Lektion 14: Emotionen lenken ab!

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Sie ließen das Krankenhaus schnell hinter sich. Liena gab mit strammem Schritt das Tempo an. Bisher hatten sie kein Wort verloren, über das was gerade passiert war. Raphel würde es auch nicht ansprechen, bevor Liena sich nicht beruhigt hatte. Sonst köpfte sie ihn auch noch.

Nach einer Weile merkte Raphel, wie Lienas Körperspannung langsam nachließ. Da er Frauen kannte, glaubte er zu wissen, was Liena jetzt brauchte. Aus seinem Rucksack kramte er einen verdrückten Schokoriegel, teilte ihn und streckte ihn Liena hin.

Sie nahm ihn dankbar an, auch wenn sie nicht wirklich hungrig war. "Danke.", murmelte sie.

"Geht's wieder?"

"Ja."

"Gut. Ich hatte schon Angst, dass du mich auch einen Kopf kürzer machst.", witzelte Raph.

Liena schüttelte müde den Kopf. Sauer sein war anstrengend.

"Aber meinst du nicht auch, dass deine Reaktion etwas übertrieben war?", fragte Raphel vorsichtig.

Liena zuckte mit den Achseln.

"Vielleicht. Aber sie hat es verdient. Eigentlich müsste ich auch sauer auf dich sein. Du hättest ihr auch mal die Meinung sagen können."

Im Vorbeigehen an den Autos testete Liena, ob die Autotüren offen waren. Sie brauchten ein Transportmittel, wenn sie nach Solaris wollten.

"Es tut mir leid. Ich... Nikole ist eine anstrengende Persönlichkeit. Ich habe ja nicht wissen können, dass wir ausgerechnet auf sie treffen."

"Das ist eine sehr schlechte Entschuldigung."

Mittlerweile hatte Liena ein offenes Auto gefunden. Kein neuestes Modell, aber noch nicht blutversudelt oder komplett verrostet.

"Ich weiß.", seufzte Raphel resigniert. "Aber...Ich habe probiert ihr zu erklären, dass wir nicht bleiben können und dass sie dich in Ruhe lassen soll." Er machte sich daran, das Auto zu starten, während Liena sich auf der Beifahrerseite niederließ.

"So? Davon habe ich letzte Nacht aber nichts gehört!", gab Liena zurück und biss sich noch im selben Moment auf die Zunge. Jetzt hatte sie sich selbst verraten, dass sie die letzte Nacht gelauscht hatte.

"Letzte Nacht?", Raphel hielt in der Bewegung inne. "Hast du das Gespräch zwischen mir und Nikole belauscht?" Der Wagen sprang nach zwei Versuchen an und Raphel fuhr los.

"Nicht beabsichtigt. Ich wollte was trinken. War euer Gespräch etwa geheim?"

"Nein. Hör doch auf, so was zu sagen. Wenn du mitgehört hast, weißt du ja, dass ich gesagt habe, dass ich nicht mehr an ihr interessiert bin."

"Dass sie mich in Ruhe lassen soll, hast du aber nicht erwähnt."

"Jetzt reite doch nicht so auf jedem Wort rum, was ich sage. Lass uns das vergessen, okay? Schließlich sind wir jetzt weg von Nikole und auf unserem Weg zum Grand Canyon." Raphel bog ab.

"Grand Canyon?! Nein! Wir müssen sofort nach Solaris!"

"Da können wir auch noch nach dem Grand Canyon hin."

"Raphel! Halt sofort an! Sofort! Dreh um!"

"Zu spät!"

"RAPHEL!", schrie Liena außer sich. "Wir müssen nach Solaris! Josh könnte dort sein!"

"Beruhige dich. Er könnte, das wissen wir aber nicht. Und nur, weil Nikole davon erzählt hat, heißt es noch lange nicht, dass alles davon wahr ist oder es überhaupt existiert. Wir müssen erst etwas mehr darüber hinausfinden."

Signs of CainWhere stories live. Discover now