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Der nächste Tag war schnell wieder angebrochen. Diesmal lag es aber daran, dass Maurice etwas mehr Schlaf bekommen hatte. Zwar spürte er keinen großen Unterschied zu den letzten Tagen, doch hatte sich seine Laune ein wenig gehoben. Der Blonde stand gerade in der Küche und bereitete sich sein Frühstück zu. Der Rest der Familie war schon längst aus dem Haus, da sie entweder zur Schule, zum Kindergarten oder zur Arbeit mussten. Maurice störte dies nicht wirklich, so konnte er ein wenig überlegen ohne, dass ihn jemand unterbrach. Noch hatte er keinen genauen Plan, wie er Micha überzeugen sollte. Vielleicht brauchte er ja auch gar keinen? Es würde sowieso nicht so ablaufen, wie er es geplant hatte, das musste er ja schon in der Vergangenheit feststellen. So lange war es noch gar nicht mal hergewesen. Der erste Schultag an der neuen Schule war beispielsweise nicht so abgelaufen, wie er hätte sollen. Mit diesem Tag hatte das Drama angefangen, oder wie auch immer man das jetzt hier nannte. Schon viele Tage vorher hatte Maurice sich Vorstellungen gemacht, wie der Tag am Besten ablaufen sollte. Es hatte nicht geklappt. Das Schicksal hatte mal wieder seine dreckigen Finger im Spiel gehabt und musste alles verändern. Nichts konnte bei dem Blonden mal komplett normal ablaufen. Mit wenigen Bissen war das Frühstück des blonden Jungen auch schon wieder weg. Er schnappte sich seine Schultasche, zog seine Schuhe an und ging nun aus dem Haus. Sofort schlug ihm kalte aber frische Luft in das Gesicht. Der Herbst hatte es dieses Jahr wirklich in sich, schoss es dem Jungen durch den Kopf. Wie mittlerweile jeden Tag ging sein erster Weg zur Bäckerei, die sich in der Nähe befand. Noch immer war er todmüde und wollte sich mal wieder einen Kaffee holen. Nach ein paar Tagen konnte er sagen, dass ihm Kaffee weiterhin nicht wirklich schmeckte, doch machte es unglaublich wach. Warum musste sowas auch so bitter schmecken? Kopfschüttelnd betrat er die Bäckerei und die junge Frau hinter der Theke lächelte ihn freundlich an. „So wie immer?", vergewisserte sie sich. Maurice nickte einfach nur knapp. Die Frau begann den Kaffee-To-Go Becher unter die Maschine zu stellen. Ohne sich wirklich zu konzentrieren, tippte sie ein paar Knöpfe und das Gerät gab ein lautes Brummen von sich. Während sich das koffeinhaltige Getränk in den Becher füllte, sah sie junge Frau zu Maurice. Sie hatte gute Menschenkenntnisse und wusste daher, dass es dem Kunden nicht wirklich gut ging. Zu gern hätte sie gefragt was los ist, doch das durfte sie nicht. „Die privaten Problemen von Kunden gehen Sie nichts an.", rezitierte die junge Verkäuferin ihre Chefin in Gedanken. Schade aber auch. Manche Menschen brauchten so sehr Hilfe, doch konnte sie nichts tun. Sie durfte nicht ihre Arbeit verlieren. Maurice sah die Verkäuferin kurz an und blickte dann weg. Was starrte sie denn so auf ihn? Der Blick war irgendwie mitleidig. Ein Piepen ging durch den ganzen Raum. Das Signal, dass der Kaffee nun fertig war. Die junge Frau hinter der Theke löste ihren Blick von dem Jungen und machte das Getränk noch komplett fertig. Sie tippte etwas in ihre Kasse ein und sagte dann laut den Betrag, den Maurice zu zahlen hatte. Der Junge gab ihr sofort das Geld und schnappte sich den Becher. Mit einem knappen „Tschüss.", verschwand der Blonde und die Verkäuferin blieb zurück. Jetzt bereute sie es irgendwie, dass sie nichts gesagt hatte. Nun war es aber zu spät und vielleicht war es auch besser so. Ihr Job war viel zu wichtig, als dass sie einem kleinem Jungen bei seinen Problemchen helfen konnte.

Maurice machte sich sofort auf den Weg zur Schule. Diesmal ging er den alten Weg, wie er vor dem Streit zur Schule gegangen war. Der Blonde hoffte Micha über dem Weg zu laufen. Zudem war Maurice früher aus dem Haus gegangen, damit er noch ein bisschen nachdenken konnte. Frische Luft tat außerdem immer gut, vor allem wenn man nachdenken musste. Wie sollte er Micha davon überzeugen, dass es ihm Leid tat? Diese Frage schwirrte unumgänglich in seinem Kopf, während er ein paar Schlucke von seinem Kaffee nahm. Augenblicklich musste Maurice sich beherrschen, dass er die braune Flüssigkeit nicht wieder sofort ausspuckte. Es schmeckte wirklich ekelhaft. Warum trank er das auch jeden Tag? Sein Handy gab einen kurzen Laut von sich. Es hatte wohl jemand Maurice geschrieben. Erst holte der Blonde sein privates Handy heraus, doch da war keine neue Nachricht zu sehen. Also packte er es wieder ein und nahm sein sogenanntes Youtube-Handy heraus. Tatsächlich befand sich dort eine Benachrichtigung von WhatsApp. Natürlich war es von GermanLetsPlay, dachte der Blonde sich und öffnete die Nachricht.
Wollen wir heute was aufnehmen?
Maurice überlegte kurz und tippte dann eine Antwort.
Sorry, habe heute viel zu tun.
Danach steckte er das Handy wieder weg. Maurice stand schon vor der Schule. Anscheinend war er mal wieder lange in Gedanken gewesen und dann das Handy hatte ihn wohl auch abgelenkt. Ein Blick auf die Uhr auf seinem privaten Handy zeigte ihm, dass er viel zu früh an der Schule war. Micha kam immer kurz vor Unterrichtsbeginn. Der blonde Junge ließ sich auf eine Bank im Pausenhof fallen. Nun würde er auf den Braunhaarigen warten und nebenbei sein Getränk schlürfen. Vielleicht hörte ihm Zombey ja zu, wenn er ihn ansprach? Die Chance war gering, doch die Hoffnung starb zuletzt. So sagte man das doch, oder?

Es war jetzt ungefähr zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn und bisher hatte Maurice Micha nicht gesehen. Er hatte wirklich jeden Mitschüler aus seiner Klasse gesehen, abgesehen von Micha. Wo blieb er nur? Wusste er von seinen Freunden, dass Maurice auf einer Bank saß und auf ihn wartete? Eigentlich war dies unmöglich. Der Blonde hatte mit Niemandem gesprochen, also konnten sie auch nicht wissen, was er dort machte. Langsam schulterte sich der Blonde seinen Rucksack auf und schmiss den Becher in den Mülleimer. Dies tat er ebenfalls extra langsam, weil er hoffte, dass Micha noch erscheinen würde. Und tatsächlich. Maurice war gerade dabei sich umzudrehen, als er Micha erblickte. Seine Miene erhellte sich augenblicklich. Das Herz pumpte laut und seine Hände zitterten ein wenig. Er war wirklich sehr nervös. „Micha!", rief er laut und lief schnell auf den Braunhaarigen zu. Dieser hob den Kopf, doch als er sah, wer ihn gerufen hatte, blickte er gleich wieder weg. Seine Schritte wurden  ebenfalls etwas schneller, weil er Maurice nicht begegnen wollte. „Micha bitte warte.", meinte Maurice noch einmal. Wütend fuhr der Braunhaarige zu dem Blonden um. „Für dich heißt es Michael!", zischte er. Seine Augen funkelten voller Wut, dennoch konnte man Neugier und Enttäuschung sehen. Neugier darüber, was Maurice ihm wohl sagen wollte. Enttäuschung, weil Micha es noch nicht verdaut hatte und es nicht begreifen konnte. „Was willst du überhaupt?", fragte er dann genervt und etwas ruhiger als zuvor. Maurice schluckte laut. Der Blick wurde zunehmend verzweifelter. „Ich will mit dir reden.", antwortete der Blonde dann leise und sah seinem Gegenüber direkt in die Augen. Micha sollte spüren, dass er es ernst meinte. Dieser kniff kurz verwirrt die Augen zusammen. Hatte er das gerade richtig gehört? „Vergiss es, Maurice.", kam als knappe Antwort zurück.
Der Braunhaarige drehte sich um und lief mit eiligen Schritten weg. Er hatte eigentlich erwartet, dass Maurice ihm hinterherlaufen würde, doch tat dies der Blonde nicht. Stattdessen stand er verunsichert auf dem Pausenhof und sah Micha hinterher. Wie sollte er sich jemals bei ihm entschuldigen, wenn er ihm nicht zuhören wollte?

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