FÜNFUNDDREISSIG

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Wie jeden freien Sonntag verbrachte ich auch diesen auf der Couch. Ich hatte mich nur notdürftig umgezogen, um nicht duschen zu müssen und lag ausgestreckt auf der Couch. Irgendeine schlechte Sendung lief im Fernsehen, doch ich bemerkte sie kaum.

Mein Daumen war mal wieder in meinem Mund und ich nagte am Fingernagel herum. Jona hatte mich bisher jeden Tag angerufen und wir hatten stundenlang telefoniert, bis einer von uns beiden eingeschlafen war oder zur Arbeit musste. Seit heut Morgen wartete ich ungeduldig auf seinen Anruf.

Leider war in keinem dieser Gespräche das Wort Psychologe oder Therapie gefallen und ich hatte mich nicht getraut danach zu fragen. Ich wollte ihm vertrauen, denn das war die wichtigste Basis in einer Beziehung.

Unruhig rutschte ich auf der Couch hin und her und wechselte ständig die Position. Casimir mauzte erbost auf und verkrümelte sich. Bestimmt würde er sich auf die Waschmaschine legen, um dort in Ruhe weiterschlafen zu können.

Werbung unterbrach meine sanfte Abendunterhaltung und ich zappte, ohne auf den Inhalt zu achten, durch die Programme.

Plötzlich klingelte mein Telefon und mein Herz machte einen Satz. Sofort griff ich danach. Kaum hatte ich den Namen gelesen, da hob ich auch schon mit einem Kribbeln im Bauch ab.

»Hi«, begrüßte ich ihn und schaltete den Fernseher stumm. Das Licht vom Bildschirm flackerte und warf lange Schatten an die Decke.

»Hey Sweetie«¸begrüßte mich die tiefe Stimme von Jona. Mein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Ich liebte es, dass er einen Spitznamen für mich hatte.

»Wie geht's dir«, fragte ich ihn.

»Ach mir geht es ganz gut.« Seine Stimme hört sich weit weg an und ich konnte Störgeräusche im Hintergrund hören. »Fährst du gerade Auto?«, wollte ich wissen.

»Ja, sorry. Komme gerade vom Sport.« Er rief häufig an, wenn er im Auto saß. Er meinte mal zu mir, dann wäre die Zeit nicht allzu vergeudet.

»Ich hoffe, du hast die Freisprechanlage an.« Es war eigentlich noch zu früh, um ihn zu bemuttern, aber so etwas konnte ich nicht abschalten.

»Natürlich, Sweetie. Du kennst mich doch.« Ich war erleichtert und zur selben Zeit glücklich. Ich hatte einen Freund und er nannte mich liebevoll Sweetie.

»Bist du gerade Zuhause?«, fragte er mich und hörte sich dabei etwas gehetzt an.

»Ja, bin ich.«

»Was machst du Schönes? Trägst du wieder deine Jogginghose?« Wir kannten uns noch nicht sonderlich lange, aber anscheinend lange genug, dass ihm meine Gewohnheiten im Gedächtnis geblieben sind.

»Ja«, gestand ich ihm peinlich berührt. Wieso sollte ich mich auch an einem Sonntag hübsch machen? Einkaufen konnte man nicht, keiner hatte heute Zeit für ein Treffen und die Wohnung verlassen wollte ich eh nicht.

»Das würde ich zu gerne sehen«, lachte er mich an und ich musste mitlachen.

»Ich würde dich auch gerne sehen.« Mein Herz wurde schwer. Wir waren erst seit kurzem ein Paar und hatten uns in dieser Zeit so wenig gesehen. Ich vermisste ihn einfach und wollte meine Hooneymoon-Phase mit ihm ausleben. Doch wenn er nicht da war, ging das nicht.

Nach einer kurzen Pause ergriff Jona wieder das Wort. »Tut mir leid, Sweetie, aber ich muss auflegen. Wir hören morgen wieder voneinander, okay?« So schnell? Das waren noch keine zehn Minuten!

»Okay«, antwortete ich kleinlaut und drehte mich auf die Seite. Ich presste meine Zähne aufeinander und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Ich wollte mich nicht so fühlen. Ich wollte glücklich sein. Ich wolle bei Jona sein.

Gegen Liebe gibt es keine Medizin Band 1Donde viven las historias. Descúbrelo ahora