18. Im Fokus

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Kapitel 18

Dass diese seltsame, doch annähernd versöhnliche Stimmung Taeyong und mich ergriffen hat bricht das Eis zwischen uns und wir beginnen zu reden, trotz der Tatsache, dass sich die Wogen vor allem für mich nicht dermaßen einfach glätten wollen. Die ganze Zeit über brennt mir eine Frage auf der Zunge, vor der ich mich fürchte sie auszusprechen. In einem Buch habe ich mal gelesen, dass einem ein Teil der Angst genommen wird, indem man sich den schlechtesten Ausgang seines Dilemmas ausmalt und evaluiert, ob er tatsächlich solch einer Horrorvorstellung entspricht. Die Idee davon ist, vermute ich ins blaue Hinein, dass die eigene Fantasie schrecklicher scheint als die Wirklichkeit. Im schlimmsten Fall jedoch würde ich von Taeyong hören, dass er den Funken zwischen uns längst nicht so ernst nimmt wie ich und nicht vorhat, das mit mir auf Kosten von Siyeon und seinem Ansehen zu kitten.

„Yeonhee, hörst du mir überhaupt gerade zu?" Mist, so in meinen Gedanken verstrickt habe ich Taeyongs letzte Sätze ehrlich gesagt wirklich verpasst und so bleibe ich ihm zerknirscht eine Antwort schuldig. „Sorry."

„Ich fass es nicht." Angesäuert schlägt er die Jacke von seinem Stage Outfit, in dem er noch steckt, in einer flüssigen Bewegung zurück. Dazu verengen sich seine Augen zu dem Blick, den er sonst für die Bühne reserviert und der auf nicht NCTzens doch gleichfalls auf mich in diesem Moment eine sehr einschüchternde Expression abgibt. „Ich dachte, wir wollten reden und jetzt stehe ich hier und führe einen Monolog." Er macht eine bedeutungsvolle Pause. „Ja. Wollte ich auch", fülle ich sie aus, „nur erzählst du mir all das, was du genau so schon mal gesagt hast. Dass du es mir bestimmt noch gesagt hättest. Dass sie an diesem Tag nur bei dir war, um den ganzen Unsinn zu beenden. Und dass das Management es geplant hat, nicht du", beginne ich an meinen Fingern abzuzählen.

Taeyong wirft ein: „Ich nicht und auch nicht Siyeon." „Schon verstanden", erwidere ich ungewollt schnippisch, da er sie in Schutz nimmt, wobei das nicht das Thema ist. „Offensichtlich ja nicht!", ruft er temperamentvoll und zuerst weiß ich nicht, was das heißen soll. „Ich sehe doch, dass dich irgendwas noch bedrückt aber wenn ich die Karten auf den Tisch lege solltest du ehrlich sein und das Gleiche tun." Als hätte ich ihn in einem Punkt angelogen! Ich schüttele meinen Kopf als würde das meinen Zorn vertreiben. „Okay, ich habe genau eine Frage", sage ich und strecke meinen Zeigefinger aus.

"Wieso hast du dich überhaupt auf diese Scheißidee eingelassen?", konfrontiere ich ihn unverblümt trotz dem Bewusstsein, dass ich er und ich uns auf diese Weise in Rage reden werden. Gerade brauche ich nur noch Klartext. "Das Management hat das für ihr Debüt schon vor zwei Jahren geplant", sagt Taeyong etwas vorwurfsvoll und ich kann nicht fassen, dass er denkt, ich würde diese Ausrede akzeptieren. Sauer stemme ich die Hände in die Hüfte. Es klingt, als schere er sich nicht einen Deut um meine Gefühle und was noch drastischer ist, um seine eigenen. Falls sie denn echt waren. "Ach ja? Und das hättest du nicht absagen können?"

"Sie waren so darauf versessen, Yeonhee! Wochenlang lagen sie uns allen damit in den Ohren. Promotion hier, Publicity da..." Der Gefühlsumschwung in ihm kommt mir zu plötzlich, ebenso die Weise, wie er sich mir nähern will. Bevor ich es herausgefunden habe, hätte ich es immer zugelassen. Doch jetzt wäre mir jede Andeutung von Vertrautheit zu viel. "Wir waren alle so genervt", führt er leiser aus, "und irgendjemand von uns musste es machen. Ich bin der Leader, ich soll Verantwortung für die ganze Gruppe übernehmen und wenn die andauernd gestresst sind, war es für mich einfacher, das mit Siyeon zu akzeptieren." Das Wort Beziehung kam ihm gerade kein einziges Mal über die Lippen. Wenigstens das.

Ich lenke meine tauben Beine zu dem Sitz zugehörig zu der Ablage und dem Spiegel für Make-Up und Styling, der sonst nur für die Sänger gedacht ist und auf dem vorhin Jaehyun gesessen ist und schaue zu Boden. "Aber wie konnte es dir egal sein?", hinterfrage ich und schaue auf den Petroleumboden. Taeyong kommt in meine Richtung, aber hat genug Gespür, um zwischen uns reichlich Abstand zu lassen. Seine Ratlosigkeit spüre ich bis hin zu mir, also nehme ich das als Zeichen, fortzufahren. "Was zum Beispiel, wenn du deine große Liebe getroffen hättest? Eventuell hättest du sie gar nicht kennenlernen können, weil sie denkt du bist bereits vergeben und selbst heimliches Dating wäre zu auffällig geworden. Wieso war es dir im Vergleich zu allen anderen so egal?"

Before December's Gone (Taeyong FF)Where stories live. Discover now