Zu tiefe Gefühle ✅

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Legolas POV

Nein, ich konnte sie nicht so sehen. Nicht über ihm, nicht ihn küssend. Dieses Bild spielte sich in Dauerschleife in meinem Kopf ab. Ich wurde es nicht mehr los. Mein Vater meinte, ich solle in den Norden gehen und einen Waldläufer namens Aragorn aufsuchen. Was sollte ich sonst tun? Im Düsterwald erinnerte mich alles an sie. Keine Tränen liefen mir über die Wangen. Weinen zählte bei meinem Vater als Schwäche. Tauriel hatte aber damals geweint, doch war sie nicht schwach. Nicht viele Elben setzten ihr Leben für andere aufs Spiel, doch Tauriel hatte ihr Leben mehrmals für das meine aufs Spiel gesetzt. Eigentlich hatte ich gedacht, dass Tauriel die Richtige sei, doch ich verspürte nichts mehr, als ich sie sah. Keine Liebe, keine Eifersucht, weil sie diesen Zwerg küsste, nichts.

Ich hatte kein Pferd, also musste ich so die Dunedain aufsuchen. Ich verdankte meinen elbischen Instinkten, dass mir keine Orks begegneten. Zuerst führte mich mein Weg durch zahlreiche Wälder. Oft sah ich andere Wesen Mittelerdes, aber ich wollte für mich sein.

Nachts ruhte ich unter den Bäumen im Wald. Irgendwie war es komisch, allein zu sein. Niemand war da. Niemand, der mir sagte, alles würde gut werden. Niemand, der mir stumm Gesellschaft leistete.

Ich war allein in einer fremden Gegend. Sehr oft dachte ich in letzter Zeit an Tauriel. Sie hatte mich verletzt. Wenn Bolg nicht Kili erstochen hätte, hätte ich es sicherlich getan. Tauriel hatte ihn nicht verdient. Aber wen hatte sie dann verdient?

Ich wischte mir eine Träne weg. Es passierte nicht oft, dass ich weinte, denn normalerweise weinte ich nie. Die Liebe, die ich für Tauriel empfunden hatte, war nicht echt. Das wusste ich bereits. Mein Vater hatte also recht gehabt. Tauriel hatte den Zwerg geliebt. Würde ich jemals wieder jemanden finden, der mir so viel bedeutete wie sie? Wohl eher nicht. Wir Elben verliebten uns für gewöhnlich nur einmal und dann richtig. Es tat weh, an sie zu denken.

Tagsüber war ich teilweise nur sehr langsam unterwegs. Ich hatte nicht sehr viel Kraft, aber der Wille, alles hinter mir zu lassen, trieb mich an.

Wie sollte ich Arathorns Sohn denn bloß finden? Mittelerde war groß und ich hatte keinen blassen Schimmer, wie dieser Mensch überhaupt aussah. Der einzige, der das zu wissen schien, war mein Vater, aber der war gerade auf dem Weg in den Düsterwald.

Immer noch waberte mir das Bild von Tauriel und Kili durch den Kopf. Plötzlich schnellte ein Pfeil dicht an meinem Kopf vorbei. Ich erschrak. Eigentlich entging mir sowas nie.

Erschrocken blickte ich mich nach allen Seiten um und zog sicherheitshalber einen Pfeil aus meinem Köcher und spannte meinen Bogen. "Zeige dich, Wandler im Schatten!" , rief ich. Hinter mir knackste ein Ast und ein Mensch mit braunen, schulterlangen Haaren stand plötzlich hinter mir. Abrupt drehte ich mich herum und zielte mit dem Bogen auf ihn. Der Mensch tat es mir gleich.

"Wie ist Euer Name?", fragte er mit scharfer Stimme. "Nennt mir Euren und ich werde Euch meinen nennen." Aus irgendeinen Grund nahm ich den Bogen herunter und steckte den Pfeil zurück in den Köcher. Etwas ließ mich diesem Menschen vertrauen. Er würde mir nichts tun.

Der Mensch ließ seinen Bogen so wie er war. "Woher weiß ich, dass ich Euch trauen kann, wenn ihr euren Bogen zurücknehmt?" Er schaute mich mit schneidendem Blick an. Ich wurde nicht unruhig. Dieser Mann war mit seiner einzigartigen Art irgendwie besonders.

"Verzeiht, mein Name ist Legolas Thranduillion, Prinz des Düsterwaldes." Ich verbeugte mich vor dem Mann, dieser ließ nun auch seinen Bogen sinken und legte eine Hand auf seine Brust. "Aragorn, Arathorns Sohn." Aragorn lächelte. Arathorns Sohn? Mein Vater hatte doch etwas davon erwähnt. "Ihr seid Aragorn? Mir wurde gesagt, ich solle Euch aufsuchen." Aragorn nickte und verbeugte sich kurzerhand ebenfalls vor mir.

"Erzählt, wieso solltet Ihr mich aufsuchen?" Wir gingen durch den Wald und kamen etwas ins Gespräch. "Lasst doch das förmliche Gerede. Ihr dürft mich Legolas nennen. Und ich weiß es ehrlich gesagt nicht, wieso ich Euch aufsuchen sollte." Aragorn nickte kurz und lächelte dann. "Legolas, du darfst mich ebenfalls Aragorn nennen, mellon nin." Ich versuchte zu lächeln, doch es misslang mir etwas. Aragorn war echt nett. "Wie kommt es, dass du der Elbischen Sprache würdig bist?", fragte ich etwas verwundert.

"Ich wuchs in Bruchtal auf, dort lernte ich Elrond, Arwen, Elrohir und Elladan kennen. Sie waren alle ziemlich nett zu mir. Hast du sie gesehen? Wie geht es ihnen? Wie geht es Arwen?" Er wurde etwas nervös. Mochte er diese Elbin etwa? "Tut mir leid, aber ich weiß nicht, wie es ihnen geht", antwortete ich vielleicht etwas zu kalt. Aragorn nickte. "Wie ist es bei dir mit der Liebe? Bei deinem Aussehen laufen dir die Frauen doch förmlich hinterher." Ich wurde rot. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Es versetzte mir einen Stich im Herzen, denn ich dachte an Tauriel.

"Ich mag da eine Elbin schon ganz gerne, aber sie ist in einen Zwerg verliebt." Ich versuchte so lässig wie möglich zu klingen, was mir aber nicht wirklich gelang, denn Aragorn schaute mich besorgt an. "Du liebtest diese Elbin? Es tut mir leid für dich, mellon nin." Er legte eine Hand auf meine Schulter und sofort durchflutete mich Wärme. Ich nickte nur, denn ich wollte jetzt nicht über Tauriel reden. Sie liebte diesen Zwerg, obgleich er tot war oder nicht.

Mittlerweile stand die Sonne schon hoch am Himmel. Es war am Nachmittag und es fing schon an zu dämmern. "Lass uns einen Schlafplatz für die Nacht suchen. Nicht weit von hier ist ein Dorf. Dort können wir unterkommen", schlug Aragorn vor und ich nickte zur Zustimmung.

Reise durch Mittelerde | ᵃʳᵃˡᵃˢ ✓Where stories live. Discover now