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Am nächsten Morgen stehe ich, noch immer wütend, wieder vor der Schule. Die Wut in meinem Bauch hat die ganze Nacht Zeit gehabt, sich richtig schön aufzubauen. Denn ich habe nicht ein Auge zugemacht. Stattdessen habe ich wachgelegen und nachgedacht. Viel nachgedacht.

Über Ben und ob er am Wochenende zu mir fliegen wird. Über Ethans Geschichte. Aber vor allem über Olivia und das Gespräch, das ich jetzt gleich mit ihr führen werde. Ich werde ihr so richtig die Meinung geigen.

Mit strengen Schritten gehe ich auf das Schulgebäude zu. Ich achte nicht darauf, als ich einen Schüler aus Versehen leicht zur Seite remple. Mein Blick ist fokussiert auf die Gruppe meiner Klassenkameraden, die wie immer an den Spinden stehen.

Doch ich merke sofort, dass jemand fehlt. Olivias Lachen ist nicht zu hören. Und sehen kann ich sie auch nicht.

"Hi Brissie.", grüßt mich Henry locker wie immer, als ich zu der Gruppe trete. "Kommst du heute Abend jetzt auf die Party?"

Ich antworte nicht auf seine Frage. Stattdessen richte ich mein Wort an Ronny und Kaylee. "Wo ist Olivia?"

Beide zucken unschuldig mit den Schultern. Kaylee grinst so dümmlich, dass ich mir sicher bin, dass sie von Olivias Aktion gegen mich weiß. Doch ich sage nichts. Der Rest braucht davon nichts zu erfahren.

"Sie fühlt sich nicht gut. Sie ruht sich aus, damit sie heute Abend fit ist.", sagt Kaylee dann doch. Ich ziehe meine Augenbrauen hoch. Ich glaube Kaylee natürlich kein Wort. Wenn Olivia wirklich krank ist, würde sie heute Abend nicht auf die Party kommen. Ist sie zu Hause geblieben, um mir aus dem Weg zu gehen? Die Vorstellung gefällt mir. Ich verkneife mir ein Grinsen. Dann will ich davon gehen.

"Brissie! Was ist jetzt? Kommst du heute Abend?", ruft Henry mir nach. Ich drehe mich zu ihm um.

"Gibt es Alkohol?"

"Neeeeiiiin.", zieht er das Wort ironisch in die Länge und zwinkert mir spielerisch zu.

"Das ist gut. Dann komme ich natürlich."

Während des Unterrichts kann ich mich natürlich nicht konzentrieren. Die Nacht holt mich ein und drückt mir mit aller Macht die Augen zu. Als wir in Englisch einen Film schauen, nutze ich unbeabsichtigt die Zeit für ein Nickerchen. Mit Ethan spreche ich heute nur wenig. Auch er wirkt etwas distanziert, was ich ihm nach meinem plötzlichen Abgang gestern Abend aber auch nicht verübeln kann. Doch dafür möchte ich mich persönlich und nicht über einen Zettel entschuldigen. Diese Zettel sind mir nicht mehr geheuer, so schnell wie sie einem zum Verhängnis werden können.

Ich beschließe, Sport heute zu schwänzen, da ich meine Sport-Klamotten sowieso zu Hause vergessen habe. So bin ich schon zwei Stunden früher zu Hause, außerdem erspare ich meiner Mum einen Fahrtweg. Sie dagegen ist sofort misstrauisch. Sie versucht es zwar zu verbergen, aber ich glaube, sie ist immer noch etwas enttäuscht, dass ich sie gestern versetzt habe.

"Weißt du schon, was du mit Ben am Wochenende machen möchtest?", fragt sie mich. Ich schüttelte nur den Kopf, weil mir allein beim Gedanken an Ben die Kehle eng wird. Meine Mum spürt, dass etwas passiert ist. Zum Glück ist sie rücksichtsvoll genug, mich nicht danach zu fragen. Ich will ihr das alles auch gar nicht erzählen. Sie würde es vermutlich nicht verstehen.

"Wann kommt Dad wieder?", frage ich stattdessen. Jetzt wird das Gesicht meiner Mum ernst. Das heißt nichts Gutes. "Er kommt dieses Wochenende nicht heim?"

"Nein. Er hat heute Morgen angerufen und gesagt, dass er noch eine Woche in Brisbane bleiben muss."

"Klasse. Uns schleppt er hier her und er fliegt wieder zurück nach Hause."

StunningWhere stories live. Discover now