ZWEI

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Er kam nicht. 

Zwar hatte er mir Bescheid geben, jedoch verweilten meine Augen für eine sehr lange Zeit auf der geschlossenen Tür, vor allem aber zu der Uhrzeit bei der er sie sonst immer öffnete, mir rasch zunickte und ins Bad lief. 

Früher hatte ich oft Angst davor alleine in diesem großen, monotonen Haus zu sein, zu schlafen, zu atmen. Hektisch war ich immer mit einem Taschenmesser die Treppen hinuntergeschlichen, bis ich ihn sah und wieder gähnend ins Bett lief. Wenn er da war, fühlte ich mich sicher. 

An diesem Abend konnte ich nicht einschlafen und ich konnte immer einschlafen. Deshalb entschied ich mich für ein Glas Wasser. In der Küche atmete ich tief durch und fuhr mir über das Gesicht, wobei ich in der Bewegung innehielt, da ich es auf der Veranda knacken hörte. 

Meinen Vater konnte ich nicht anrufen, da er mich fragen würde, wieso ich alleine zu Hause war. Die Antwort würde er nicht verkraften.

Paranoid starrte ich zu den Fenstern, dann zur Tür. "Da ist nichts", sprach ich beabsichtigt laut, um mich zu beruhigen, als ich mich am Tresen abstützte und den Glasrand mit den Fingern nachfuhr. Es war so ruhig. Manchmal hasste ich es. 

Als die Tür mit einem Mal aufsprang, zuckte ich zusammen und schlug mir die Hand schweratmend auf die Brust. 

"Wieso bist du noch wach?", fragte er mich, als er seine Jacke um einen Stuhl legte und sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank holte. 

"Ich kann nicht schlafen"

 Es ist still. Wieder einmal. 

"Wo warst du?", wagte ich es zu Fragen, als er gerade dabei war sich Etwas einzuschenken. 

 "Bei Guilo" 

Und dort war nicht nur Guilo. Dort waren mehr Menschen. Menschen, die ich vielleicht sogar kannte. 

"Was hast du gegessen?" 

Er stellte mir selten Fragen, fast nie, weshalb diese so unerwartet war. 

"Pasta", antwortete ich ihm und lief direkt zum Kühlschrank. "Ich glaube, so leckere Pasta habe ich noch nie gemacht. Du musst davon probieren" 

Ich war gefangen in meiner Welt, wollte dass er sie auch sieht. Nur einmal. Er verfolgte mich mit seinen dunklen Augen und für einen kurzen Moment dachte ich, dass er etwas sagen würde, doch das tat er nicht. Wie so oft sprach er nicht zu mir. Ich sprach alleine.

Als ich die Schüssel anhob und mich zu ihm wand, fragte ich ihn mit gehobenen Augenbrauen, nach einer verbalen Rückmeldung. 

"Ich habe keinen Hunger" 

Das sagte er oft. Ich schüttelte den Kopf. Heute würde etwas anders laufen. Anders als sonst. 

"Ein Bissen geht immer"

Mit diesen Worten holte ich ihm eine Gabel und einen Teller aus den Schubladen und nachdem ich sie ihm hinhielt, nahm er den Teller alles andere als erfreut in die Hand. 

So war er nunmal. 

"Los. Probier endlich", ermutigte ich ihn und trank aus meinem Glas, während ich ihn beobachtete. 

SO WAR ERWhere stories live. Discover now