Kapitel 10

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„Was in SternenClans Namen tut ihr da?“, miaute eine bekannte Stimme hinter den beiden Katern. Wie erstarrt blieben sie stehen. Die Pelze sträubten sich vor Unbehagen. Zögerlich warf Glutherz einen Blick über seine Schulter, das Eichhörnchen, das er gerade gefangen hatte, baumelte aus seinem Maul.

Suchend blickte er sich um. Anfangs konnte er rund um das zerfallene Zweibeinernest und dessen Garten keine Katze entdecken und einen Moment lang hoffte er schon, sich die Stimme nur eingebildet zu haben, als er Felspfotes weißes Fell erkannte. Der junge Kater stand vor einem weißen Gebilde, das vor langer Zeit wohl einmal eine Statue gewesen war und nun eher einem Haufen Schutt ähnelte. Die bernsteingelben Augen des Schülers musterten die beiden frisch ernannten Krieger aufmerksam, dann wanderten seine Augen zu der Frischbeute, die Winterschweif und Glutherz bisher gefangen hatten.

„Wenn ich ihr wäre, würde ich jetzt weg von dem Zweibeinernest gehen. Apfelteich und Laubsprenkel werden jeden Moment hier sein“, eröffnete Felspfote mit einem amüsierten Blick. Nach einem kurzen Schwanzschnippen wandte sich der weiße Kater, dessen Bauchfell von Schlamm verklebt war, ab, sprang über den Schutthaufen hinweg und verließ den Zweibeinergarten. Als seine Schwanzspitze zwischen einigen Holundersträuchern verschwunden war, warf Glutherz seinem Bruder einen alarmierten Blick zu.

„Ich hab dir doch gesagt, dass das eine mäusehirnige Idee war“, maulte er durch sein Eichhörnchen hindurch. Winterschweifs Schnurrhaare zuckten genervt. „Und ich habe dir gesagt, dass es uns egal sein kann, wenn Apfel und Laubsprenkel … oh ich meine natürlich Apfelteich und Laubsprenkel… ähm… uns erwischen“, antwortete der schneeweiße Krieger stotternd. Glutherz schnaubte ungläubig. Das Stottern in der Stimme seines Wurfgefährten hatte ihm klar gemacht, das auch dieser nicht mehr so ganz sicher war, ob es wirklich in Ordnung war, dass sie im zerfallenden Zweibeinernest gejagt hatten. Damals, als einige Krieger es kurz nach ihrer Ankunft im Wald entdeckt hatten, hatte Flammenstern befohlen, dass niemand sich dem Zweibeinernest näher als fünf Fuchslängen nähern solle. Anscheinend hatte sie Angst gehabt, dass einer ihrer Clangefährten sich in dem Nest befinden könnte, wenn es eines Tages ganz zusammenstürzen würde. Glutherz konnte ihre Sorge verstehen. Ihm war selbst nicht ganz wohl dabei gewesen, als Wolkenschweif und er es betreten hatten.

Aber sie hatten dort drinnen Beute gefunden – und davon nicht gerade wenig. Mehrere Mäuse waren ihnen schon fast in die Krallen gesprungen, so unerwartet waren die beiden aufgetaucht. Glutherz war sich sicher, dass ihr Fang den ganzen Clan bei Sonnenuntergang satt machen würde.

Doch es war wohl wirklich besser, wenn sie nun hier verschwanden. Apfelteich und Laubsprenkel würden nicht sonderlich erfreut sein, wenn sie erfahren würden, dass die beiden trotz ausdrücklicher Warnung hier gejagt hatten.

„Lass uns die Beute nehmen und verschwinden“, schlug der dunkelrote Kater vor. Seine Stimme wurde durch das dichte Fell des Eichhörnchens gedämpft. Winterschweif nickte nur und trottete zu dem Haufen, den sie ordentlich neben einem Baumstumpf gestapelt hatten. Der Wind trieb lose Blätter durch den verwilderten Garten, unangenehm kalt zerzauste er ihnen das Fell. Das Dach des Zweibeinernestes ächzte bei jedem stärkeren Windstoß, als würde es jeden Moment zusammenbrechen. Augenblicklich beschleunigte Glutherz sein Tempo und schloss zu seinem Bruder auf, der schon damit beschäftigt war, irgendwie die vielen Beutestücke zu transportieren.

Als sie es zu Wege gebracht hatten, die ganze Beute in den Mäulern zu tragen, trabten sie vom Zweibeinernest weg. Von einem Star, den Winterschweif kurz zuvor gefangen hatte und der nun wie zwei Wühlmäuse, das Eichhörnchen und ein Rotkehlchen  aus seinem Maul baumelte, stieg ein schmackhafter Geruch auf, der Glutherz das Wasser im Maul zusammenlaufen ließ. Kopfschüttelnd machte er sich bewusst, dass es noch etwas dauern würde, bevor er seinen Teil an der Beute bekommen würde. Erst mussten die Königinnen, Jungen und Ältesten versorgt werden. Doch er zweifelte nicht daran, dass danach noch genug für die Krieger übrig bleiben würde.

Warrior Cats - Das Vermächtnis des FeuersDove le storie prendono vita. Scoprilo ora