5. 🌻

24 5 59
                                    

Ich spüre, wie sich ein nervöses Kribbeln in mir breit macht.
Man kann nicht direkt sagen, dass ich Angst vor der Stimme habe, aber sie macht mich nervös.
Es ist abends, ich bin alleine in einer riesigen, verlassenen Halle, und höre eine Stimme.
Wem wäre das denn bitte noch geheuer?
Wer weiß, wer da „Hilfe" braucht, und ob er sie überhaupt wirklich braucht.

War ich gerade eben noch allerhöchstens genervt, und habe das als Scherz oder ähnliches abgetan, machen sich jetzt auf einmal meine Gedanken selbstständig und malen sich die schlimmsten Szenerien aus. Ich studiere Jura, ich weiß also nicht nur die Strafen für Vergehen, sondern kenne auch die Vergehen selbst.

„Hier, beim Kühlregal! Beim Joghurt!"
Wieder schüttele ich den Kopf.
Vergehen?
In St. Louis?
Was denke ich da? Die Polizei hat hier allemal einen Nachbarsstreit zu schlichten, oder Jugendliche nach Hause zu fahren, die so dumm sind, sich mit Alkohol die Birne wegzuknallen.
Und das nicht einmal mehr am Wochenende.

Was malen sich meine Gedanken also diese dummen Szenerien aus?
Als ob mich da mein Mörder rufen würde, um mich dann, wenn ich in den richtigen Gang einbiege, hinterhältig von hinten zu erwürgen oder so.
Da braucht entweder jemand Hilfe – wahrscheinlich – oder jemand erlaubt sich einen Streich mit mir – auch wahrscheinlich, aber die erste Variante ist wohl eher die richtige.
Hoffe ich zumindest.

Also auf zum Kühlregal.

Ich lasse den Korb stehen und mache mich eiligen Schrittes auf zum eben diesen.
Meine Schuhe quietschen leicht auf dem mit großen, grauen Fließen bedeckten Boden. Außer diesem Quietschen, meinem Atem und dem leisen Surren der Klimaanlage und der Kühlregale ist nichts zu hören, auch wenn ich noch so angestrengt lausche.

Könnte ja sein, dass ich höre, wie der Mörder seine Messer wetzt oder so. Wieder schüttele ich den Kopf, wie, um die Gedanken von mir abzuschütteln.
Da wartet kein Mörder auf mich!

Ich laufe weiter und höre immer noch nichts.
Doch je näher ich dem Gang komme, in dem man allerlei Joghurt vorfinden kann, desto lauter höre ich auch den Atem einer anderen Person.
Der Typ scheint sich mit irgendetwas abzukämpfen, sein Atem kommt stoßweise und nicht regelmäßig, außerdem ist er ungewöhnlich laut.

Meine Schritte beschleunigen sich, die Neugier gewinnt die Oberhand und dieses nervöse Flattern spüre ich nur noch leicht.
Als ich vorsichtig um die Ecke spähe, braucht mein Gehirn erst einmal ein paar Sekunden, bis es von Mörder-Vorstellungen zurückgelangt bis zu dem Szenario, das sich mir hier bietet.

Das erste, was mein Gehirn dann registriert, ist nicht etwa der Mann, der unter einem dieser Transportwägen, die an zwei Seiten Wände haben, und auf denen die Mitarbeiter immer die Produkte zum Nachfüllen stapeln, begraben ist, sondern was für eine Schweinerei die heruntergefallenen, zum Teil aufgeplatzten Joghurtbecher verursacht haben.

Was ist mit meinem Hirn los?
Im ersten Moment stehe ich nur da wie eingefroren und glotze nur, dann kommt auch die letzte Information in meinem Gehirn an, und ich registriere endlich, dass der Mann Hilfe braucht.
Er liegt genau zwischen den beiden Seitenwänden des Transportwagen und könnte sich somit leicht befreien, wäre sein Bein nicht zwischen Boden und Tragfläche des Wagens eingeklemmt. Er muss furchtbare Schmerzen leiden, so ein Wagen ist schließlich nicht so leicht.
Aber auch deswegen ist der doch auch gar nicht so leicht umzustoßen, oder? Wie hat der Typ das denn geschafft?

Innerlich schlage ich mir gegen die Stirn.
Ich sollte dem Typ helfen, und ihn nicht anstarren, als wäre er ein Schaf vom Mars.

„Hallo?", ruft er wieder und schaut an die Decke. „Ich bräuchte Hilfe, wo sind Sie?"
Seine Wimpern malen Schatten auf die Wangen, als er mir geschlossenen Augen den Kopf wieder nach unten legt. Er sieht furchtbar erschöpft aus.

Ich gebe mein Versteck auf und eile auf den Mann unter dem Wagen zu.
Er hebt die Lider wieder, als er meine Schritte hört, und mich trifft ein unheimlich warmes, bernsteinfarbenes Augenpaar.

„Halleluja, endlich jemand, der mir helfen kann!" Erleichterung wird auf seinem Gesicht breit. „Können Sie versuchen, diesen Wagen anzuheben?"
Er stemmt sich mit seinen Händen gegen den Wagen, bewirkt allerdings nur ein paar Zentimeter.
Ich trete noch ein paar Schritte näher.
Wie kam ich nur vorhin auf jegliche Mörderszenarien?

„Wie haben Sie das denn geschafft?", frage ich und lege die Hände auf den Wagen.
Er schiebt weiter und ich ziehe, und langsam, Stück für Stück, begibt sich der Wagen wieder in seine ursprüngliche, senkrechte Position.
Der Mann am Boden setzt sich auf, und atmet erleichtert aus.

„Vielen Dank. Sie haben mir das Leben gerettet." Bei seinem Lächeln bildet sich ein leichtes Wangengrübchen an der linken Seite.
In meine Wangen steigt die Wärme, und ich winke schnell ab.
„Ach, übertreiben Sie nicht, das hätten Sie sicher auch alleine geschafft."

Jetzt lacht er richtig und entblößt damit eine Reihe leicht schiefer Zähne.
„Das hätte aber um einiges länger gedauert."
Er blinzelt mir zu – er blinzelt mir zu, wann hat das schon ein Mann gemacht und mich so aus der Fassung gebracht?

Ich fühle mich wie ein schockverknalltes Teenagermädchen, als meine Wangen noch röter werden und ich zu Gott – möge er existieren oder nicht – bete, dass ich nicht aussehe wie eine überreife Tomate.

„Wie geht es Ihrem Bein?", frage ich und deute wage auf sein Bein hinunter.
Er legt den Kopf schief.
„Es tut ein bisschen weh, aber ich werde laufen können." Das Lächeln ist nicht aus seinem Gesicht verschwunden und – oh Gott, ich glaube, ich habe eine monströse Schwäche für Grübchen.

Schnell wende ich den Blick ab, damit er nicht bemerkt, dass ich sein Grübchen anstarre, wie so ein unreifes, verknalltes Schulmädchen, dass seinen Namen mit Herzchen drumherum in ihre Hefte malt.
Mein Blick fällt auf den jetzt wieder stehenden Transportwagen.

„Wie kamen Sie eigentlich unter diesen Wagen?"

🌻🌻🌻

Hallöchen.

Naja, also eigentlich ist dieses Kapitel nur entstanden, weil ich heute morgen um halb fünf nicht mehr schlafen konnte (zu viele seltsame (Alp-)Träume, dies das),
aber jetzt kann ich es euch als Weihnachtsgeschenk schenken.

Frohe Weihnachten euch allen
🎅🤶💫❄✨🥂

Genießt das Fest mit eurer Familie, trotz Corona.
Ganz viel Liebe an euch alle, auch wenn ihr Weihnachten vielleicht nicht feiert
❤❤❤❤❤❤❤❤❤❤❤❤❤❤❤

Eure
Silveriury

ps:
möglich, dass das Kapitel schlecht ist, because... naja, ich hab irgendwie das schreiben verlernt

𝐒𝐨𝐧𝐧𝐞𝐧𝐛𝐥𝐮𝐦𝐞𝐧 & 𝐖𝐞𝐢𝐝𝐞𝐧𝐤𝐚𝐭𝐳𝐜𝐡𝐞𝐧Onde histórias criam vida. Descubra agora