4. Wir verlieren zu viele Gedanken darüber, was andere denken

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Es gab Momente, da wusste Dabi nicht wirklich, was er hier genau machte. Angeblich war die Liga eine gefährliche Gruppe voller Schurken, ständig auf der Suche nach neuen Mitgliedern wie auch eigenen Zielen und Idealen. Eine Gruppe, über die sowohl Schurken wie auch Helden redeten.

Doch manchmal kam es ihm ganz und gar nicht so vor, was wohl mitunter an den Mitgliedern selbst lag. Eine unausgeglichene, verrückte Oberschülerin, ein kindlicher erwachsener Mann mit vielen Gesichtern und ein arroganter Magier.

Dazu eine viel zu großgewachsene Echse, die ihm am meisten auf die Nerven ging und natürlich der junge Anführer, der in letzter Zeit vielen Dingen keine Beachtung schenkte. Was wohl der Grund dafür war, dass alle Aufgaben an dem Schwarzhaarigen hängenblieben und das passte ihm so gar nicht.

Kurogiri war, so schien es ihm, die einzige halbwegs vernünftige Person in der Gruppe. Mit ihm konnte man wenigstens vernünftig und in Ruhe über das weitere Vorgehen reden. Selbst Hawks, so brauchbar er auch war, übertraf sich manchmal selbst. Statt sich um seine Arbeit zu kümmern, hing er mit Toga und Twice bei einer Partie Karten.

Die Liga wusste nichts über ihre Beziehung, nun jedenfalls nicht offiziell. In ihrer Anwesenheit, bemühte sich Dabi, stets eine gewisse Distanz zum Helden zu wahren und verkniff sich jegliche bissigen Bemerkungen in dessen Richtung.

Und warum handelte er so? Einerseits wollte er vermeiden, dass sie über die beiden tratschen. Ihre Meinung interessierte ihn nun wirklich nicht, sie ging ihm wortwörtlich am Arsch vorbei. Doch worauf er wirklich keine Lust hatte, war erneut eine ähnliche Situation wie die mit Spinner.

Was merkwürdig war, seit einigen Tagen hatte jener Mann kein einziges Wort mit ihm gewechselt und das wiederum verbesserte seine Laune deutlich. Und andererseits wollte er sich nicht ablenken lassen, weshalb er sich an diese eine einzige Regel so hielt. Das, was zwischen den Beiden existierte, hatte kein Recht jemals das Licht der Welt zu erblicken.

Auch wenn die Mitglieder genau über ihre Beziehung Bescheid wussten. Zum Glück war keiner dumm genug und sprach genau das an, was ohnehin einer Provokation gleich gekommen wäre. Nun ja, niemand bis auf Spinner.

Während er durch eine der dunklen Gassen schlenderte, dort wo sich selten ein Gesetzeshüter aufhielt, ließ er seinen Blick immer wieder zur Seite schweifen. Wie spät es war, wusste er nicht, doch er konnte sich sicher sein, dass es beinahe Mitternacht sein musste.

Ja, es war schon spät und Tatsache war, dass er bis jetzt niemandem begegnet war. Ihm war bewusst, dass talentierte Schurken nicht an Bäumen wuchsen und dass es etwas mehr Geduld erfordert, diese auch zu finden. Und dass er seit Beginn seiner Suche noch niemanden gefunden hatte, machte die ganze Situation nicht wirklich besser.

Am liebsten würde er einfach alles hinschmeißen und spurlos verschwinden. Jedoch war ihm bewusst, dass er seine derzeitigen Aufgaben erledigen musste, gerade jetzt. Jetzt wo ihr Plan, mit kleinen Schritten, vorangeht.

»Was hab ich doch für ein Glück«, erklang eine erheiterte Stimme, die den Schurken dazu brachte, stehen zu bleiben. »Noch ein Schurke und das jetzt, wo meine Patrouille sich gen Ende neigt.«

Mit einem leichten Lächeln drehte Dabi sich zu dem geflügelten Helden um, der ihn mit seinem üblichen Gesichtsausdruck betrachtete. Sein Outfit war in einem perfekten Zustand, was darauf hindeutete, dass es eine eher ruhige Nacht gewesen sein musste.

Seine durch den Flug zerzausten Haare, lebten ein eigenes Leben und die goldenen Augen, in denen er einen Funken gemischter Gefühle sah, waren auf ihn gerichtet. Warum kümmerte ihn das alles so sehr? Warum konnte er all das erkennen? Ohne Hawks' Maske, hinter welcher er versuchte, seine Emotionen zu verstecken und sein ehrliches Lächeln. Genauso mochte er ihn, den Helden Nummer zwei.

»Was machst du hier?«, fragte Dabi und steckte dabei seine Hände in die Taschen. Seine Stimme war völlig emotionslos, doch das störte Hawks keineswegs. Er kannte es und war es von Dabi gewohnt. Verschlagen lächelte er sein Gegenüber an.

»Ich flog zufällig vorbei«, antwortete er, dabei zuckte er mit den Schultern. Doch Dabi erkannte diese Lüge sofort. Es war nicht seine Mimik und auch nicht der Ton in seiner Stimme. Nein er kannte Hawks zu gut, um ihm das zu glauben. »Und du?«, fragte er, wobei er die Reaktion des Schwarzhaarigen völlig ignorierte und ihn seufzen ließ.

»Ich hatte Lust auf Hühnchen«, antwortete der Held mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Hawks erwiderte die Geste nur für einen Moment, denn gleich darauf zog er die Augenbraue zusammen. Ohne die Verwirrung des Helden weiter zu beachten, drehte er sich um und steuerte dieselbe Richtung wie zuvor an.

»Warte, du hattest? Ist es jetzt nicht mehr so?«, fragte der Geflügelte, während er sich in Bewegung setzte und Dabi folgte. Er musste ein Stück rennen, um den Schurken einzuholen, und als er das geschafft hatte, bedachte er ihn mit einem unzufriedenen Blick.

Doch ehe er wieder etwas sagen konnte, wurde er von Dabi an der nächsten Wand festgepinnt. Keigo fühlte die Kälte, die von den Ziegelsteinen ausging, weshalb er versuchte, sich von ihr wegzustoßen. Doch der Schwarzhaarige verhinderte dies, indem er seine Hände neben dem blonden Schopf platzierte.

»Was glaubst du?« Sein warmer Atem kitzelte das Gesicht des Helden, wodurch er verlegen lächelte. Und er konnte nicht leugnen, dass ihm diese Situation alles andere als missfiel. Denn es gefiel ihm - und wie.

Dabi war so nah, er konnte seine Wärme praktisch am ganzen Körper spüren und die Augen, in denen sich sein Verlangen widerspiegelte. Dies schürte seine Sehnsucht nur noch mehr. Jedoch gab es da ein aber.

Hawks schaute aus dem Augenwinkel in Richtung der Hauptstraße, nur um sicher zu gehen, dass sie beide unbeobachtet waren. Worauf er nämlich mehr als verzichten konnte, waren Gerüchte über ihn und seine Liebschaften. Und das, was die Presse besonders gut konnte, war, herum zu schnüffeln.

Doch was Keigo mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass jemand ihn zusammen mit dem Schurken sehen könnte. Was würde dieser dann denken?

»Hast du Angst, dass uns hier jemand sehen könnte?«, neckte ihn sein Partner, der direkt wusste, was los war. Es belustigte den Schwarzhaarigen, doch auch er war kein Heiliger.

Selbst versuchte er es zu verheimlichen, nicht nur den Mitgliedern gegenüber - die davon wussten. Leicht grinsend schob er seinen Kopf nah an das Ohr des Helden. »Keine Sorge, hier ist niemand, nur ich.« Nach diesen Worten ließ er von dem jungen Mann ab und die gesamte Wärme verschwand sofort.

Keigos Hände zitterten leicht. Er wollte Dabi direkt wieder zu sich ziehen, doch er tat es nicht. Der Schwarzhaarige gab ihm keine Gelegenheit dazu, wartete nicht einmal auf ihn und ging weiter seinen Weg. Mit unzufriedenen Gesichtsausdruck folgte Hawks' goldener Blick der anderen Gestalt.

»Wo gehst du hin?«, fragte er, drückte sich dabei von der kalten Wand ab.
»Hühnchen essen, schließlich hab ich Hunger«, antwortete Dabi direkt, während er auf das Schnellrestaurant zu steuerte, das sie schon öfters aufgesucht hatten. Doch als keine Antwort seitens des Helden kam, blieb er stehen und drehte den Kopf in Richtung des Helden. Er schaute ihn verwirrt an, was Dabi etwas belustigte.

»Was dachtest du denn, Little Bird?«

Fake People ✔Where stories live. Discover now