Kapitel 2 Die erste Probe: Zerstörung der Hoffnung

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Wenn sie mir schon so eine Möglichkeit gaben, würde ich sie so richtig von den Socken hauen, die beste Julia aller Zeiten würde ich sein. Zwar hatte ich keine schauspielerische Erfahrungen, aber ich würde alles geben, um dieser Belohnung gerechtfertigt zu sein.

„Ich werde alles geben, um es zum besten Romeo und Julia Stück zu machen!" verkündigte ich entschlossen und völlig aus dem Häuschen.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass die folgenden Wochen sich nicht nur um eine gespielte, aufgezwungene, ausgedachte Liebesgeschichte handeln würden, sondern sich zu einer wirklichen, hautnahen, romanhaften, warmen und vor allem echten Liebesgeschichte entwickeln würde, auf einer Bühne namens Leben, mit einem Romeo namens Kuroo Tetsuro.  

„Und wenn ich das Stück besonders mache, bekomme ich die Karten." beendete ich meinen detaillierten Vortrag, welcher jeden anderen, außer Hinami, das Ohr abgekaut hätte.

„Echt? Finde ich unglaublich cool von deinen Eltern, die schenken es dir ja praktisch so. Ich meine, du musst ja nur spielen und fertig." äußerte sich Hinami, welche gerade dabei war Astronautennahrung, alias Apfelmus im Beutel, genussvoll auszuquetschen und sich dann mit ihrer rosa Zunge blitzschnell über die Lippen zu fahren.

„Naja, ich möchte nicht fies oder so sein, deshalb werde ich beim ganzen Theaterstück, von Lichter bis Bühnenbild mithelfen. Ich verspreche es dir, so ein Stück hast du noch nie gesehen." meinte ich voller Energie, ich konnte es kaum noch erwarten, mit allem anzufangen.

Sogar meinen Text hatte ich schon geübt, zwar hatten wir dafür noch viele Wochen, aber heute würde die erste Probe sein. Von Anfang an wollte ich mich anstrengen, es lohnte sich.

„Mach mal halblang. Finde ich gut, aber nimm dir nicht zu viel vor. Nicht das du deine Rolle noch vernachlässigst." Hinami verschränkte ihre Arme hinter ihren Kopf und schaute Richtung strahlend blauen Himmel.

„Der Himmel ist heute echt krankheitserregend Blau, findest du nicht?" kam es aus ihren dünnen Lippen. „Krankheitserregend?" wiederholte ich für mich, um dem Schwachsinn nachzugehen, blickte ich nach oben, bereute es fast sofort.

„Urg...meine Augen. Gott, wie hell." brachte ich heraus, während meine Augen zu tränen begannen, da ich direkt in die Sonne über uns geschaut hatte. „Dein Ernst? Der Himmel ist praktisch unendlich und du schaust ausgerechnet dort hin, wo die Sonne ist?"

Das Mitleid meiner besten Freundin hielt sich in Grenzen, eher mütterliche Fürsorge kam aus ihr heraus. Sie war eben ein Mädchen, welches man ohne Gedanken sein Kind anvertrauen würde, geschweige denn das eigene Leben.

Aufregung machte sich in meinem Körper breit wie der Schmerz, wenn man seinen kleinen Zeh an der Bettkante anstieß. In wenigen Minuten, nach dieser langgezogenen Mathestunde und dem Gebrabbel des Lehrers, der weiter seine Schüler mit Gleichungen quälte, würde die Probe für Romeo und Julia beginnen.

Die Abneigung hatte sich in Freude verwandelt, schließlich hatte ich nun eine Mission, welche ich unbedingt und mit jedem Mittel zum Erfolg führen musste.

Der Rest der Klasse schien nicht so zapplig wie ich zu sein, die Meisten hatten ihre Köpfe auf ihren Händen abgestützt und versuchten teilweise vergebens, dem zähen Matheunterricht zu folgen.

Als die fünf Minuten, die sich wie zehn und mehr angefühlt hatte, endlich vorbei waren, drehte ich mich zu Hinami um. Ein kurzer Blick auf ihr Blatt verriet mir, dass sie es vorgezogen hatte, irgendetwas auf ihr kariertes Blatt zu kritzeln, als Gleichungen aufzuschreiben.

Zu meiner Überraschung stellten sich die Bleistiftkritzeleien als eine Art Kulisse da. „Schau nicht so. Das hier sind Entwürfe für das Bühnenbild." klärte mich Hinami auf und drehte das missbrauchte Papier zu mir, damit ich einen besseren Blick drauf werfen konnte.

Kuroo Tetsurou x OC  Classmate or Romeo?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt