Festlichkeiten

315 25 7
                                    

Die nächsten Tage waren eine innerliche Zerreißprobe für Erestor.
Das Erntefest stand an und alles lief auf Hochtouren, die Stände wurden aufgebaut und viele Kaufleute aus anderen Reichen reisten an. Nicht nur Elben, auch Menschen waren vertreten und sogar einige wenige Zwerge.
Und für alle musste er eine Unterkunft finden, was mit den speziellen Wünschen einiger nicht gerade ein Zuckerschlecken war. Dazu kamen noch einige Besucher die das Erntefest nicht verpassen wollten, auch die mussten untergebracht werden.
Kurz, Imladris war zum Bersten gefüllt.

Zu dieser Belastung kamen auch noch weitere Patrouillen, obwohl er selbst vermehrt bei den Rekruten zu finden war. Zurzeit konnte er es sich nicht leisten nicht erreichbar zu sein, falls unerwartete Probleme auftraten.
Gut Carandol hatte sich dieses Jahr vorrangig um die Vorbereitung gekümmert, aber es fehlte ihm teilweise noch an Erfahrung.

Zusätzlich hatte er die letzten Tage nicht mehr richtig geruht, sobald er sich hinlegte kamen Fragen.
Fragen zu einem schwarzhaarigen Elb in zerrissener Kleidung und Schuld.
Indborn war immer noch in den Häusern der Heilung und Erestor kam nicht umhin sich Vorwürfe zu machen.
Hätte er ihn noch nicht mitgenommen, wäre er jetzt nicht verwundet.
Hatte er ihn falsch eingeschätzt?
Es war zunehmend gefährlicher geworden.
Er hätte es wissen müssen, er hätte mit einem Angriff rechnen müssen.

Er konnte dem Ganzen aber auch nicht nachgehen, am folgenden Tag war das Erntefest und einige hatten immer etwas an der Standverteilung auszusetzen. Diese wurde schon seit einigen Jahren durch gewechselt, sodass immer andere Stände in der Mitte, dem beliebtesten Platz, waren.
Die Händler waren teilweise auf diesem Ohr taub, aber für Änderungen war es eh zu spät.

Am nächsten Morgen stand er noch vor Sonnenaufgang auf den Beinen, einige Händler hatten schon mit dem Aufbau ihrer Stände begonnen, sodass er seine übliche Ruhe vergessen konnte.
Das Wetter versprach wenigstens schön zu werden. Zumindest wenn er auf den noch dunkelblauen Himmel schaute.

In einer leichten Robe, lang nicht so schwer wie die üblichen Beraterroben machte er sich auf den Weg nach draußen. Er musste nach dem Rechten sehen und mit einigen Händlern noch letzte Absprachen treffen.
Warum er nicht seine gewohnte Robe trug wusste er selber nicht so genau.
Wahrscheinlich färbte hier der wieder geweckte Krieger durch.

Auf jeden Fall wurde er schon bald in seiner Arbeit gestört, als zwei kleine Wirbelwinde auf ihn zu rannten und ihn mit sich zogen. Aufgeregt hopsten die Zwillinge an je einer seine Hände herum.
„Komm schon 'Restor da gibt es einen Stand mit Honiggebäck, können wir dahin gehen."
Dass das Erntefest offiziell noch gar nicht angefangen hatte, schien den beiden dabei ziemlich egal zu sein.
Erestor hockte sich vor den beiden hin, um mit ihnen auf einer Höhe zu sein, sein Ruf hatte sich inzwischen eh etwas verändert, da würde das nun auch nicht mehr stören.
Ihm war egal was die Leute von ihm dachten, solange es niemand wagte ihn mit Fragen zu nerven.
„Hört zu ihr beiden. Noch kann man nichts kaufen, euer Ada muss das Erntefest erst noch eröffnen. Und ich habe auch noch einiges zu tun, ihr könnt mir dabei helfen oder euch nach Glorfindel umsehen, der wollte auch kommen."
„Wir bleiben bei dir." beschloss Elladan kurzerhand.

Die Händler mit denen er im Anschluss sprach sahen etwas irritiert aus, wagten es aber nicht irgendetwas in diese Richtung anzumerken, sein Ruf war schließlich bekannt.
„Lord Erestor!"
der laute ziemlich wütende Ruf gehörte zu einem Elben aus Imladris, er hatte schon seit Jahren ein Problem mit seinem Standplatz.
„Was fällt euch ein mich neben dem Käse zu platzieren."
fuhr dieser in einem unerträglich lauten Ton fort, nachdem Erestor sich zu ihm umgewandt hatte.
Er blickte den Störenfried ausdruckslos an, das hatte kommen müssen.
„Ich weiß nicht was du dir einbildest, aber an deinem Platz kann und werde ich nichts ändern. Jedes Jahr hast du etwas anderes zum Meckern. Inzwischen solltest du wissen, dass das nichts bringt."
Erestor hatte seine Stimme nicht erhoben, aber sie war kalt, eiskalt und gefährlich ruhig.
Mit einem Schnauben drehte sich der andere Elb um und stolzierte davon.

„Du hast die aber ganz schön im Griff."
die belustigte Stimme des blonden Seneschalls erschreckte Erestor, er hatte nicht so früh mit ihm gerechnet. Mit einem genervten Schnauben drehte er sich um.
„Was machst du denn schon hier?! Sollte der werte Lord Glorfindel nicht noch im Bett liegen und ruhen."
Trotz der harschen Worte schwang ein gewisser neckender Unterton mit, der ihn selbst überraschte.

Glorfindel sah ungewohnt aus, er hatte zwar keine Robe an, aber so pompös kleidete er sich normalerweise nicht.
Der Krieger hatte trug eine kunstvoll bestickte Tunika in einem hellen grün, die goldenen Verzierungen formten Blumenranken und betonten sein kunstvoll geflochtenes Blondhaar. Auf dem Kopf trug er eine schmale Tiara für die gewiss Elrond verantwortlich war. Um die Hüfte lag ein schmaler Stoffgürtel in dunklerem Grün, aber mit den gleichen Stickereien.
Seine himmelblauen Augen blitzten Erestor voller Schalk an.
Er hatte sich echt herausgeputzt.

Erestor wandte schnell den Blick ab, der Blonde sollte nicht bemerken, dass er ihn gemustert hatte. Eigentlich hatte er es gar nicht verdient, dass der Balrogtöter seinen Tag mit ihm verbringen wollte.
Er war doch nur Erestor.
Kein Elb von hoher Herkunft.

„Weißt du im Bett ist es auf Dauer so langweilig, ich glaube ich lag in letzter Zeit mehr, als sonst in einem Monat."
ein fröhliches Lächeln umspielte sein Gesicht als er hinzufügte.
„Und ich wollte dich nicht so lange warten lassen."

Irgendwie verlegen blickte Erestor an sich herab. Seine Robe war etwas zerknittert und nicht wirklich festlich.
Er kam sich neben Glorfindel ziemlich fehl am Platz vor. Die Zwillinge standen immer noch neben ihm, begrüßten jetzt aber den Seneschall, mit einem Strahlenden Lächeln.
Unsicher blickte Erestor zuerst auf die beiden bevor er seinen Blick auf Glorfindel richtete.
Dieser schien zu bemerken, was Erestor störte.
War seine Maske inzwischen etwa so rissig geworden?
„Geh nur und mach dich fertig, ich achte solange auf die Zwillinge."

Mit einem knappen Nicken drehte er sich um und ging zügig in seine Gemächer. Dort musste er einmal kräftig durchatmen. Was hatte ihn nur geritten, dass er mit Glorfindel auf das Fest gehen wollte?!












Glorfindel freute sich schon auf die Zeit mit Erestor, er hatte immer noch das Gefühl den anderen Elben nicht wirklich zu kennen.
Vielleicht würde sich am Fest ja so einiges ergeben.
Deswegen war er auch schon früh auf den Beinen, gut gelaunt hatte er sich ein wenig später auf die Suche nach dem schwarzhaarigen Elben gemacht.

Dieser sah irgendwie fertig aus. Trotzdem hatte er die Lage anscheinend gut im Griff.
Aber Er wirkte trotzdem müde, Erestor hatte sich wohl mit seinen Doppelpflichten ganz schön übernommen.
Nicht das er es sich jemals eingestehen würde, dass hatte Glorfindel schon länger gelernt.
Erestor mochte es nicht wenn man meinte ihm helfen zu müssen. Darüber wollte er jetzt aber nicht nachdenken.

Erestor ging mit ihm auf das Fest!

Er freute sich, dass der andere Elb offener wurde, sich mehr und mehr auf ihn einließ.
Solange man die Sprache nicht auf seine persönlichen Empfindungen lenkte konnte er sich echt gut mit ihm unterhalten.
Und irgendwann würde der Andere sich schon vollständig öffnen.
Er würde ihm versichern, dass er ein Ohr für ihn hatte. Der Rest musste mit der Zeit kommen.

Jetzt sollte er sich aber lieber auf das Fest und den schwarzhaarigen Elben der gerade auf ihn zu kam konzentrieren.

Erestor hatte sich eine Robe in dunklem blau angezogen, der hohe Kragen war mit silbernen und schwarzen Ornamenten geschmückt.
Ihm selbst würde das Kleidungsstück nicht stehen, aber an Erestor sah es gut aus.
Allerdings schien der Stoff nicht so schwer wie sonst zu sein, ansonsten war die Robe schlicht gehalten.
Auch bei seinen Haaren hatte er lediglich die vordere Partie zurück gebunden.
Wenn Glorfindel sich aber nicht komplett täuschte trug Erestor keine passenden Stoffschuhe sondern die abgetragen Lederstiefel seiner Uniform.

Die Zwillinge zogen ihn förmlich in Erestors Richtung und unterbrachen ihn damit in seiner Beobachtung. Wild um den Berater herum hüpfend schienen die beiden nur ein Wort zu kennen.
„Honiggebäck, Honiggebäck, komm schon Erestor, kriegen wir jetzt Honiggebäck?"
Erestor lächelte zu den Zwillingen herunter,
„Gleich ihr beiden, euer Vater eröffnet das hier sicher jeden Augenblick."

Es stimmte, der ganze Hof war schon voller Elben, Menschen und einigen Zwergen.
Glorfindel bot Erestor seinen Arm an. Hoffentlich würde der das Angebot annehmen.
Dieser zögerte einen Moment und schaute auf den Boden.
Blickte einmal kurz zu ihm hinauf.
Er wartete einfach ab.
Und tatsächlich, zögernd harkte Erestor sich bei ihm unter. Glorfindel war sich sicher, dass sein Strahlen nicht zu übersehen war.
Der Tag musste einfach großartig werden.

Zusammen drängten sie sich in Richtung des Haupthauses, die Zwillinge waren dicht auf ihren Fersen.
Elrond war noch nicht aufgetaucht. Deswegen gingen sie auch hinein, nur um beinahe mit dem Halbelben zusammen zustoßen.
Dessen kritischer Blick wanderte auch sogleich über die beiden hochrangigen Elben und seine beiden Söhne, diese waren inzwischen dazu übergegangen um ihren Vater herum zu hüpfen. Der Halbelb hatte natürlich schnell bemerkt, dass Erestor sich bei dem Seneschall eingehakt hatte. Er schenkte Glorfindel einen warnenden Blick, bevor er breit lächelte.
Dieser war sich durchaus bewusst, was dieser Blick bedeutete. Den hatte er immer drauf, wenn es um das Wohl seiner Patienten ging, frei nach dem Motto'tust du ihm weh, bekommst du es mit mir zu tun' und Elrond war nicht um sonst Gli-Galads Herold gewesen.
Glorfindel wusste allerdings nicht so genau, warum Elrond ihn mit diesem Blick angesehen hatte.

Die Zwillinge ließen ihrem Vater keine Ruhe, anscheinend konnten sie nicht mehr länger auf das versprochene Honiggebäck warten. Also nickte Bruchtals Herrscher seinen Freunden zu, bevor er aus der Tür trat und einige Worte an die Anwesenden Personen richtete.
Aber diese Pflicht war schnell getan, sodass sich die Elben endlich auf den Weg zum begehrten Honiggebäck machen konnten.
Aus den Augenwinkeln betrachtete er Erestor, der schwarzhaarige Elb schien sich in der Masse von Personen nicht wirklich wohl zu fühlen.
Die Zwillinge hingegen waren in ihrem Element, überall gab es was Neues zu entdecken und sie bekamen endlich ihr Honiggebäck. Dieses musste natürlich auch sofort probiert werden.
Aber nicht nur die beiden Kinder schlugen kräftig zu, auch Erestor schien eine Schwäche für das süße Gebäck zu haben. Immer wieder klaute er sich ein Stück aus der großen Tüte, die er den Zwillingen gekauft hatte.
Glorfindel beobachtet das Ganze mit einem zufriedenen Schmunzeln auf den Lippen, endlich wurde Erestor etwas entspannter und schien das Fest zu genießen.
Damit hatte Glorfindel schon ziemlich viel erreicht. Der Schwarzhaarige sollte endlich auch einmal ein bisschen Spaß haben. Sonst war Erestor leider immer viel zu ernst.

Einige Zeit schlenderten sie zu viert durch die aufgebauten Stände, wobei Glorfindel sich einmal mehr über den Umgang Erestors mir Elronds Söhnen wunderte.
Alles in allem bereitete der Tag Glorfindel eine ziemliche Freude, endlich mal wieder Abwechslung.
Langsam hielt er es echt nicht mehr aus nichts tun zu dürfen. Elrond war in dieser Hinsicht leider ziemlich resolut.

Am Nachmittag, sie hatten sich gerade an einen der Stände etwas zu Essen geholt, wurden die Wachen unruhig. Heute waren die Mannschaften nur spärlich bestückt, schließlich wollte man möglichst vielen ein Festbesuch ermöglichen. Anscheinend hatten Orks es irgendwie geschafft, gefährlich nah an Bruchtal heranzukommen, bevor sie bemerkt wurden. Ein wachhabender Elb entdeckte Glorfindel in der Menge und kam zu ihnen, um sie von den Geschehnissen zu unterrichten. Ein kurzes Nicken und einen kurzen Befehl in Richtung Erestor und Glorfindel lief Richtung Wald.

Erestor würde erst einmal die Zwillinge wegbringen, dann würde er nachkommen.
Auf den Weg traf er dann weitere Elben der Garde die sich in den Baracken schnell ihre Waffen holten, auch der Balrogtöter schnappte sich sein Schwert um seine Wachen anzuführen.
Das Kampfverbot von Elrond ignorierte er getrost. Mit dem konnte er sich auch später befassen.

Jetzt mussten erst einmal einige Orks in die Schranken gewiesen werden. Es war erschreckend in welcher Stückzahl und Nähe sie auf die Biester trafen. Aber sie schienen nicht allein zu sein.
Bei den Valar, Erestor hatte Recht, da war eine schlanke Gestalt die Befehle gab. Von der Statur her eindeutig ein Elb.
Die Orks hatten mit ihrem Angriff gerechnet. Die insgesamt ungefähr 50 Gegner formierten sich direkt zum Angriff.
Da war nichts von dem typischen Drauflosgestürme. Diese Orks waren gut organisiert.
__________________________________________________________
Hey Leute,

ich melde mich endlich mal wieder, es tut mir wirklich Leid, dass ich so lange nicht zum Schreiben gekommen bin.
Erst durch die Corona-Kriese konnte ich mich endlich wieder an ein Kapitel setzen.

Also hier kommt endlich das Erntefest, allerdings bin ich stellenweise nicht ganz zufrieden.
Ich hoffe es gefällt euch trotzdem.

Eure
Urwen

Kämpfe-für das, an was du glaubstWhere stories live. Discover now