Wahrheit

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(v/n)'s Sicht

Wie lange ist es, her als ich das letzte mal hier war? Wochen? Monate? Es fühlte sich komisch an wieder hier zu sein. Hatte nicht gedacht überhaupt jemals wieder hierher zu kommen. Ich schlürfte langsam hinter Erwin hinterher. Es hat sich nichts verändert. Die Flure wirkten immer noch so endlos lang und leer. Erwins Büro lag am Ende des Flures. Er legte seine Hände auf die Türklinken und atmete einmal tief ein und wieder aus, bevor er schließlich die große Tür öffnete. Er ging ruhig zu seinem Schreibtisch und setzte sich. Nichts hier erinnerte je daran, was vor einiger Zeit passiert war. Außer den zwei Krücken war nichts mehr in diesem Raum, was noch aus meiner Zeit als seine Sekretärin entsprang. Erwin wies mir mit einer Handbewegung, dass ich mich setzten sollte. Er kramte in seinem Schreibtisch herum und holte eine Schreibmaschine und ein leeres Blatt Papier hervor.
„Ich weiß, dass du fertig bist und am liebsten Schlafen gehen würdest, aber du musst mir jetzt alles erzählen, an das du dich erinnern kannst. Bitte." Erwin schaute mich mitfühlend und traurig an.
„Nun ja, da gibt es leider nicht viel zu sagen. Die Leute sind sehr taktisch und strukturiert vorgegangen. Ich habe wieder Überstunden gemacht und irgendwie sind zwei Leute durch das Fenster gekommen. Wie sie es aufbekommen haben oder es überhaupt lautlos bis in das Büro geschafft haben weiß ich leider nicht. Sie haben mir von hinten eine Pistole gegen den Rücken gehalten und mir eine Augenbinde aufgesetzt. Dann wollten sie wissen, wo die Aufzeichnungen der letzten Aufklärungsmission waren und wo die Pläne für die Neuen Missionen sind. Als ich es ihnen nicht gesagt habe wurden sie wütend, haben alle Bücher aus den Regalen geworfen und die Schränke nach Informationen durchsucht. Als auch das nichts gebracht hat, meinte einer von beiden dass sie sich das schon gedacht haben und dass sich mich mitnehmen müssen. Sie haben mich durch das Fenster nach draußen gebracht und wir sind in eine Kutsche gestiegen. Wir sind sehr lange gefahren und in der ganzen Zeit durfte ich die Augenbinde nicht ein einziges Mal abnehmen. Ich habe keine Ahnung wohin sie mich gebracht haben. Haben wir tatsächlich so lange gebraucht, um zu ihrem Versteck zu kommen oder sind wir einfach nur Umwege gefahren, sodass ich nur denke dass wir weit weg sind? Ich weiß es nicht. Sie brachten mich in ihr Gebäude und fixierten mich auf einem Stuhl. Dort nahmen sie mir das erste Mal meine Augenbinde ab, jedoch hatten alle Leute im Raum Masken auf. Ihre Statur wirkte aber auf jeden Fall sehr jung und sportlich. Vielleicht Soldaten? Oder doch nur einfache Bauern? Keine Ahnung. Sie wollten von mir Informationen, aber ich gab ihnen keine, egal was sie machten. Die Augenbinde haben sie mir nur wenige Minuten am Tag abgenommen. Manchmal konnte ich sie jedoch über ihren Boss reden hören. Er muss viel Geld haben, vielleicht ist er ja ein Adeliger oder so. Ein paar Mal war er sogar in der Halle, wo sie mich gefangen hielten und ich konnte seine Stimme hören, aber ich konnte sie zu niemanden zuordnen. Naja und an einem Tag, als mir die Augenbinde wieder abgenommen wurde, haben sie mir ein Vorschlag gemacht. Wenn ich mit ihnen hierher zum Hauptquartier gehe und ihnen die Unterlagen gebe, die sie suchen, werden sie meine Freunde und alle die mir lieb sind verschonen. Wenn ich mich geweigert hätte, hätten sie einen nach den anderen mitgenommen und vor meinen Augen umgebracht. Ich musste also zustimmen. Sie bläuten mir ein, dass ich niemals aus meiner Rolle kommen darf, sonst würden sie sofort auf der Stelle alle umbringen. Sie gaben mir irgendein Gemisch aus Kräutern oder so, welches meine Stimme für kurze Zeit tiefer werden lässt, setzten mir eine Perücke auf und gaben mir Kontaktlinsen. Nur erwies sich die Aufgabe schwieriger als gedacht. Sie hatten nicht erwartet, dass die Sicherheit hier so hoch ist und so mussten wir länger bleiben, als ursprünglich geplant. Das Getränk, welches sie mir immer gegeben haben, reichte nicht mehr aus und so wurde mir verboten zu sprechen. Naja und heute fassten sie den Entschluss, dass wir heute Nacht die Dokumente holen und verschwinden. Das war alles was ich weiß." Erwin brauchte noch eine kleine Weile um alles aufzuschreiben, bis er schließlich seufzte und ziemlich enttäuscht zu mir schaute.
„Das sind nicht viele Informationen über deine Entführer." Ich nickte leicht und schaute traurig auf den Boden. Erwin sah mich ernst an.
„Ich werde alles Mögliche tun, um diese Bastarde zu erwischen und ihnen eine gerechte Strafe erteilen! Nur will ich dir gegenüber ehrlich sein und muss dir leider sagen, dass die Chancen für uns nicht gut stehen." Ich wusste selber, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass wir die Leute überhaupt schnappen, da sie viel zu überlegt und vorsichtig vorgegangen waren.
„Aber ... (v/n) ich habe noch eine andere Frage. Eher aus Neugier." Er schaute mich durchdringend an.
„Warum kannst du plötzlich wieder ohne Probleme laufen? Du konntest damals nicht mal dein Bein bewegen, geschweige denn überhaupt richtig auftreten. Wie also?" Die Frage war mir sehr unangenehm. Die Erinnerungen die diese Frage hervorbringt sind umso schmerzhafter. Sollte ich mich ihm wirklich anvertrauen? Doch! Wem könnte ich mehr vertrauen, als Erwin? Meine Hände, die auf meinem Schoß lagen, ballten sich zu Fäusten. Noch nie habe ich jemanden davon erzählt.
„Als ich klein war und meine Schwester und ich im Untergrund leben mussten, bin ich eines Tages von drei Männern festgehalten worden. Sie zerrten mich in ein Haus und gaben mir etliche Medikamente, mit irgendwelchen komischen Substanzen. Sie führten stundenlang Experimente an mir durch, gaben mir noch mehr Medikamente. Alles was sie mir antaten verheilte in wenigen Minuten wieder nach, doch trotzdem tat mir alles total weh. Ich konnte mir das überhaupt nicht erklären, wie das möglich war. Und einige Zeit später irgendwann, habe ich mir ausversehen in den Finger geschnitten und ich sah, dass es sofort wieder verheilt war. Ich habe mir dann absichtlich nochmal in den Finger geschnitten, doch diese Wunde ist nicht wieder verheilt. Am nächsten Tag, habe ich es nochmal versucht und mir in einen anderen Finger geschnitten. Auch diese Wunde ist sofort verheilt, doch der zweite Schnitt, vom Tag davor war immer noch da und verheilte auch 'bloß' wie bei einem ganz normalen Menschen." In Erwins Kopf ging gerade einiges vor sich, das konnte man ihm genau ansehen.
„Kann es denn sein ... Bist du auch ein Titanenwandler?" Ich fing leicht an zu schmunzeln. Natürlich muss Erwin sofort denken, dass ich mich ebenfalls in einen Titanen verwandeln kann.
„Nein ich denke nicht. Das hätte sich in der ganzen Zeit, die ich schon hier bin bestimmt gezeigt. Glaube ich zumindest. Eren hat ja gesagt, dass seine Verwandlung dadurch hervorgerufen wird, dass er sich selbst verletzt und ein konkretes Ziel im Auge hat. Außerdem sagt er ja immer das es intuitiv von sich ausging. Also bei Gefahr verwandelt er sich, ohne groß nachzudenken oder zu wissen was er tut. So war es ja zumindest bei seinen ersten Verwandlungen. Außerdem verheilen ja auch wirklich ALLE seine Wunden und bei mir nur eine einzige am Tag." In Erwin ratterten alle Räder.
„Die einzige Erklärung wäre, dass du eine Art Test warst, um am Ende eine Art Medikament zu besitzen, die einen Menschen in einen Titanen verwandeln kann. Wenn das wirklich der Fall wäre, so wie du es mir gerade beschrieben hast, ist das überhaupt nicht gut, denn dann bedeutet das, dass dieses Medikament schon entwickelt wurde und Eren, sowie der weibliche, der gepanzerte und der kolossale Titan dieses Medikament eingeflößt bekommen haben. Da bleibt nur die Frage, ob es immer ein und dieselbe Person war, die das Mittel verabreicht hat oder ob mehrere dahinter stecken. Waren sich die Menschen, die das Mittel bekommen haben bewusst, was sie da bekamen? Haben sie es sich vielleicht sogar freiwillig verabreichen lassen? Oder war es wie bei Eren? Er kann sich ja nicht einmal daran erinnern." So wie Erwin hatte ich noch überhaupt nicht gedacht. Diese ganzen Fragen von Erwin überforderten mich ein wenig. Mein Kopf tat so schon weh und ich war hundemüde.
„Aber das erklärt noch nicht, wie du wieder laufen konntest. So wie es sich anhört, hast du diese Verletzung am Bein ja nach einer anderen erhalten. Und die Wunde damals an deinem Finger ist laut deinen eigenen Angaben nicht nachgeheilt, auch nicht am darauffolgenden Tag." Scheiße, alleine bei dem Gedanken, tut mir wieder alles weh. Mein Körper begann zu zittern.
„Ja das ist wahr. Die Leute die mich entführt haben, wussten dass sich meine Wunden einmal am Tag heilen. Ich weiß aber nicht woher. Ich habe es ihnen jedenfalls nicht gesagt. Sie ... haben sich ein Messer genommen und jeden Tag auf die Stelle eingestochen, an der ich mich damals verletzt habe. Sie haben gehofft, dass sie genau den richtigen Punkt erwischen und alles wieder richtig verheilt, doch das ist nicht passiert." Tränen rollten mein Gesicht hinunter. Die Angst, stieg wieder in mir auf, obwohl ich wusste, dass ich hier sicher war. Erwin stand auf und ging auf mich zu. Er hockte sich vor meinen Stuhl und nahm meine Hand. Ich konnte mich wieder etwas fassen und redete weiter.
„... Irgendwann hatten sie keine Lust mehr jeden Tag das Gleiche zu machen, ohne irgendwelche Erfolge. Und ... Und dann haben sie mir mein ganzes Bein abgeschnitten." Tausend Tränen kullerten mein Gesicht hinunter und obwohl es gemütlich warm im Büro war, war mir so verdammt kalt. Erwin sah mich erschrocken und traurig an, doch seine Miene verfinsterte sich bald wieder.
„Diese Dreckskerle. Damit lasse ich sie sicher nicht davon kommen! (v/n) du musst mir versprechen, dass du niemand anderem von dem Allem erzählst. Du musst doch sicher erschöpft und müde sein. Geh in dein Zimmer und leg dich schlafen. Das hast du dir redlich verdient."

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Sorry, Sorry, Sorry!

Ich wollte wirklich nicht, dass es SO lange dauert, bis ich wieder schreibe und viele haben mich gefragt ob es überhaupt noch weiter geht. Und ich hoffe die Frage hiermit zu beantworten. JA! Es geht auf jeden Fall weiter. 
Ich hatte einige persönliche Probleme, doch das meiste hat sich wieder beruhigt und jetzt kann ich mich wieder mit Motivation dem Schreiben widmen.

Ich hoffe euch hat das Kapitel trotzdem gefallen.

Über eine Bewertung oder einen Kommentar würde ich mich riesig freuen.

Dankeee =^-^=

So wie ich bin (Levi x Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt