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Nervös wippte Samuel mit dem Bein und versteckte sein Gesicht in seine Hände. Besorgt blickte ich ihn an und schluckte schwer. Das Wartezimmer hatte eine betrückende Atmosphäre und man wäre gerne überall auf der Welt als hier. Die Menschen hier waren alle irgendwie sehr still und sahen auch traurig aus. Ich bin so froh dass ich mit Samuel hier bin, weil ich mir nicht vorstellen kann wie schlimm es wäre hier alleine zu sein.

Langsam legte ich meine Hand auf seine Schulter, woraufhin er mich anblickte. Ermutigend lächelte ich ihn an, was er schwach erwiderte.

„Danke, dass du hier bist.", sagte er und lehnte sich dann am Stuhl zurück. Seine eigentliche gebräunte Haut war total blass, er hatte starke Augenringe unter seinen eigentlich schimmernden Augen, die jetzt irgendwie leer aussahen und er sah komplett müde und leblos aus. Ich mache mir echt Sorgen um ihn.

„Ist doch selbstverständlich.", sagte ich und nahm wieder meine Hand von seiner Schulter runter. Endlich kam dann auch die Schwester und blieb vor uns stehen.

„Samuel Garcia. Sie dürfen jetzt mit dem Doktor sprechen.", sagte die Schwester und lächelte uns freundlich an. Zusammen standen wir dann auf und liefen der Frau hinterher. Um Samuel ein wenig zu beruhigen, nahm ich seine Hand in meine. Er blickte zu mir, weshalb ich ihn warm anlächelte. Dann betraten wir das Zimmer vom Arzt und setzten uns an den Stühlen vor dem Tisch des Arztes.

„Guten Tag Samuel, ich hoffe dir geht es gut.", sagte der Arzt und lächelte ihn freundlich an.

„Heute sind sie nicht alleine gekommen. Ist es deine Freundin?", fragte uns der Arzt und lächelte mich an.

„Wir sind nur befreundet.", sagte Samuel und wippte nervös mit dem Bein. Nachdem unser Smalltalk mit dem Arzt fertig war, wurde dieser schließlich ernster. Er fing dann an über die Ergebnisse vom Test zu sprechen und was daraus folgte.

Samuel hatte Krebs.

Ich war zu baff um mir zu merken was für eine Art von Krebs es sich überhaupt handelte. Mein Blick glitt einfach zu Samuel, der auf dem Boden blickte und seinen Kiefer anspannte. Während der Arzt über die Krankheit redete, nahm ich wieder die Hand von Samuel und drückte diese fest zu. Das ganze hier fühlte sich wie ein schlechter Traum an. Es fühlt sich garnicht real an. Als ob ich einfach jeden Moment wieder aufstehen würde. Wie kann es sein dass sowas immer die besten Menschen trifft? Es ist einfach nur unfair.

Nachdem der Arzt dann fertig war, machte er mit mir, da Samuel nicht fähig war etwas zu machen, den nächsten Termin aus. Als das fertig war, stürmte Samuel dann einfach aus dem Zimmer vom Arzt und lies mich mit dem Arzt alleine. Ich entschuldigte mich beim Arzt und rannte ihm dann hinterher. Nachdem ich die Arztpraxis verlassen hatte, konnte ich ihn draußen vor dem Gebäude erkennen. Mit schnellen Schritten lief ich zu ihm und bemerkte schnell dass er seine Tränen schwer zurück hielt. Sofort schlang ich meine Arme um seinen Hals und umarmte ihn fest. Samuel legte seine Arme um meine Hüfte und versteckte seinen Kopf in meine Haare.

„Ich will nicht sterben.", sagte er mit weinerlichen Stimme und drückte mich näher zu sich.

„Das wirst du nicht, Samuel. Das wirst du nicht.", sagte ich und hielt ebenfalls meine Tränen zurück. Ihn so zu sehen, zerbrach mir einfach das Herz. Ich konnte und wollte mir einfach nicht vorstellen wenn er von uns gehen würde. Das dürfte niemals passieren.

Samuel lies mich wieder los und wischte sich seine Tränen weg. Dann brüllte er laut auf und tritt aggressiv gegen den Mülleimer, der dann nach hinten umfiel.

„Fuck!", schrie er laut und atmete hektisch ein und aus. Ich biss mir auf die Innenwange und schluchzte leise auf. Samuel blickte mich wieder an und seufzte verzweifelt auf.

„Samuel, egal was auch noch geschieht. Ich bleibe bei dir. Wir werden das gemeinsam durchstehen.", sagte ich und lief auf ihn zu. Er schüttelte leicht mit dem Kopf und drehte seinen Kopf von mir weg.

„Ich will einfach nur nach Hause.", sagte er und lief dann von mir weg. Verdutzt blieb ich an der Stelle stehen und blickte ihn besorgt hinterher. Seufzend lief ich ihm dann schnell hinterher und leise gingen wir dann miteinander los. Obwohl ich Samuel sehr ungerne jetzt alleine lassen wollte, bestand er darauf nach Hause zu gehen und etwas Zeit für sich zu haben. So trennten sich unsere Wege und ich ging selber nach Hause. Ich dachte die ganze Zeit an Samuel und an seine Krankheit. Die Besorgnis in mir fraß mich innerlich auf. Am liebsten würd ich einfach in eine Ecke verkriechen und warten bis das alles zu Ende ist. Aber ich muss für ihn da sein. Egal was auch passieren sollte.

Zu Hause angekommen, erkannte ich den Motorrad von Mario an unserer Auffahrt parken. Mit gemischten Gefühlen trat ich ins Haus und hörte schon die Stimmen von den Jungs. Es macht mich stutzig dass sie nichts von Samuels Krankheit wissen. Aber es ist seine Entscheidung ob er es ihnen sagen will. Da darf ich mich leider nicht einmischen.

Als ich unauffällig an der Küche vorbei laufen wollte, bemerkte mich Kyle und rief mich. Leicht seufzend betrat ich dann in die Küche und sah Mario und Tyler an der Kücheninsel sitzen.

„Schwesterherz, du würdest mir doch ein Gefallen tun.", sagte Kyle und legte seinen Arm um meine Schultern.

„Was willst du?", fragte ich kraftlos und blickte auf den Boden. Ich kann es irgendwie nicht ertragen ihnen ins Gesicht zu sehen obwohl ich so etwas wichtiges weiß was um deren besten Freund geht.

„Wieso bist du so schlecht gelaunt?", fragte mich Tyler und sah mich verwirrt an.

„Und wo ist Samuel? Ihr wart doch zusammen.", sagte Kyle, woraufhin Mario ihn geschockt ansah. Da ich wusste dass Mario so eine Reaktion haben würde, habe ich ihm nichts von meinem kleinen Ausflug mit Samuel erzählt. Schließlich würde er fragen was wir vor haben und ich will ihn nicht anlügen.

„Mir gehts gut. Bin nur ein wenig müde.", log ich und blickte dann traurig zu Mario. Dieser ignorierte aber meinen Blick und sah grübelnd auf dem Tisch.

„Wollte eigentlich fragen ob du uns was kochen kannst aber wenn du müde bist, ist es egal.", sagte Kyle und ich nickte verstehend. Mit einem letzten Blick an Mario, verließ ich die Küche und ging in mein Zimmer. Dort setzte ich mich auf mein Bett und blickte auf die leere Wand. Ich weiß nicht wie lange ich da saß und in meinen Gedanken war, aber jemand riss dann irgendwann die Tür auf. Als ich sah dass es Mario war, schluckte ich schwer. Denn dieser sah alles andere als glücklich aus.

„Wieso warst du mit Samuel draußen?", fragte er mich sofort nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Bist du jetzt wirklich ernsthaft Eifersüchtig auf deinen besten Freund?!", fragte ich und blickte ihn verdutzt an. Ich finde seine Reaktion etwas übertrieben. Schließlich zählt Samuel zu einer meinen Freunden und ich darf wohl auch Zeit mit ihm verbringen.

„Das beantwortet nicht meine Frage, Allison.", sagte er und sah mich zähneknirschend an. Ich rollte mit den Augen und sah ihn genervt an. Jetzt war es echt nicht der gute Zeitpunkt um zu streiten.

„Ich bin nicht dazu gezwungen dass zu tun was du willst.", sagte ich wütend und stand von meinem Bett auf.

„Du bist meine Freundin.", sagte er ebenfalls genervt und kam mir gefährlich nahe.

„Deine Freundin schon. Aber nicht dein Besitz.", sagte ich und sah ihn stur an. Dann blickten wir uns in die Augen während niemand etwas sagte.

„Könnten wir bitte aufhören unnötig zu streiten. Mir geht es nicht gut und ich würde gerne meinen Freund in den Armen zu haben.", sagte ich seufzend und blickte traurig auf den Boden. Mario blieb vor mir stehen und stellte seine Hände auf meine Schulter.

„Was ist los? Ist was passiert?", fragte er mich besorgt, woraufhin ich zu ihm blickte.

„Kannst du mich einfach nur umarmen?", fragte ich erschöpft und er nickte leicht. Dann schling er seine breiten Arme um mich und ich versink in seiner Brust. Ich genoss seine Wärme und seufzte auf.

Das ganze macht mich noch verrückt. Und wenn ich mich schon so fühle, will ich erst garnicht wissen wie es Samuel gerade geht.

MY BROTHERS FRIENDSWhere stories live. Discover now