walls || julian brandt

eins || kill my mind

« Lynn »

Rote, blaue und grüne Lichtstrahlen bewegten sich immer wieder über die Menge und ich hatte das Gefühl, dass sie nur auf mich gerichtet waren, so oft wie sie mich nun schon geblendet hatten. Stören tat es mich nicht wirklich, immerhin hat ich nichts wichtiges, ich saß bloß mit den zwei anderen Mädels an der Bar und hörte ihnen mit meinem Cocktail in der Hand zu, während mein Blick der tanzenden Menge galt.

Heute war es wieder soweit, auch wenn wir heute nur in einer kleinen Gruppe hier waren. Alle zwei Monate veranstalte die kleine Freundesgruppe um meinen Freund einen Clubabend, immer am ersten Wochenende des jeweiligen Monats. Gnädig wie sie waren, haben sie irgendwann beschlossen, dass auch wir Mädels mitkommen durften. Aber auch nur, weil wir irgendwann einfach alleine in einen anderen Club gegangen sind und es da ein paar kleine Zwischenfälle gab.

"Jannis und ich überlegen, ob wir zusammenziehen wollen. Dieses ständige hin und her zwischen Hamburg und Köln - das nervt uns beide total. Vor allem weil wir beide ja schon genug unterwegs sind." Gretas Stimme ist laut, anders würde man sie wohl kaum verstehen, wobei ich eh nicht wirklich zuhörte. Ich kannte Greta nun schon eine ganze Weile, bestimmt sechs Jahre. Sie war die Cousine von meinem ersten Freund und auch wenn ich mit ihm nun nichts mehr zu tun hatte und wir auch nur einige Monate zusammen waren, waren Greta und ich immer noch einigermaßen gut befreundet, auch wenn wir uns nicht oft sahen.

Durch mich lernte sie auch ihren Freund kennen, Jannis - der Bruder von meinem Freund. Es erstaunte mich noch immer, dass die beiden zusammen sind. Ich hatte immer gedacht, dass sie viel zu verschieden waren und eine Beziehung nicht wirklich möglich war, dass hatten viele gesagt und alle waren überrascht, als sie von ihrer Beziehung erzählt hatten. Und trotzdem waren sie nun schon seit einem Jahr zusammen, schienen glücklicher denn je.

Bei mir und Julian war das anders. Bei uns wurden von Anfang an Wetten darüber abgeschlossen, wann wir endlich zusammenkommen würden und alle sagten immer wieder, wir perfekt wir wären, dass wir vom Charakter her dieselbe Person waren. Und das stimmte, Julian und ich waren fast komplett gleich. Jetzt - nach vier Jahren Beziehungen - durften wir immer wieder die Frage nach der Hochzeit oder einem Kind hören, immerhin gehörte das zu einer perfekten Beziehung wie unserer dazu. Ich wusste zwar nicht, was ich ohne ihn machen würde, aber für eine Hochzeit war ich lange nicht bereit.

"Ich bin ganz froh, dass ich noch bei meinen Eltern wohne, auch wenn ich meist bei Kai bin. Wir sind beide noch nicht wirklich bereit zusammenzuwohnen", lachte Sophia einige Minuten später, nachdem Greta aufgehört hatte von ihren Plänen zu erzählen.

"Meinst du? Ich finde nach zwei Jahren ist es allerhöchste Zeit." Sofort fing Sophia an, zu erklären warum sie und Kai mit dem Zusammenleben nichts überstürzen wollten und ich konnte sie komplett verstehen. Ich bin damals schon nach einem Monat aus Berlin nach Köln zu Julian gezogen und bereue es mittlerweile sehr, dass es so schnell getan hatten. Es war einfach zu schnell zur Gewohnheit geworden, dass wir uns sehen konnten und das war immer das letzte, was ich wollte. Aber ändern konnte man es nun sowieso nicht mehr.

"Lynn Spatz, warum bist du heute so still? Ist irgendwas los?", reißt mich die Stimme von der brünetten Freundin von Kai aus meinen Gedanken und ich sehe fragend zu ihr, nur um den Kopf zu schütteln. Sophia war eigentlich immer eine Person, die sich den Spaß nie nehmen ließ. Aber wenn es ernst wurde, war sie die erste, die aufhörte zu lachen und sich ernsthafte Sorgen machte.

"Nein, nein. Bei mir ist alles gut, ich bin bloß nicht so in der Stimmung zu feiern." Lächelnd sah ich sie an und erntete nur einen Blick von ihr, der mir sagte, dass sie mir keinen Glauben schenkte. Greta lachte nur und fing an, Sophia wieder von irgendwas zu erzählen, wodurch diese ihre Aufmerksamkeit von mir nahm, auch wenn ich immer wieder ihren Blick auf mir spürte.