1*

5.4K 229 67
                                    


—————//—————//—————//————-

1.

Das Taxi hielt auf offener Straße mitten im Wald an.
„Aussteigen!", sagte Achim, ihr alter Leibwächter angespannt zu ihr und Julia schluckte hart an den erneut aufsteigenden Tränen.
„Aber... ich dachte du bringst mich noch hin?! Wie soll ich denn ganz alleine...?!"
„Du bist ein wild gebissener Werwolf, Jule, auch wenn du fast noch ein Kind bist! Du kannst nicht ganz alleine außerhalb der Territorien herumlaufen und ich kann nicht bei dir bleiben.
Vergiss nicht die Regierung weiß nun von dir. Sie werden dich also ganz sicher suchen, finden und dann in das Center bringen, indem sie an dir rumexperimentieren werden, bis du irgendwann stirbst. Das habe ich dir bereits mitgeteilt und du hast es vorhin doch auch selbst noch erlebt. Du hast also schlicht keine andere Wahl mehr als zu ihnen zu gehen. Und sie haben uns mehrfach versichert, dass es dir dort gut gehen wird.
Du kannst da wieder was lernen, eine Ausbildung machen, studieren ... oder ganz allgemein lernen mit dem Wolf in dir drin zu leben, auch ohne
dich einzusperren oder ständig mit diesen Anti-Werwolf-Kräutern zu vergiften...
Du wirst es irgendwann dann sicher auch schaffen dich zu wandeln, ohne andere Menschen dabei zu gefährden. Sie sagten sie könnten dir beibringen auch als Wolf bei vollem Bewusstsein zu bleiben ..."
„Aber ich habe Angst vor den Werwölfen, Achim. Was... wenn sie es herausfinden...", flüsterte sie leise.
„Du darfst einfach nur nicht daran denken! - Niemals mehr! Tu einfach was ich dir gesagt habe! Bleibe nun immer in der Gegenwart, lenke dich mit Gedanken an gelesene Literatur  ab und vergiss alles was früher passiert ist! Verdränge jeden Gedanken daran! Denn ihre Alphas können es sonst in deinen Gedanken hören! Ihre Telepathie ist stark, verstanden?"
„Ja, okay... wenn nur Opa nicht..."
„Ich sagte, vergiss deinen Opa! Er wird dir nicht helfen! Er will es doch auch gar nicht.
Zuviel ist geschehen und du weißt genau wie seine Versuche an den Welpen der Rudel, um ihre Schwachpunkte herauszufinden und sie zu vertreiben oder zu erschießen, geendet haben."
„Meine Eltern und Tobias starben...", flüsterte sie leise ausatmend und nickte resignierend.
Er nickte ebenfalls und presste dann kurz die Lippen aufeinander. Seine Fingerknochen, die das Lenkrad umfasst hielten knackten leise.
„Du weißt, dass ich mich sofort beißen lassen würde, wenn ich dich dadurch noch länger beschützen könnte. Doch wenn ich mitginge, würdest du ganz sicher aufliegen.
Aber als ein schlichtes, unwichtiges, irgendwann von Rogues angefallenes Teenager- Mädchen, das vor Regierungsjägern auf der Flucht ist, sind deine Chancen um 50 % besser, wirklich aufgenommen und auch akzeptiert zu werden.
Das hier ist zudem das einzige Territorium das einen Rogue-Werwolf ohne jede Überprüfung aufnimmt, von welchem Rudel genau er oder sie gebissen wurde.
Geh hin! Halte den Kopf einfach unten. Tu alles was sie sagen, halte den Mund und deine Gedanken immer in der Realität. Sag niemandem wer du früher mal warst und sei einfach nur noch Julia, okay?
Versuche einfach irgendeine Nische für dich zu finden! Du bist superklug. Aber keiner dort darf wissen wer du früher mal warst, klar? Sie würden dich sonst genauso foltern und töten wie die Werwolf-Hunter. Doch du musst überleben! Um jeden Preis!
Mach es einfach besser als deine Familie, halte dich raus und lebe ein gutes, unauffälliges Leben!", empfahl er ihr noch und nickte dann erneut entschieden „Steig aus!"
Julia schniefte leise auf und gehorchte ihm endlich, schnallte sich ab und schloß ihren Rucksack und die Jacke.
„Ich danke dir, dass du mich da rausgeholt hast, Achim. Und ich hoffe... ich sehe dich irgendwann mal wieder.
„Verzeih mir... aber Ich hoffe das tatsächlich nicht, Jule! Ich war fast zehn Jahre lang euer Leibwächter und bin es deinem Vater schuldig gewesen einen Weg zu finden, dass du überlebst, Kleine! Das hier ist er. Nun los! Du bist jetzt schon um Stunden verspätet. Sie warten sicher schon auf dich. Der Verbindungsmann hat ihnen gesagt von aus du kommen wirst. Ich kann nur hoffen sie sind nett zu dir. Aber wenn nicht, dann tu was du musst, damit sie es irgendwann sind und dich mögen! Du weißt, du kannst dich verteidigen, das wissen wir beide, doch tu es nur dann, wenn du wirklich in Lebensgefahr gerätst. Das selbe gilt für den Schulbesuch. Die werden dich sicher wieder hinschicken. Also falle besser nicht zu sehr auf, verstanden? Werde schlicht für alle unscheinbar, still und damit unsichtbar!", erinnerte er sie sicher zum Hundertsten Mal an die Verhaltensregeln.
Sie nickte nur erneut verängstigt aufschluchzend und nahm dann tief durchatmend den Rucksack vom Sitz und zog ihn sich auf den Rücken, bevor sie die Autotüre öffnete.
„Ich werde es nicht vergessen... und dich auch nicht, Achim. - Danke.", flüsterte sie noch einmal leise, senkte wie befohlen den Kopf und stieg aus.

Seelenverwandt - Julia, Die Rogue Mate. Where stories live. Discover now