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⚠️ Triggerwarnung: Andeutungen von SVV, häusliche Gewalt ⚠️

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"Ich hab nicht viele Freunde.", gab ich kleinlaut von mir und seufzte. Es war mir irgendwie unangenehm mich mit ihm darüber zu unterhalten. Gerade weil Jisung den Anschein machte, dass er viele Freunde hatte oder er zu mindestens bei Menschen gut ankam und beliebt war. Dann kam ich. Ich kam eher sehr abweisend herüber, wenn man sich mit mir das erste Mal unterhielt und an einem Gespräch konnte ich mich nie wirklich beteiligen.

"Ich auch nicht, also mach dir nichts draus. Es ist doch viel wichtiger, wenn man Freunde hat, auf die man sich verlassen kann. Nicht?", versuchte mich Jisung zu ermutigen und schenkte mir sein scheinbar bestes Lächeln, welches er mir in diesem Moment gerade geben konnte.
"Ich hab nur Seungmin und Hyunjin mit denen ich mal was machen kann. Früher hatte ich viel Kontakt zu Jeongin aus deiner Klasse. Aber der hat mich wohl in den Wind geschossen.", erzählte ich.
"Jeongin ist sowieso total komisch, was das angeht. Ich mag ihn nicht.", merkte er an und schüttelte dabei mit seinem Kopf. Ich konnte allerdings bis heute nicht nachvollziehen, was er an dem Jungen auszusetzen hatte. In meinen Augen war er total korrekt, wenn man ihm erst einmal kannte. "Seit Wochen schließt er sich auf der Kabine im Jungsklo ein. Manchmal kommt er sogar zu spät in den Unterricht deswegen. Felix hat mir mal erzählt, dass er geweint hat und er wollte Jeongin darauf ansprechen, um mit ihm zu reden. Er hat ihn nur angeschrien, dass er weggehen soll, weil ihn sowieso keiner versteht. Ich will keine dummen Vermutungen anstellen, aber vielleicht wird er zu Hause geschlagen oder so. Eigentlich hat er immer irgendwelche blauen Flecken, wenn er mal beim Sport mitmachen sollte."
"Seine Eltern sind eigentlich voll korrekt...", meinte ich und fing an darüber nachzudenken, wieso er so viele blaue Flecken haben könnte, wie Jisung behauptete. Seine Eltern hatten nie den Anschein gemacht, dass sie ihrem Sohn überhaupt auch nur ein Haar krümmen konnten. Tollpatschig war er auch nicht gewesen, dass er sie sich dadurch hätte zufügen können. Also musste der Grund irgendwo anders liegen. Nur was war dann der Grund dafür?

"Dann liege ich wohl falsch mit meiner Vermutung. Aber es kann mir auch egal sein. In meinem Leben werde ich sowieso nie etwas mit ihm zutun haben."
"Das macht mir umso mehr Sorgen, weil Hyunjin auch meinte, dass er auch von Jeongin abgestoßen wird."
"Dann will er einfach allein sein. Lasst ihm seinen Wunsch. Man soll seine Energie nicht an die falschen Leute verschwenden."

Doch so einfach war es nicht, wie er sagte. Gerade wenn du der Grund warst, dass er sich zu allen so verhielt. Klar, konnte ich nicht zu hundert Prozent sicher sein, aber Hyunjins und meine Theorie klang sehr plausibel. Und daher konnte ich seine Antihaltung Jeongin gegenüber nicht verstehen. Gerade, wenn er Leute abstieß, brauchte er jemanden, der ihn an der Oberfläche hielt, damit er nicht ertrank in Einsamkeit und seinen Gedanken.

"Aber erzähl mir etwas über Seungmin. Wie habt ihr euch kennengelernt?", wollte er wissen und schaute mich voller Neugierde an. Er wollte das Thema mit Jeongin somit einfach zur Seite schieben. Gleichzeitig hatte noch nie jemand so großes Interesse an mir, außer Seungmin. Das machte mir tatsächlich Angst.

"Unsere Eltern waren Nachbarn und sehr gut befreundet. Seitdem ich denken kann, war er immer an meiner Seite und wir beste Freunde. Wir gingen immer auf dieselbe Schule und in dieselbe Klasse. Er ist wie mein Zwillingsbruder, nur dass wir an zwei unterschiedlichen Tagen Geburtstag haben und auch nicht den gleichen Nachnamen tragen. Wir haben uns trotzdem Tag und Nacht gesehen, vor allem in der Oberstufe. Wir waren immer zusammen und in unserer Klasse hat wahrscheinlich auch jeder gedacht, dass wir ein Paar wären, weil wir uns so gut verstanden."
"Wäre es denn schlimm gewesen, wärt ihr das?", fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf.
"Ich meine, er ist wie gesagt ein Bruder für mich. Aber es wäre wahrscheinlich kein Problem für mich gewesen, wären wir irgendwann zusammengekommen."

Ich konnte Jisung ansehen, wie er sich sein Grinsen verkneifen musste. Am besten wollte ich nicht wissen, was er sich gerade dabei dachte. Bestimmt nichts Anständiges.

"Mir gehts genauso. Ich bin mit Changbin groß geworden, weil unsere Eltern sich auch gut verstanden haben. Irgendwann kam Chan dazu, weil seine Eltern wieder zurück nach Südkorea gezogen sind und drei Jahre später oder so ist dann auch Felix von Australien nach Seoul gezogen. Wir sind eigentlich auch alle wie Brüder. Gerade Chan, Changbin und mich verbindet die Musik. Ich weiß nicht mehr wann es angefangen hat, aber irgendwann haben wir angefangen eigene Lieder zu schreiben und später auch angefangen sie zu produzieren, mit allem was dazugehört."
"Ihr macht Musik?", fragte ich noch einmal nach und er nickte mit dem Kopf.
"Also erwarte jetzt nicht allzu viel. Unser Mitschüler belächeln uns alle und gerade unsere Lehrer meinen, dass unser Traum nie in Erfüllung gehen wird. Aber eines Tages weiß ich, dass jemand unsere Songs hören wird und sich mit ihnen verbunden fühlt."
"Das ist voll cool. Ich wünschte, ich hätte solche krassen Träume. Aber sieh mich an. Ich bediene Menschen und mach ihnen irgendwelche Getränke." Ein verzweifeltes Lachen entwich mir und ein bitteres Seufzen folgte.
"Vielleicht hast du dein geheimes Talent noch nicht entdeckt."
"Die eigenen Freunde merken doch, wenn du was besonders gut kannst. Seungmin kann zum Beispiel total gut singen. Nur ich weiß bis heute nicht, was ich besonders gut kann. Das ist echt frustrierend. Und er hat mir auch nie gesagt, dass ich irgendeine Begabung habe. Also bin ich wahrscheinlich einfach gut in Nichts...", gab ich zu, begann mit Schmollen.
"Vielleicht können wir uns ja irgendwann mal wieder treffen und dann finden wir dein verstecktes Talent." Er zwinkerte mir zu. "Ich muss nämlich jetzt abbiegen, ansonsten laufe ich einen totalen Umweg."

Ich stimmte zu und somit verabschiedeten wir uns. Und direkt kam mir in den Sinn, dass ich Hyunjin erzählen musste, was Jisung mir über Jeongin erzählt hatte. Ich hatte, je länger ich darüber nachdachte, eine unschöne Vermutung.

𝗜𝗻𝘀𝗲𝗰𝘂𝗿𝗶𝘁𝘆 ✧ MINSUNGTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon