte er hatte noch Zeit.  Was ein Fehler. Zeit war bei Menschen immer knapp bemessen, doch Cas war so naiv gewesen, um zu glauben, es wäre eine größere Zeitspanne.

Er lief in die kalte Nachtluft, es war eine raue Frühlingsnacht. Er hatte kein Fahrzeuzg aus der Garage genommen, zu viele wunderschöne Erinnerungen, an denen er zerbrechen würde, würde er sie für immer jeden Tag vor Augen geführt bekommen. Er wollte jetzt so sehr an seinen Ort sein. Er schloss die Augen, als würde er es sich wünschen, so wie früher, als er sich noch teleportieren konnte.

Plötzlich spürte er etwas. Das konnte nicht sein. Der Wind war noch stärker, er hörte das Rauschen der Wälder, das fließen eines Baches. Er öffnete seine Augen. Trotz des Windes war es eine Sternenklare Nacht und der Mond schien hell. Er erkannte den Ort sofort, seinen Ort. Wo die Magie, die Kraft der Engel wirklicher war, als sonst kaum irgendwo anders.

Der Ort an den Cas schon immer runter kommen konnte, sich sammeln konnte. Wenn er eine Chance hatte, weiterzuleben, dann war es diese hier. Er wusste es würde Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende dauern, bis er soweit fähig war, weiterzuleben. Doch der Schmerz würde ihn für immer bleiben, denn anders als man oft sagte, Zeit heilt keine Wunden, sich macht den Schmerz in manchen Fällen erträglicher, doch Wunden heilen konnten nur Personen, die diese Wunden aufrissen.

Er setzte sich hin, auf den kalten Boden. Doch die Kälte spürte er nicht mehr, sein Körper war taub von den seelischen Schmerzen. Er spürte Deans Seele. Sie leuchtete schwächer als Sonnen die Milliardene Kilometer weit weg waren. Obwohl Deans Seele noch da war, schmerzte es. Er konnte nicht mehr atmen, er dachte er war vorhin in der Garage schon zusammengebrochen, doch das jetzige war mit keiner Höllenqual zu vergleichen. Es schien als würden seine Lungen kollabieren und sein Herz aussetzen, obwohl er beides nicht brauchte, schnappte er panisch nach Luft. Doch die Luft die er bekam, stieß er in langen, lauten Schreien wieder raus. Er weinte, weinte mehr als Dean, lauter, als Tiere brüllen konnten. Es war zu real. Dean würde bei Sonnenaufgang nicht mehr auf der Erde wandeln, das Stück von ihm aus Cas reißen, eine nicht heilbare Wunde hinterlassen.

"Dean! Dean!"
Cas schrie den Namen immer wieder raus, er hoffte so sehr, der Mensch würde ihn hören, wünschte es sich mehr als alles andere, ihn hierzuhaben, ihn teilzuhaben zu lassen. Er schrie den Namen immer, immer lauter, tierisch, verwundet aufs tödlichste. Doch es war auch wie eine Lobpreisung auf den Jäger. Niemand würde ihm im Bunker je finden, niemand je wissen was mit ihm passiert war. In der nächsten Generation würde sich niemand mehr an ihm erinnern, der Mann, der die Welt rettete, der Mann, der tapferste und beste und liebenswürdigste aller Männer. Cas würde ihn nie vergessen, würde ihn immer ehren. So wie in diesen Moment, er ließ die ganze umliegende Natur an seinen Schmerz teilhaben,  doch lies auch jedes Tier wissen, wie groß Dean Winchester war.  Das Schreien des Namens würde zum Rhythmus, immer melodischer. Cas merkte es nicht, doch irgendwann driftete er ins enochische ab. Es klang wild und ungebändigt und bei jeden Ruf wurde  der Schmerz in Cas Stimme lauter, gewann die Oberhand, doch Cas sang weiter. Lobte Dean, verehrte ihn mehr, als er seinen Vater je verehrt hatte. Denn Dean gab ihn mehr, als irgendeiner sonst. Er zeigte ihn alles. Lies sich fallen, gab sich auf, für Cas. Gab sich selbst den Engel.

Deshalb sang der Engel weiter, er wusste nicht wie lange. Doch er wusste, dass er leben musste, er musste den Schmerz jeden Tag ertragen, denn Deans Geschichte war es wert, weiterzumachen, die Geschichte hinauszutragen,vom Mann der kämpfte, bis zum Schluss,  vom Mann der die Welt rettete, von dem Mann der einen Engel rettete. Die Geschichte von dem Mann, den Cas über alles liebte und niemals damit aufhören könnte, selbst wenn er wollte. Dafür müsste er leben, denn Dean hatte es verdient, nicht vergessen zu werden.

Fix you-DestielWhere stories live. Discover now