Kapitel 17

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Sie warten nur auf seinen Befehl.

"Du trainierst also immer noch. Ehrlich gesagt hätte ich das nicht erwartet. Nicht nachdem was ihr in der Wüste getan habt. Die ganzen Menschen die ihr in der Arena getötet habt. Wie viele Kinder habt ihr umgebracht? Sie waren ja kaum älter als ihr. Wie nannten sie euch?"

Ein böses Lächeln verwandelt sein Gesicht in eine Grimasse.

"Irgendwas mit Engel. Achja 'ángel de la muerte'. Eindrucksvoller Name findest du nicht?"

Ein Gefühl der Leere breitet sich in mir aus.

Ich fühle mich so kalt.

Wie damals.

Eine Bewegung zu meiner Rechten und ich werfe mich vor Ben.

Mason prallt gegen mich.

Mit all meiner Kraft schaffe ich es ihn festzuhalten.

So wütend wie jetzt habe ich ihn noch nie gesehen.

"Du verdammter Hurensohn. Ich mach dich kalt. Dich und das, was du deine Gang nennst und dann kümmere ich mich um deine Familie. Du wirst dir wünschen nie geboren zu sein!"

Gelassen mustert Ben ihn.

"Achja wirst du das? Das werden wir noch sehen."

Immer noch halte ich Mason zurück.

"Wenn ihn einer tötet, dann sind das Miranda oder ich verstanden? Keiner rührt ihn solange an. Er wird dafür leiden, was er getan hat. Aber nicht jetzt. Wir brauchen ihn noch. Sorge dafür, dass die anderen davon erfahren. Er gehört uns!" sage ich an Marc gewandt.

Die Waffen sind immer noch auf uns gerichtet und unsere Waffen zielen auf sie.

"Ihr verschwindet jetzt von hier. Geht zurück in euer Territorium. Wenn ich einen von euch wieder auf unserem Gebiet treffe bringe ich euch um. Habt ihr das verstanden?"

Alle seine Männer nicken.

Verräter, dass ich sie mal als Familie bezeichnet habe.

"Und jetzt raus! Ich will euch nicht mehr sehen. Verschwindet!"

Auf meinen Befehl hin drehen sie sich um und laufen zu ihren Autos.

Ben wirft mir noch einen letzten Blick zu und springt in einen der Wagen.

Mit quietschenden Reifen brausen sie davon.

Ich werfe die Tür hinter ihnen zu und stürme die Treppe hoch. Die Rufe der anderen ignoriere ich.

In meinem Zimmer schließe ich die Tür ab und rutsche daran herunter.

Ben und seine Gang sind verschwunden, aber das Gefühl der Kälte, dass ich seit Jahren verdränge ist zurück.

Ein Gefühl, dass sich in mir eingenistet hat und von dem ich geglaubt habe, dass es mit unserer Flucht aus der Wüste verschwunden wäre.

Das alles kommt wieder hoch, mit Bens Anspielungen auf das, was wir dort getan haben.

Meine Erinnerungen daran sind noch so klar, als ob es erst gestern passiert wäre.

Die Leere.

Die Hoffnungslosigkeit.

Der Tod.

Das Sterben.

Die Arena.

Die Gesichter der Menschen, die ich dort getötet habe und zu guter Letzt Deans Gesicht, als er uns gerettet hat.

Als er sich für uns geopfert hat.

Für Miranda und mich.

Wir sind weit gekommen in der Arena.

Weiter als viele andere.

Weiter, als es jemals jemand anderes geschafft hat.

Die Meisten sind schon in den ersten Wochen ihrer Gefangenschaft gestorben.

Aber wir nicht.

Zwei ganze Jahre haben wir es dort ausgehalten.

Zwei Jahre in denen wir ständig um unser Leben kämpfen mussten.

Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn wir früh gestorben wären.

Mit der Schuld zu leben andere Menschen, die auch in diese Kämpfe rein gezwungen worden sind, getötet zu haben, dass ist eigentlich das Schlimmste daran und die Narben, die wir von diesen Kämpfen zurückbehalten haben, sind eine Erinnerungen daran, was andere uns angetan haben und was wir anderen angetan haben.

Die Schuld der Überlebenden.

Damals hatte Ben Dean, Miranda und mich in die Wüste gelockt, unter dem Vorwand, dass einer der dort herrschenden Drogenbosse Hektor mit unserer Familie verhandeln wollte.

Mehrere seiner Männer waren schon in unserem Territorium gesichtet worden.

Als wir jedoch dort ankamen überwältigten er und seine Männer uns und wir wurden in die Arena geschickt, um mit und manchmal auch ohne Waffen auf Leben und Tod zu kämpfen.

Wenn wir grade nicht kämpften trainierten wir.

Miranda konnte zu der Zeit noch nicht kämpfen, aber das war den Männern ziemlich egal.

Deshalb haben wir sie in unserer freien Zeit trainiert und alles was wir konnten an sie weitergegeben.

Hektor konnte ich davon überzeugen, mir die Kämpfe gegen die schweren Gegner zu überlassen, welche Miranda zugeteilt wurden.

Sie hat dafür meine Leichteren übernommen.

Einmal die Woche wurden wir in die Arena geschickt.

Zwei ganze Jahre ohne Pause.

104 Wochen, bis wir uns befreien konnten.

208 Tote.

Warum ich heute also immer noch kämpfe?

Wie ich überhaupt noch kämpfen kann?

Ganz ehrlich?

Ich weiß es nicht.

Was ich weiß ist, dass ich einfach nicht einfach damit aufhören kann.

Das Adrenalin.

Das Gefühl, dass nichts um mich herum wichtig ist und dass ich alles was ich fühle in diesen Moment verdrängen kann und unwichtig ist.

Ich kann es einfach nicht hinter mir lassen.

Die Boxkämpfe sind für mich gleichzeitig, mein schlimmster Albtraum, aber sie geben mir auch das Gefühl der Sicherheit.

Klingt verdreht.

Tja das ist mein Leben seit drei Jahren.

Schlussendlich konnten wir nach den zwei Jahren fliehen. Als wir jedoch auf dem Weg zum Flughafen waren, wurden wir von Männern des Drogenbosses entdeckt.

Sie eröffneten das Feuer und wir gingen in Deckung.

Ich habe immer noch eine Narbe der Kugeln an der Schulter, wo mich einer von Hektors Leuten mich getroffen hatte.

Hätte Dean sich damals in der Arena sich nicht geopfert, hätte ich nie diese Arena verlassen können.

Ich wäre nie nach Hause gekommen.

Ich wäre diejenige gewesen, die blutend im Sand gelegen hätte.

Wie gerne ich mein Leben für seins gegeben hätte, aber er hat mir die Entscheidung einfach abgenommen.

Wir tauchten am Flughafen für die Nacht unter und nahmen den nächsten Flieger nachhause.

Nach 12 Stunden Flug empfingen uns meine Brüder, die wir unterwegs kontaktiert haben.

Zwei Jahre lang haben sie vergeblich nach uns gesucht und uns nicht gefunden.

Nun waren wir zurückgekehrt.

Aber anders als sie gedacht hatten.

Gebrochen.

Fighting the BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt