Ninety Seven • DIE PLAKATE

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Lou stöhnte kurz auf, als ich den Kuss erwiderte und sogar noch vertiefte. Er zog mich langsam auf seinen Schoß und presste mich an sich.
Doch dann ließ er mich los und sah mich schwer atmend an. 
"Das war der schönste letzte Kuss den ich je hatte." 
Sanft legte er seine Stirn an meine und seufzte. Ich schloss die Augen und schluckte. Was war das denn jetzt gewesen? Erst küsste er mich und dann...?
Ich stieg von seinem Schoß runter und wendete den Blick in die Richtung, in die ich gehen wollte. Langsam ging ich von ihm weg und versuchte grade zu gehen, doch meine Beine schwankten leicht.
"Stör ich?" ich zuckte zusammen und entdeckte Niall, der mit verschränkten Armen vor mir an der Wand lehnte und mich ansah. Aus seinem Blick konnte ich nicht lesen, was er fühlte oder dachte und genau das machte mir noch mehr Angst. Denn normalerweise war er für mich ein offenes Buch.
Ich schluckte, blieb stehen und verlagerte mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

"Niall, es war nicht das, was du den-"
"Nicht das was ich denke?" rief er und kam wütend ein paar Schritte auf uns zu. Ich konnte hören, dass Lou fast direkt hinter mir stand. Niall kam mit geballten Fäusten und wütendem, auf Lou gerichteten, Blick auf uns zu. 
"Niall, warte." Ich versuchte ihn aufzuhalten, doch er drängte sich an mir vorbei und packte Lou am Kragen. Verzweifelt riss ich ihm am Arm und versuchte ihn los zu reißen, doch er war so in Rage und Wut und deswegen hatte ich nicht die geringste Chance.
"Hast du vergessen, was wir besprochen haben? Ich lasse dich mit ihr befreundet sein und du machst nichts, was du später bereuen würdest." zischte er und ließ Lou dann los.
Dieser zog sich zurück, ging mit gesenktem Blick an uns vorbei. Kurze Zeit später fiel die Haustür zu.
Erst da kam das Leben zurück und ich drehte mich unsicher zu meinem Freund um. Wenn er jetzt überhaupt noch mein Freund war.
"E-es tut mir Leid." meine Stimme zitterte, als Niall sich durch die Haare fuhr und seine angespannten Schultern endlich fallen ließ. Er seufzte, kam ein paar Schritte auf mich zu.
"Ich weiß." 
Hatte er das jetzt echt gesagt?
"Du brauchst dich nicht entschuldigen. War mein Fehler." 
"Niall, kein bisschen. Wenn jemand da nichts für konnte, dann du!" wandte ich ein und griff nach seiner Hand. Er sah mir tief in die Augen und das was ich in ihnen sah, war Reue und vielleicht auch etwas Angst.
"Es war nicht dein Fehler. Nur, wir waren so lange ein Paar und mit der Musik und allem, da war es wie früher und dann..." stotterte ich und lehnte mich an ihn. Er sollte nicht denken, dass es sein Fehler gewesen war, denn das war es nicht.
Niall küsste mich auf den Kopf und zog mich leicht zum Schlafzimmer.

"Ich kann mir vorstellen, wie du dich jetzt fühlen musst." sagte ich, als wir wieder im Bett lagen und uns in die Augen blickten. Meine Hand lag an Nialls Wange und streichelte sie sanft, während seine über der Decke an meiner Hüfte lag und mich leicht zu sich zog.
"Wie meinst du das?"
Ich senkte den Blick und versuchte die bildliche Erinnerung wieder zu verscheuchen.
"El?"
"Jedes Mal, wenn du Toni küsst..." war das einzige, was ich geflüstert heraus brachte und mehr brauchte ich nicht zu sagen, denn Niall verstand sofort, was ich meinte.
"Nur noch knapp zwei Monate, dann ist alles vorbei." flüsterte er, küsste mich sanft und schaltete hinter sich das Licht aus. Zufrieden mit dem Ende dieser unangenehmen Konversation kuschelte ich mich an ihn und schloss meine Augen.
Nach etwas Schlaf würde alles bestimmt viel besser aussehen.

"Was machen wir eigentlich, wenn du Jungs wieder auf Tour sind? So als 'offizielle Singles'? fragte ich Toni lachen und schlürfte meinen Cappuccino. Nach so einer anstrengenden Woche konnten wir beide Starbucks mehr als genug gebrauchen. 
"Party?" wir stießen mit unseren Tassen an und lachten, weil die Leute um uns herum schon auf uns aufmerksam geworden waren.
Übermorgen würden sie wieder fliegen. War schon etwas deprimierend. Niall und ich waren ja grade erst zusammen gekommen und schon verschwand er wieder. Als Louis' Exfreundin durfte ich sie natürlich nicht besuchen, aber Niall hatte mir schon versprochen, dass wir uns zwischen durch sehen würden.
Toni tat mir da schon mehr Leid. Aber das mit ihr und Harry würde auch das überstehen. Die beiden waren so fest zusammen geschweißt und unzertrennlich. Hatte ja seine Gründe, dass wir alle dachten, dass sie verlobt waren. Was sie ja leider nicht waren.

Wenn ich so an die Zukunft dachte, stellte ich mir in letzter Zeit immer vor, wie Toni und Harry heiraten würden. Eine riesige Hochzeit mit allen Freunden und der ganzen Familie. Und danach dann das übliche glückliche und zufriedene Leben leben würden. Genau wie ich und Niall.

"Sie werden mir fehlen." seufzte Toni und rührte in ihrem Kaffee.
"Du meinst, Harry wird dir fehlen." sie lachte und nickte traurig. Ich konnte mir nur annähernd vorstellen, wie sie sich fühlte. Mal abgesehen davon, dass ich eh nie verstanden hatte, wieso ausgerechnet Toni zugestimmt hatte, Nialls Freundin zu spielen.
Toni lehnte sich zu mir nach vorne und winkte mich zu sich.
"Jetzt mal von Nialls Freundin zu Nialls Freundin, habt ihr schon?" sie zwinkerte, doch ich hätte auch so gewusst, was dieses neugierige Mädchen von mir wollte.
Lachen lehnte ich mich zurück und schüttelte den Kopf.
"Nein." Toni nickte nur und kramte in ihrer Tasche. Dann legte sie etwas Geld auf den Tisch und fing an sich anzuziehen. Ich tat es ihr gleich und stockte das Geld auf. Dann nahmen wir unsere Sachen und verließen beieinander eingehakt den Laden. Obwohl heute Montag war, schien die Sonne und ich war extrem froh, dass ich mir frei genommen hatte. 
"Shoppen?" fragte Toni und riss mich so aus meinen schwärmerischen Gedanken. Ich nickte und zog sie so, dass wir in Richtung meines Lieblingsgeschäfts gingen.

15 Läden, 11 Tüten und 4 Stunden später schlurften wir erschöpft zu Tonis Auto und ließen uns hinein fallen. Nach ein paar Mal seufzen und tief durch atmen, startete Toni den Wagen und wir fuhren los.
"Zu dir oder zu mir?" witzige Frage, weil wir beide irgendwie bei unseren Freunden wohnten.
"Mir egal. Wo kommen denn die Jungs später hin?"
"Also Zayn muss zu Perrie wegen den Hochzeitsvorbereitungen, Niall wollte was zum Essen mitbringen, Liam wollte glaub ich zu uns kommen und Harry folgt mir überall hin." lachte sie nd ich musste grinsen. Diese verliebten Pärchen. Verdammt, Niall und ich waren genau so.
"Was mit Louis ist, weiß ich nicht." sagte Toni und ich sah lieber aus dem Fenster, als dass sie mich fragen würde, was geschehen war. Zu spät. 
"El? Was ist mit Louis?" fragte sie und legte ihre Hand auf mein Bein. Ich sah zu ihr auf und winkte ab.
"El..." ich kannte den Ton. Toni würde nicht so leicht locker lassen. Und auch, wenn ich eigentlich nicht wirklich drüber reden wollte, war ich froh, dass sie es nicht tat.
"Gestern Abend hab ich Louis am Klavier sitzen gesehen und hab mich dann auf den Sessel gesetzt, den am Fenster. Dann hat er gespielt und als ich mich später zu ihm auf den Hocker gesetzte habe, könnte es vielleicht passiert sein, dass, also, er, wir..." stotterte ich und drehte den Ring an meinem Finger.
"What the fuck? Ist das sein Ernst?" fluchte Toni und schlug aufs Lenkrad. Ich sah zu ihr auf und erschrak über ihren Gesichtsausdruck. Doch Toni sah nicht zu mir, oder auf die Fahrbahn, sondern nach links, zu einer Ansammlung Menschen, die alle Plakate in die Höhe hielten.
Sie hielt an, riss den Schlüssel aus dem Schloss und sprang aus dem Wagen. Verschreckt folgte ich ihr, weil ich nicht hatte erkennen können, was da auf den Plakaten stand.
"Was soll das denn?" schrie sie und schmiss die Tür zu. Sie war sauer. Und wenn Toni sauer war, mussten sich alle in Acht nehmen.
Ich lief um das Auto herum und stellte mich neben sie. Was ich dann sah, verschlug mir den Atem. 
Egal, ob es Fans oder Hater waren, dass, was da auf den Plakaten stand, war mehr als nur unfair! Es war verletzend, entwürdigend und niederschmetternd.

Bevor ich irgendwas zu Toni sagen konnte, war sie schon wieder eingestiegen und hatte den Motor gestartet, um weiter zu fahren. Schnell tat ich es ihr gleich und beobachtete sie, als sie mit nichts sagender Mine weiter fuhr. 
"Toni?" flüsterte ich, als ich eine Träne ihre Wange hinunter laufen sah.
"Ja, also, das mit Louis... Mach dir nicht so nen großen Kopf. Alles wird gut. Am Ende wird immer alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende."
Ich hatte das Gefühl, als würde sie mehr zu sich selbst, als zu mir sprechen.
Denn jeder Mensch hatte eine Grenze und wenn diese Grenze überschritten wird, dann bricht dieser Mensch. Und jetzt grade brauchte ich keine all zu gute Vorstellungskraft, um zu wissen, wie es in Toni aussah.


Keep Calm and hate One Direction (1)Where stories live. Discover now