Kapitel 17

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Verwirrt griff ich nach dem geheimnisvollen USB-Stick und runzelte die Stirn.
„Wir haben das nächste Album bereits fertiggestellt.“
Sinner deutete auf den Speicherstick in meiner Hand.
„Wie Sie verlangt haben ist das Thema Familie, Freundschaft und Vertrauen. Es geht darin um unsere Beziehung zueinander und wie wir langsam zusammengewachsen sind und letztendlich nicht mehr nur Freunde, sondern eine Familie geworden sind.“
Ich starrte auf meine Hand und das Teil in ihr. Die Gruppe betrachtete sich als eine Familie? Damit hatte ich definitiv nicht gerechnet.
„Ihr habt die Lieder bereits geschrieben? Wann? Euer Terminplan war von früh bis spät ausgeplant.“
Sinner lachte leise.
„Wie wir dieses Album erschaffen haben ist nun wirklich nicht so wichtig.“
Ich konnte nur ungläubig starren. FSL musste tagtäglich etliche Stunden ihres kostbaren und eh bereits knapp bemessenen Schlafes geopfert haben, um etwas derartiges zuwege zu bringen.
„Das heißt, wir können mit den Aufnahmen im Tonstudio beginnen?“
Sinner schüttelte den Kopf und ich runzelte die Stirn.
„Ich dachte alles wäre fertig?“
Sinner musste schmunzeln und nickte.
„Es ist auch alles fertig. Wenn ich alles sage, meine ich auch alles. Wir haben die Lieder bereits im Tonstudio aufgenommen und bearbeitet. Sie müssen das Album nur noch veröffentlichen.“
Ich starrte die Gruppe mit geweiteten Augen an.
„Woher habt ihr bitte ein Tonstudio herbekommen? Alleine die Wartezeit in öffentlichen ist mehrere Monate.“
Ich sah wie Keen Sinner einen Blick zuwarf und meine Augenbrauen wanderten neugierig in die Höhe.
„Wir haben das Album in einem meiner Ferienhäuser aufgenommen.“
Verwirrt schaute ich von einem zum anderen.
„Ich dachte ihr hättet es in einem Tonstudio aufgenommen?“
Noch ein Blick zwischen den beiden.
„Haben wir auch. Ich habe ein privates Aufnahmestudio.“
Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Ich wusste wie teuer es war ein Tonstudio einzurichten. Vermutlich hatte er billige Geräte mit schlechter Qualität gekauft.
„Wir brauchen aber gute Qualität, einen perfekten Sound.“
Ein leises Lachen war von Klyde zu hören und ich schaute ihn fragend an.
„Wissen Sie eigentlich wie gut Sinners Studio ist? Die Soundqualität dieses Albums ist bei weitem besser als die von unserem vorherigen, das wir in ihrem Studio aufgenommen haben.“
Das klang nicht gerade glaubwürdig, aber ich ließ seine Behauptung unkommentiert stehen. Sinner wandte sich erneut an mich.
„Sie können sich von der Qualität später gerne selbst überzeugen und wenn Sie nicht damit zufrieden sind, können wir die Lieder noch einmal in ihrem Tonstudio aufnehmen.“
Dieser Vorschlag klang vernünftig und ich nickte. Sinner richtete sich auf.
„Wir müssen noch etwas besprechen.“
Ich verspannte mich wegen seines ernsten Tonfalls.
„Ich werde Ihnen eine meiner Wohnungen, zum selben Preis, den Sie gerade für unseren derzeitigen Dorm bezahlen, vermieten. Es stört mich zwar nicht, eng mit den anderen zusammenzuwohnen, aber wir brauchen unsere eigenen Musikstudios, wo wir Lieder schreiben können, ohne uns gegenseitig zu stören.“
Ich starrte ihn an. Er wollte eine seiner Wohnungen an mich vermieten? Zum selben Preis? Da musste ein Haken sein.“
Misstrauisch starrte ich ihn an.
„Und wo ist diese Wohnung?“
Sinner lächelte.
„Ganz in der Nähe. Kennen Sie den Sunset-Tower?“
Ich blinzelte und nickte. Ja ich kannte ihn. Es war eines der teuersten Pflaster in Seoul. Ich hatte gehört das eine Wohnung über 200 Millionen Doller kostete. Wobei man eigentlich nicht von Wohnungen sprechen konnte. Es waren vielmehr Penthäuser, welche sich über ein gesamtes Stockwerk des Wolkenkratzers spannten, manchmal auch über zwei.
„Ich werde Ihnen meine Wohnung im Sunset-Tower zu dem Preis vermieten, den Sie momentan für unseren Dorm bezahlen. Selbstverständlich ist der Mietvertrag nur solange gültig, wie ich in dieser Wohnung wohne.“
Noch immer im Schock starrte ich ihn an.
„Du besitzt eine Wohnung im Sunset-Tower?“
Deutlich war mein Unglaube in meiner Stimme zu hören. Sinner ignorierte meine Frage und fuhr fort.
„Außerdem werde ich meine Beziehungen spielen lassen und nach sich lohnenden Werbeverträgen und Commercials Ausschau halten. Vielleicht finde ich sogar jemanden, der uns als neues Gesicht für ihre Marke haben möchte.“
Es hatte mir die Sprache verschlagen. Der sonst so schweigsame Si war gesprächig wie noch nie und auch seine Motivation schien sich ins unendliche gesteigert zu haben. Wenn ich danach ging, dass er eine über 200 Millionen Doller teure Wohnung besaß, musste sein Unternehmen größer sein als ich angenommen hatte. Ich brannte darauf zu erfahren um welche Firma es sich handelte. Meine Gedanken mussten mir deutlich anzusehen gewesen sein, denn Sinner wandte sich an mich.
„Ich habe nicht vor meine Anonymität bereits ganz fallen zu lassen. Die Reporter oder unsere Fans werden sowieso so lange graben, bis sie alles über mich herausgefunden haben. Vermutlich wird das ganze eh nicht mehr allzu lange dauern.“
In diesem Punkt stimmte ich ihm zu. Die Leute hatten Blut geleckt und frische Motivation schien sie zu neuen Höchstleistungen im Suchen anzutreiben. Sinner warf einen Blick auf seine Uhr und erst da wurde mir bewusst, wie spät es schon war. Nach dem Shooting war es bereits später Nachmittag gewesen und die Rückfahrt hatte mehrere Stunden in Anspruch genommen. Ich klatschte in die Hände.
„Schließen wir hier ab.“
Mein Blick fiel erneut auf den Vertrag, welchen Sinner mir aufs Auge gedrückt hatte und meine Stimmung verdüsterte sich. Sinner war ein knallharter Verhandlungspartner und erst jetzt konnte ich erkennen was für ein grandioser Leader er für die anderen war. Ich musste ihnen viel geben, was ich eigentlich nicht verlieren wollte, allerdings musste ich zugeben, dass auch sie, oder besser gesagt Sinner, viel angeboten hatte. Ich seufzte und stand auf. FSL erhob sich ebenfalls und schüttelten mir die Hand. Wenn ich ehrlich war, hatten sie soeben das Unternehmen gerettet. Meine finanzielle Lage hätte es mir nicht erlaubt weitere Monate dafür zu verschwenden ein weiteres Album zu produzieren. Nachdem FSL durch die Türe meines Büros verschwunden war und diese leise ins Schloss gefallen war, ließ ich mich in meinen Sessel hinter meinem Schreibtisch fallen. Noch immer hielt ich den USB-Stick fest umklammert auf dem sich ihr neues Album befand. Vorsichtig steckte ich ihn an meinem Computer an und betete, dass die Lieder gut waren. Auf dem Speichergerät befanden sich, wie ich sofort erkennen konnte, elf Lieder. Ich setzte meine Kopfhörer auf und drückte neugierig auf den ersten Song, um ihn abzuspielen. Die ersten Beats, die in meinen Ohren erklangen, brannten sich in mein Gedächtnis und ich wusste augenblicklich, dass ich einen Ohrwurm haben würde. Zu meiner absoluten Überraschung, hatte Klyde recht gehabt. Die Qualität dieser Lieder war um einiges besser als die ihrer alten. Nachdem ich mir jedes Lied einzeln angehört hatte, war ich sprachlos. Ich hatte nicht damit gerechnet Songs von solcher Qualität zu bekommen. Jedes einzelne hatte mich auf seine eigene Art und Weise gefangen genommen. Noch jetzt schwirrten mir die verschiedenen Melodien im Kopf herum und ließen mich nicht mehr los. Ich lehnte mich zurück und lächelte zum ersten mal seit langem wieder. Dieses Album würde berühmt werden, dass wusste ich jetzt schon. Auch wenn ich jetzt nur noch 20% ihrer Gewinne bekam, würde ich vermutlich mehr Geld verdienen als zuvor sobald diese Lieder an die Öffentlichkeit gelangten. Ich würde mein Unternehmen retten können. Meine angespannten Muskeln lockerten sich und die Sorgen, die mich gequält hatten, fielen von mir ab.

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