Kapitel 24

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Am nächsten Morgen erwachte ich überraschend zeitig und das, obwohl ich alles andere als gut einschlafen konnte. Chiana hatte mir auf einem Stuhl ein schlichtes Kleid gelegt, auf dem ein kleiner Zettel lag. Ich entfaltete das Papier und las die Nachricht, welche in einer hoch akkuraten Schrift verfasst war.

Ich kann heute leider nicht mit dir sprechen, da es einen Notfall gegeben hat, der meine Anwesenheit dringlich erfordert. Ich werde mir Morgen mindestens eine freie Stunde nehmen, um mit dir zu sprechen, versprochen.

Salviar

Das war alles andere als gut. Je mehr Verzögerung es gab, desto schwieriger würde es sein, rechtzeitig bei Tyrus anzukommen, falls meine Überzeugungsversuche keinen Erfolg hatten. Jedoch hatte ich so auch genügend Zeit, um mit Winter und Quinn zu sprechen. Jo hatte ich noch gestern aus den Augen verloren und sie hatte mir auch keine Nachricht hinterlassen oder mir gesagt wo ich sie treffen kann. Das passte ganz und gar nicht zu ihr und so langsam bekam ich das Gefühl, sie wollte mich überhaupt nicht sehen. Nur warum?

Während meinen Überlegungen zog ich mich fertig an und frisierte mich, ehe ich an der kleinen Glocke neben der Tür läutete, wie Chiana es mir beigebracht hatte. Diese stand wenige Minuten später vor mir und ich bat sie, mich zu Quinn zu bringen. Mitten auf dem Weg schloss Winter sich uns an. So langsam beschlich mich das Gefühl, dass der Wolf Gedanken lesen konnte, einfach weil er immer genau dann auftauchte, wenn ich ihn brauchte.

Wir wanderten weiter durch die schlicht gehaltenen Flure bis wir vor einer Tür standen, die exakt wie meine aussah. Ich dankte Chiana und klopfte an die Tür. Es rumorte und Quinn fluchte lautstark, bevor er die Tür aufriss. Er war offensichtlich eben erst aufgestanden, denn seine roten Haare standen in alle Richtungen ab und seine Wange zierte der Abdruck eines Kissens. Zudem trug er nicht mehr als einen Bademantel, der nur fahrig geschlossen worden war.

"Morgen", lachte ich und Quinn erwiderte den Gruß mit einem Grinsen. Vermutlich konnte er sich denken wie er aussah. Ohne dass ich fragen musste  ließ er uns Beide herein. "Ach, ich liebe das Chaos", brummte Winter ironisch, als er die Nase rümpfend über einen Socke stieg. Ich musste lachen, denn Quinn schien sehr wenig von Ordnung zu halten. Überall lagen Klamotten, das Bett war völlig zerwühlt und Stifte mit dem dazugehörigem Papier stapelten sich auf dem kleinem Couchtisch. Das einzige was tatsächlich fein säuberlich auf der Kommode abgelegt worden war, waren seine Waffen.

Quinn sammelte schnell ein paar Sachen zusammen und warf sie einfach unter das Bett. "Ich ziehe mich schnell noch um", meinte er und ehe ich etwas erwidern konnte war er auch schon - wie ich vermutete - im Bad verschwunden.

~*~

Selbst eine Stunde später waren wir zu keinen weiteren Erkenntnissen gekommen und so langsam hatte ich das Gefühl, dass wir nur noch auf der Stelle traten. Aus diesem Grund ging Quinn einfach dazu über mich wieder zu trainieren. Ich besaß das Feuer schon so weit unter der Kontrolle, dass ich zumindest keine Möbel oder Vorhänge in Brand setzte, aber ab und an war es doch ziemlich knapp. Als ich mich einmal nicht vollkommen konzentrierte trat eine Stichflamme aus dem Feuer auf meiner Hand und färbte die Decke leicht schwarz, sodass ich direkt wieder ein schlechtes Gewissen bekam. Aber Quinn hatte gesagt, dass er nur schlecht geträumt hatte, weshalb er unwillentlich Magie eingesetzt hatte.

Während des Trainings hatte Winter sich wieder verzogen und so langsam fragte ich mich was er die ganze Zeit so trieb. Ich würde ihn einfach fragen, wenn er wieder her kam. Doch auch am Ende der Übungen war Winter nicht wieder da. Ich ließ es einfach auf sich beruhen und kehrte wieder zurück zu meinem Zimmer. Nur Leider war das Schicksal heute ungnädig, denn als ich um die letzte Ecke auf meinem Weg bog, rannte ich in Blake hinein. Also eigentlich rannte er und die Kollision war so heftig, dass ich mich eine Sekunde später auf dem Hintern befand.

Ich stöhnte leise vor Schmerz und verzog das Gesicht. In den letzten Tagen blieb mir auch nichts erspart. Eine Hand tauchte in meinem Sichtfeld auf und ich ergriff sie, ohne zu zögern. Klar hätte ich mich weigern können, aber wenn Blake mich schon umwarf könnte er mich auch wieder hochziehen. "Tut mir Leid. Alles okay bei dir?", fragte er und sah tatsächlich etwas zerknirscht aus.

"Passt schon", murmelte ich, bevor ich meine Hand aus seiner löste  auch wenn dieses warme Gefühl dadurch verschwand. Danach standen wir einfach nur da und verfielen in unangenehmes Schweigen. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Teppich sehr interessant war und nicht einfach nur rot, sondern Purpur. Außerdem sah er unglaublich flauschig und kein bisschen zertreten aus. Blake räusperte sich und ehe er etwas sagen konnte, tat ich es.

"Ja also...Ich gehe dann  mal."

Ich versuchte so schnell wie möglich an Blake vorbei zu rauschen. Nur war ich noch nie schnell genug gewesen, um ihm zu entkommen.

"Du haust mir nicht schon wieder ab", murrte Blake, während er mein Handgelenk fest im Griff behielt. Als wäre ich ihm davongelaufen! Er war derjenige, der mich hatte gehen lassen!

"Was willst du Blake?", fragte ich ihn gleichermaßen verzweifelt wie wütend. Ich hatte keine Lust mehr auf dieses Chaos und noch mehr ärgerte mich die Wärme, die von seiner Berührung ausging. Seine dunkelblauen Augen wurden natürlich von seinen schwarzen Haaren mal wieder betont und trotz der schlichten schwarzen Kleidung, sah er wie immer zum anbeißen aus. Das wusste ich alles, obwohl ich ihm nicht in Gesicht sah, sondern auf die Brust starrte. Es war einfach immer so, egal was er anhatte oder was für einen Gesichtsausdruck er aufsetzte.

"Ich...", setzte Blake an, aber verstummte wieder. Ich verdrehte die Augen. Er wusste doch selbst nicht was er wollte. Mit einem mir in Fleisch und Blut übergegangenen Griff löste ich mein Handgelenk und lief weiter.

"Das tust du immer, Kio, oder?", fragte er plötzlich kalt.

Verwirrt hielt ich inne und runzelte die Stirn. Was tat ich immer? 

"Weglaufen. Du läufst immer nur weg."

Ich erinnerte mich an die vielen Momente in denen ich vollkommen überfordert abgehauen war. Ja, ich lief davon, aber es war doch entscheidend, dass ich zurückkehrte, weil ich ein gutes Herz besaß.

"Ja, vielleicht tue ich das, aber ich bin loyal. Mir kann man vertrauen", antwortete ich, während ich mich langsam herumdrehte. Dieses Mal sah ich Blake direkt in die Augen, welcher mit einer Abwehrhaltung zwei Schritte von mir entfernt stand. "Außerdem hast du mich gehen lassen, während die Anderen mich wieder zurückgeholt haben."

"Du hast doch keine Ahnung!", rief er wütend.

"Ach ja? Dann erklär es mir doch, verdammt nochmal", schrie ich ebenso wütend zurück. "Ich habe keine Lust mehr auf dieses Chaos und auch nicht darauf, dass ich immer für alles gerade stehen muss! Mag sein, dass ich der Stern bin, was aber nicht bedeutet, dass ihr mir direkt einen Krieg aufbinden müsst, in dem ich nur verlieren kann!" Ich konnte nur verlieren, egal was ich tat. So oder so würde ich Freunde verlieren, der Frieden wäre verloren, ebenso wie eine gemeinsame Regierung. Und ich? Ich habe schon längst mein altes Leben, mein Herz und meine Familie verloren.

"Ja genau!", stieß Blake verachtendend hervor, "Die arme Kio. Nur leider besteht die Welt nicht nur aus dir! Wir haben es auch nicht einfacher. Ich habe Milo gekannt und ich kann Salviar verdammt gut verstehen! Dieser Junge hatte nichts mit alldem zu tun!"

"Ja, aber das Feuervolk auch nicht", unterbrach ich ihn. Meine Hände waren zu Fäusten geballt und mein Kiefer so fest aufeinander gepresst, dass es fast schon schmerzte. "Vielleicht solltest du dem Mann hinter dem schwarzen Mantel mal auf den Zahn fühlen", zischte ich, bevor ich mich umdrehte und nach drei Schritten durch meine Tür verschwand, die mit einem lauten knall in das Schloss fiel. 

Dieser Arsch konnte mich mal!

Die Tochter der SterneTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang