Prolog

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Sie standen einsam in der Dunkelheit, der Sternenhimmel war bedeckt von einer undurchdringlichen Wolkenwand die unerbittlich einen kalten Regenschauer auf sie herab prasseln ließ. Sie strich ihm zärtlich über die wohlgeformten Wangenknochen und betrachtete seine perfekten Gesichtszüge. Dann traf ihr Blick den seinen, und seine dunklen Augen schienen tief in ihre Seele zu blicken und trotz der Dunkelheit um sie herum schien ein Leuchten von ihnen aus zu gehen. "Du bist die personifizierte Perfektion.", flüsterte sie und ihre Stimme hallte in der Stille wieder, welche nur durchbrochen wurde von dem stetigen Prasseln des Regens und dem Säuseln des Windes in den Blättern der mächtigen Eiche unter der sie standen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, ein Lächeln welches ihre Knie weich werden ließ und ihr Herz erwärmte. "Umso mehr schmerzt es mich, dies zu tun.", wisperte sie und mit dem Regen der ihr das Gesicht durchnässte vermischten sich vereinzelt ihre salzigen Tränen als sie wie aus dem Nichts einen Dolch in ihrer Hand hatte, den sie ihm mit zitternden Finger direkt in sein Herz rammte. Seine Augen weiteten sich überrascht und das Lächeln entglitt ihm, als er den Blick auf den Dolch senkt, der da aus seiner Brust heraus ragte. Sie stolperte ein paar Schritte zurück, nun flossen die Tränen unaufhaltsam über ihr Gesicht. "Es tut mir so leid mein Geliebter, doch du musst sterben. Trotz deiner Perfektion, trotz meiner Liebe zu dir kann ich es mir nicht vorstellen, mein Leben mit dir zu verbringen.", flüsterte sie wehmütig. Langsam wanderte sein Blick zu ihr, die Überraschung in seinem Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig im eine eiskalte Maske der Gleichgültigkeit, als er betont langsam den Griff des Dolches umfasste und ihn mühelos aus seiner Brust zog. Voller Unglauben sah sie dabei zu wie sich die klaffende Wunde langsam vor ihren Augen schloss. "Ernsthaft, ein Dolch ins Herz? Schon wieder?", knurrte er leise und kam langsam auf sie zu, den Dolch immer noch in seiner Hand, der nach und nach vom Regen von seinem Blut rein gewaschen wurde. Sie wollte zurück weichen, wollte davon laufen, doch ihre Beine versagten ihr den Dienst. Sie konnte nur dastehen und zulassen, dass er auf sie zukam, den Mann den sie sowohl von ganzem Herzen liebte als auch abgrundtief hasste, nicht aus einem ersichtlichen Grund, einfach weil dieser Hass in ihr war, und sie dazu gebracht hatte, ihm den Dolch ins Herz zu stoßen. Nun stand er direkt vor ihr und mit einem sehnsüchtigen Blick in den Augen strich er ihr eine nasse Strähne aus dem Gesicht. "Jedes Mal wieder, ist es ein Dolch den ihr mir durchs Herz stoßt. Warum? Habt ihr etwa alle die gleiche perfide Ansicht der Romantik? Warum kann ich nicht einmal eine Frau treffen, die bei der Wahl des Werkzeuges meines Todes etwas kreativer sein kann.", murmelte er und seine Stimme hatte einen solch beifälligen Ton als spräche er über das Wetter. Er sah sie aus seinen dunklen Augen an, abwartend, auffordernd, doch alles was sie über ihre Lippen brachte, waren die Worte: "Ich hab dich doch getötet." Ein leichtes Lächeln umspielte nun wieder die Lippen des Mannes, als er beinahe liebevoll mit seine Hand über die Konturen ihres Gesichts strich. "Nein meine Liebe, du hast es bloß versucht. Doch es ist nicht so einfach einen Unsterblichen zu töten.", flüsterte er ihr ins Ohr. Ihre Augen weiteten sich, doch ehe ihr der Sinn seiner Worte vollkommen bewusst werden konnte, spürte sie schon einen schmerzhaften Stich und eine darauf folgende Kälte die sich langsam  in ihrem gesamten Körper ausbreitete. Der Mann wich einen Schritt zurück und zog dabei den Dolch aus ihrer Brust, der nun rot glänzte von ihrem Blut. Sie starrte auf die Wunde aus der stetig Blut sickerte und trotz des Nebels, der sich um ihren Verstand hüllte und sie langsam aber sicher in eine Finsternis zog, aus der es kein Zurück gab, vor der es kein Entrinnen gab, hob sie noch ein letztes Mal den Blick um ihn anzusehen, wie er reglos im Regen dastand, eine Maske der Emotionslosigkeit am Gesicht und den blutigen Dolch in der Hand. "Du hast mich getötet.", stammelte sie während sie langsam auf die Knie sank. Er nickte nur leicht. "Wie du mir so ich dir. Doch im Gegensatz zu mir wirst du dem Totenreich nicht entrinnen. Du wirst den Tod umarmen, dich in seine Arme sinken lassen und in Vergessenheit versinken. Und für diesen ewigen Frieden der über sich kommt beneide ich dich zutiefst, meine Geliebte, denn mir wird er für immer verwehrt werden." Mit diesen letzten Worten im Gedächtnis sank sie am regennassen Boden zusammen, um in jenen Frieden zu gleiten, von dem der Mann sprach, der nun alleine dastand, in der Dunkelheit,  während die dichte Wolkendecke die den Sternenhimmel bedeckte unbarmherzig den Regen auf ihn herab prasseln ließ, der sowohl seinen ganzen Körper als auch sein Gesicht durchnässt, auf dem nun eine einzelne Träne herunter rann und am Boden neben der reglosen Frau auf die Erde tropfte.

Unsterblichkeit. Am ersten Blick wirkt dies doch wie der größte Segen. Keine Angst haben zu müssen, vor dem unausweichlichen Tod. Keine Angst vor Waffen, Krankheit oder Hunger. Keine Angst vor dem Altern. Keine Angst vor Feinden, denn man wird sie alle überleben.

Unsterblichkeit. Am zweiten Blick erscheinen die Tücken. Man überlebt nicht nur die Feinde, sondern auch die Freunde. Man braucht keine Angst vor den Tod zu haben, womit der Sinn des Lebens langsam verloren geht. Man braucht keine Angst vor dem altern zu haben, doch die Welt dreht sich trotzdem weiter, bloß ohne dich.

Unsterblichkeit. An sich alleine schon eine harte Bürde. Doch wenn einem dann auch noch das einzige versagt wird, was einem durch die Ewigkeit helfen könnte, ihm Hoffnung schenken könnte, ihn befreien könnte, wandelt sich der anfängliche Traum in einen wahren Albtraum. Denn was bleibt einem im Leben, wenn einem Liebe für immer verwehrt wird?

Never Ending Where stories live. Discover now